Rätselaufgabe: Wie kommt Dr. Scheler auf 40 mW/m² (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 11.07.2015, 13:03 (vor 3424 Tagen) @ H. Lamarr

In diesem PDF behauptet Herr Scheler auf Seite 14:

Eine Münchener Studie von 2008 ermittelte eine mittlere Strahlenbelastung der Schüler von 9 mW/m² und Maximalwerten von 40 mW/m², also weit über dem ECOLOG-Vorsorgegrenzwert.

Bei der Studie handelt es sich um die Arbeit "Epidemiologische Untersuchung zu möglichen akuten gesundheitlichen Effekten durch Mobilfunk bei Kindern und Jugendlichen" aus dem Jahr 2008 (PDF, 255 Seiten).

Mir geht es nicht um die Frage, warum Herr Scheler den Vorsorgewert eines kleinen privatwirtschaftlichen Instituts in Niedersachsen zum Bewertungsmaßstab erklärt, oder warum Kinder & Jugendliche bei ihm zu "Schülern" werden, das Rätsel gilt vielmehr den beiden Immissionswerten. Da mir diese Werte ungewöhnlich hoch erscheinen, versuchte ich die Werte in der genannten Studie zu finden. Doch es will mir nicht gelingen, denn mW/m² ist dort nicht die Messeinheit der Wahl.

Auch um die Ecke gedacht komme ich nicht ans Ziel. Die Studie nennt nämlich nur selten konkrete Messwerte, sie benennt häufig den Grad der Grenzwertausschöpfung bezogen auf die ICNIRP-Grenzwerte. Aus dieser auf konkrete Messwerte zurück zu rechnen ist jedoch nicht möglich, da a) die Grenzwerte frequenzabhängig sind und b) der Ausschöpfungsgrad (wie bei dieser Studie) sich nicht nur auf ein einzelnes HF-Signal bezieht, sondern auf mehrere Signale unterschiedlicher Frequenz (GSM900 + GSM1800 + UMTS + W-Lan ...).

Da sich ein Doktor der Physik die Zahlenwerte aber vermutlich nicht aus den Fingern gesaugt hat, frage ich mich und andere: Wie hat er es nur gemacht?

Das verlinkte PDF ist ziemlich umfangreich, deshalb hier als Hilfestellung die Seitenzahlen 157 (Grafik Grenzwertausschöpfung, siehe Bild unten) und Seite 230 (Nennung von 0,92 Prozent als Höchstwert der mittleren Grenzwertausschöpfung am Tage). Andere relevante Stellen habe ich in dem PDF nicht gefunden und selbst die spärlichen Daten kriege ich auch nicht auf die Reihe, denn die 0,92 Prozent sollten sich mMn in der Grafik wieder finden lassen.

[image]

[Original-Bildbeschreibung: Abbildung 31 zeigt getrennt für die verschiedenen Wochentage die Verteilung der Exposition gegenüber Feldern des Mobilfunks während der Wachzeit (dargestellt als mittlerer prozentualer Anteil am ICNIRP-Grenzwert). Die Streuung der Exposition war an den Tagen Mittwoch/Donnerstag sowie Donnerstag/Freitag am größten, Dienstag/Mittwoch ist sie am geringsten. Bei Betrachtung der Verteilungs-Mediane (dargestellt durch die horizontale Linie in der Box) sind keine auffallenden Unterschiede zu erkennen.]

Einigermaßen auf Schelers Wert 40 mW/m² komme ich nur dann, wenn ich als Maximalwert 7 Prozent aus der Grafik entnehme und mit der unzulässigen Worst-Case-Annahme umrechne, diese Grenzwertausschöpfung gelte allein für den höchsten Grenzwert 61 V/m. Daraus resultieren dann ungefähr 48 mW/m². Ich würde es aber niemals wagen, mit einer so zusammengeschusterten Zahl Alarm zu schlagen. Wie aber sonst könnte Herr Scheler seiner 40 mW/m² habhaft geworden sein?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Grenzwertausschöpfung, Scheler, Immissionswert


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