Organisierte Desinformation: die Rhön bleibt frei (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 18.02.2012, 00:16 (vor 4664 Tagen) @ KlaKla

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Der (oben verlinkte) Artikel in der "Main Post" erwähnt eine Presseerklärung des Vereins "Natur- und Lebensraum Rhön". Die habe ich gesucht, und erst einmal nicht gefunden. Denn sie ist versteckt in etwas, was der Verein "Mediendienst" nennt, und was ich nicht als Presseerklärungen identifizieren würde, eher als Verlautbarung. Aber egal, im Mediendienst 1/2012 (PDF) ist auf jeden Fall diese sogenannte Presseerklärung drin, als fünfter von sieben Artikeln.

Was sofort auffällt: Im Original lautet der Titel noch "Weiße Zonen“ in der Rhön? (nicht zu Verwechseln mit "Weiße Rosen aus Athen"). Das ist also eine Fragestellung, die Main Post aber lässt das Fragezeichen kurzerhand weg und macht so aus dem Titel eine Tatsachenbehauptung. Nicht gut. Dass dem Weglassen auch noch das einleitende Anführungszeichen zum Opfer fiel spricht ebenfalls nicht für Qualitätsjournalismus. Richtig übel aber ist: Der Inhalt der "Presseerklärung" hat mit dem Titel nichts mehr zu tun, von einer "weißen Zone" ist nur noch am Rande die Rede. Und dann kommt der obligatorische Professor, um einer Behauptung Gewicht zu geben. Diesmal ist es Professor Reinhardt Kremer, der angeblich Befürworter weißer Zonen ist. Das mag stimmen, ist jedoch belanglos, weil Professor Sebastian Steißbein weiße Zonen angeblich vehement ablehnt. Schlimm, nicht einmal die Wissenschaft ist sich bei weißen Flecken auf der Landkarte einig, was zu tun ist.

Im Original heißt es weiter: "Bizarr mutet die politische Diskussion an. Während die Weltgesundheitsorganisation Schäden durch Funkstrahlen als nicht nachweisbar deklariert, empfiehlt der Europarat die Ausweisung von so genannten 'weißen Zonen', nämlich Gebieten, die weitestgehend von Funkstrahlung freigehalten werden." Das war dann sogar der Main Post zu viel, die bizarre Einleitungsphrase fehlt bei ihr. Aus gutem Grund, denn wer immer auch die "Presserklärung" verfasst hat, er ist mMn nicht der Hellste unter unserem Himmel. Denn es ist keineswegs bizarr, dass Fachleute (WHO) einen Sachstand anders beurteilen als Laien (Politiker des Europarats). Die Resolution 1815 des Europarats ist zu 99 Prozent der Text des luxemburgischen Mobilfunkgegners J. Huss, verabschiedet von einer handvoll Politiker. Die Diskrepanz ist nicht bizarr, sondern unverzichtbar, ohne Expertise würden Schwätzer und Dumme die Oberhand erlangen.

Die Presseerklärung, die keine ist, sie gerät dem Verein "Natur- und Lebensraum Rhön" zum Desaster, wie fast immer, wenn Unbedarfte mal eben schnell in die Mobilfunkdebatte einsteigen wollen. Es gibt allerdings einen Hinweis, dass der Verein die Prügel wegen Inkompetenz nicht allein einstecken muss. Möglicherweise sind die Naturschützer schlechten Beratern auf den Leim gegangen. Denn im September 2011 brachte die Main Post schon einmal einen Artikel mit fast gleicher Überschrift, jedoch ganz anderem Inhalt. Immerhin bekennt sich dort einer zu dem Unfug: Klaus Schuhmacher ist nicht nur Sprecher der unbekannten Initiative "Rhöner Bürger gegen Funkschäden", er vertritt in Hessen auch den Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk. Und das wiederum ist fast schon eine Garantie für Ärger.

Es liegt also die Spekulation nahe, dass Schumacher sich jetzt des Vereins Vereins "Natur- und Lebensraum Rhön" als "Quellenwäscherei" bedient. Soll heißen, nach außen hin treten die Naturschützer auf, z.B. mit Forderungen, diskret instruiert aber werden sie von Diagnose-Funk, was auf den ersten Blick nicht erkennbar ist. Auf diese Weise entstünde der trügerische Eindruck, die Anti-Mobilfunk-Szene erhielte Zulauf von seriösen Vereinen.

Wer hart im Nehmen ist kann sich zum Nachtisch noch einen Abstecher ins Krankenforum symptome.ch leisten und sich irritiert fragen, ob "Nischka" noch alle Latten am Zaun hat.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Diagnose-Funk, Netzwerk, Rhön, Hessen, Schuhmacher, Kremer


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