Verlockung zur Manipulation (Forschung)
Die Fragen Ihres Postings halte ich für sehr interessant.
Die Frage nach dem Motiv der Tabakindustrie bei der Finanzierung von Mobilfunkstudien ist doch eher zweitrangig.
Das Motiv ist die Mutter allen Handelns. Die Motive der beteiligten Personen und Organisationen spielen für mich deshalb eine zentrale Rolle in diesem Puzzle.
Die wesentlich interessantere Frage ist, ob der VDC absichtlich und systematisch die Ergebnisse manipulieren läßt, ...
Nach den Dokumenten waren für den VdC in erster Linie die Ergebnisse wichtig, weniger woher sie kamen und ob sie auf Fakten beruhten. Im Falle des Passivrauchens haben verschiedene Publikationen (Dr. von Grüning, stern, etc.) die jahrzehntelange absichtliche und systematische Manipulation durch die Tabakindustrie belegt.
Die angebliche Lungenkrebsgefahr durch Kanarienvögel ist ein gut dokumentiertes Bespiel für eine absichtliche und systematische Manipulation im so genannten "Confounder"-Bereich. P.N. Lee, eine der Schlüsselpersonen der Tabakforschung und häufiger Mitarbeiter Prof. A.s, spielte bei den Kanarienvögeln eine zentrale Rolle und erstellte eine Liste von Confoundern zusammen (darunter EMF), die von der Tabakindustrie weltweit genutzt wurde.
Das größte Problem für die Wissenschaft ist mMn, dass die Tabakindustrie einen fließenden Übergang zwischen Fakten und Manipulationen schuf. Im mühsamen Eizelfall muss nun für alle möglichen Confounder geprüft werden, in wie weit tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung von ihnen ausgeht und was lediglich Manipulation ist. Ein Beispiel dafür ist der Dieselmotor. Ich habe den Eindruck, dass Dieselmotoren in Amerika in PKWs vor allem deshalb kaum vorkamen, weil durch die Tabakindustrie eine Debatte über deren Gesundheitsgefährlichkeit angefacht wurde (keine Ahnung, wie gefährlich Diesel wirklich ist).
EMF spielte bei P.N. Lee und der Tabakindustrie in den Neunziger-Jahren eine wichtige Rolle, allerdings zunächst im NF Bereich bei den Hochspannungsleitungen. Die Tabakindustrie schaute systematisch nach allen möglichen Confoundern. Mobilfunk wäre eine Ausnahme, wenn dies mit ihm nach den ersten Warnungen (gerade auch aus Österreich) nicht passiert wäre.
...oder ob es sich im Fall der Reflex-UMTS-Studie nur um ein Fehlverhalten von Einzelpersonen handelt, welche ihre ganz eigenen Motive verfolgen (Folgeaufträge mit dem Ziel "Arbeit bis zur Rente", "gut dastehen beim Chef" etc).
Dafür habe ich keine Hinweise gefunden und es erscheint mir auch nicht logisch. Prof. A. und Rüdiger sind beide nicht mehr jung. Prof. A. hat das Geld der Tabakindustrie verteilt. MMn bestand war bei ihm die Grundlage für "Arbeit bis zur Rente", "gut dastehen beim Chef" die erfolgreiche Lobbyarbeit gegen Rauch- und Werbeverbote.
Es ist doch so, daß ein sensationelles Ergebnis lukrativer für ein Institut ist (=Geld und Ansehen), als ein "langweiliges" negatives Ergebnis.
Die gilt für Institute, deren Zweck die wissenschaftliche Forschung ist. Nach den Tabakdokumenten, ist dies bei Forschungseinrichtungen der Tabakindustrie aber nicht der Fall.
Von daher dürfte generell die Verlockung zur "positives-Ergebnis-Manipulation" (=Erschwindeln weiterer Forschungsgelder und Anerkennung) einer Studie immer höher sein, als die Verlockung einer "negatives Ergebnis-Manipulation", es sei denn im letzteren Fall fließen "Kompensationsgelder" für entgangenen Ruhm des Forschers (=direkte Bestechung)...
Ich denke, die Philosophie der Tabakforschung lässt sich so zusammenfassen:
Sie soll für die Tabakindustrie nützlich sein, sie darf auf keinen Fall den entgegen den Interessen der Tabakindustrie stehen. Für die Tabak-Forscher ist es natürlich unangenehm, wenn sie wegen Tabak im "normalen" Wissenschaftsleben Nachteile haben. Die Tabakindustrie verteilte ihre Gelder deshalb hauptsächlich an eigene Leute, wie Schmähl und Überla und die Beziehungen zwischen Industrie und Forschern waren sehr langlebig.
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Sektor3,
11.10.2009, 14:00
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Kuddel,
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