Mobilfunkstrahlung: Ich verstehe das Bafu nicht (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 29.05.2011, 12:09 (vor 4929 Tagen) @ Doris

So werden beispielsweise die Hirnströme von Menschen durch Mobilfunkstrahlung verändert und dies noch Stunden nach der Exposition.

Dass auch das Bafu jetzt diese Nebelkerze setzt finde ich ausgesprochen unglücklich. Aller Voraussicht nach gilt diese Aussage allein für körpernahe Immission (Handy) doch sie lädt geradezu zu der bekannten Fehldeutung "Sendemast" ein. Schade, dass auch die Ämter sich nicht mehr Mühe geben, die Begriffe sauber auseinander zu halten.

[...]

Angesichts der im NFP57 bestätigten biologischen Wirkungen mit noch unklarer Bedeutung für die Gesundheit ist dieser Vorsorge-Ansatz nach wie vor nötig. Das BAFU erachtet deshalb die in letzter Zeit von verschiedenen Kreisen erhobene Forderung nach Aufhebung der Vorsorgegrenzwerte als unangebracht.

Da komme ich nicht mehr ganz mit. Der Schweizer Vorsorge-Grenzwert gilt mWn nur für Ganzkörperexposition, also für Befeldung durch Sendemasten. Diesen Wert will die Mobilfunkindustrie gerne zugunsten des höheren ICNIRP-Standard-Grenzwerts aufgeben. Keine so abwegige Forderung, wenn die Studienergebnisse bei Sendemasten keine Gefährdung zeigen, wie es beim NFP 57 anscheinend der Fall ist. Wieso das Bafu nun aber die beobachtete Effekte bei Handy-Immission zum Anlass nimmt, die Forderungen der Industrie nach Grenzwertanhebung bei Sendemasten-Immission als unangebracht einzustufen, kann ich momentan nicht nachvollziehen.

So wie mir immer wieder auffällt, werden die Werte der Messungen hier in Deutschland auch immer wieder mit den Schweizer Grenzwerten verglichen. Und trotz höherer Grenzwerte hier in Deutschland lese ich immer wieder, dass in den meisten Fällen auch die Schweizer Grenzwerte eingehalten werden würden.

Drehen Sie den Spieß mal um und stellen Sie die Frage: Was hat denn der strengere Grenzwert den Schweizern nun erkennbar eingebracht? Gesündere Kälber? Weißere Milch? Weniger Krawall durch Wutbürger? Mehr Anerkennung des Vorsorgerwerts in der Bevölkerung? Weniger Petitionen für noch weniger Funkstrahlung? Sie wissen es, nichts von alledem trifft zu, die Schweizer Sendemastengegner unterscheiden sich nur dadurch von denen in Ländern mit ICNIRP-Grenzwerten, dass noch emsiger und verbissener um noch niedrigere Grenzwerte gerungen wird. Hier wie dort glänzt jedoch der eigentlich relevante "Grenzwert" für Handys (2 W/kg) in den hitzigen Diskussionen durch völlige Abwesenheit - für mich noch immer das sicherste Zeichen dafür, dass diese Diskussionen nur eine Inszenierung interessierter Kreise sind, die weltweit die gleichen Ziele haben: Gegen Honorar vor einer vermeintlichen Gefahr schützen und vermeintlich Betroffene irgendwie "heilen". Fehlt bloss noch, dass auch Big-Pharma diesen momentan noch überschaubar kleinen Affenzirkus als Markt entdeckt.

Also alles in allem auch hier keine Bestätigung derjenigen, die sich bei sehr niedrigen Expositionen derart stark gesundheitlich beeinträchtigt fühlen.
Und das sind doch diejenigen, die am lautesten und aktivsten unterwegs sind.

Das Beispiel Schweiz zeigt es doch sehr schön: Eine Grenzwertsenkung bewirkt unterm Strich nichts. Weil Sendemastengegner durch Irrationales getrieben werden kann ein rationale Maßnahme nicht wirken wie erwartet. Jede willkürliche Grenzwertsenkung (z.B. nach dem Minimierungsprinzip) wird als Bestätigung einer Gefahr umgedeutet und nur neue Forderungen nach sich ziehen. Die Baubiologen können einfach per Dekret ihre Richtwerte beliebig nach unten korrigieren und Betroffene können auch bei 10 µW/m² noch auf ihren Krankheitsgewinn pochen. Nein, eine Grenzwertsenkung wird nur eines bewirken: Noch mehr sinnfreien Ärger, wenn die Leute merken, dass damit mehr Sendemasten einher gehen. Aus dieser Sicht ist die Forderung nach Grenzwertsenkung geradezu idiotisch - es sei denn, man möchte als ärztliches oder baubiologisches Helferlein seine Umsätze auch morgen noch gesichert wissen.

Oder ist Ihnen schon mal ein Betroffener begegnet, der seine Beschwerden auf sein Handy zurückführt?

Nein, sonst gehörte ich ja in die Psychiatrie. Irgendwo abseits der lauten sendemastenempfindlichen EHS muss es solche handyempfindlichen EHS aber geben, ich meine es war Rubin, der welche (erfolglos) getestet hat, die vorgaben, spätestens nach 15 Minuten am Handy mit Beschwerden auf die Funkimmmission zu reagieren. In der öffentlichen Diskussion melden sich diese EHS eigenartigerweise jedoch so gut wie nie zu Wort.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Nebelkerze, Grenzwertsenkung, Psychiatrie, Fehldeutung


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