Unerlaubte Tonaufnahme: Verstoß gegen Geschäftsordnung (Medien)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 10.07.2012, 21:41 (vor 4524 Tagen) @ H. Lamarr

Und ihre beiden Begleiterin links und rechts flüsterten mir beinahe im Chor beschwörend zu: "Sie ist elektrosensibel"! "Ja, aber das ist kein Handy", raunte ich zurück, "nur ein Diktiergerät - sonst nix" (es war wirklich so!).

Wegen diesem Diktiergerät bekam ich im Nachgang zu der Anhörung vom Bayerischen Landtag mitgeteilt, dass ich gegen die Geschäftsordnung des Landtags (PDF) verstoßen habe:

§ 140 Aufnahmen in Bild und Ton in öffentlicher Sitzung
Aufnahmen in Bild und Ton bedürfen für Sitzungen der Ausschüsse, Unterausschüsse und Untersuchungsausschüsse in jedem Fall der Genehmigung der betreffenden Ausschüsse.

Diese Genehmigung hatte ich nicht, ich wusste noch nicht einmal, dass ich eine brauchte. Meine Aufzeichnung machte ich nicht heimlich, das Diktiergerät hielt ich offen in Richtung der Sachverständigen. Es war reiner Zufall, dass mich dabei niemand entdeckte, der § 140 der Geschäftsordnung kennt. Denn in so einem Fall hätte ich das Gerät unverzüglich abschalten müssen. Gänzlich unbeachtet blieb ich mit meiner Tonaufzeichnung allerdings nicht, sonst hätte ich heute keine Post aus dem Landtag bekommen.

Die Regelung, private Tonaufnahmen nicht zuzulassen, dient der Redefreiheit. Ausschussmitglieder sollen "frei von der Leber weg" diskutieren können, ohne Sorge haben zu müssen, dass die Diskussion später irgendwo als MP3-Datei oder Video auftaucht. In der Mitteilung des Landtags heißt es: "Wenn in den Fachausschüssen nicht mehr unbefangen diskutiert werden kann - wo dann!" Für mich entscheidender aber war ein anderes Argument: Wenn z.B. eine Rundfunkanstalt den Mitschnitt einer Sitzung anfertigt, stehen Kamera und Mikrofone vorne, die Abgeordneten wissen daher, dass eine Aufzeichnung stattfindet. Dies ist nicht der Fall, wenn hinter ihnen auf den Zuschauerrängen ein Mitschnitt stattfindet!

Zum Glück ist nichts passiert. Die Anhörung habe ich zwar mitgeschnitten, jedoch ist bisher nichts von diesem Mitschnitt in Form eines Wortprotokolls ins Forum eingeflossen. Die Mitteilung des Landtags hätte allerdings auch nicht einen Tag später eintreffen dürfen! Denn für heute Abend war für das Forum die wortgetreue Dokumentation der unglücklichen Äußerungen von Joachim Mutter und Anne Franke zu Prof. Lerchl vorgesehen (Stichwort: IARC). Darauf verzichten wir jetzt, auch wenn dies schwer fällt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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