Hamburg: Baubiologen-Großangriff auf Rudolf-Steiner-Schule (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 06.06.2017, 13:02 (vor 2749 Tagen)

An staatlichen Schulen haben Mobilfunkgegner kaum Chancen, ihr "Informationsmaterial" los zu werden. Anders sieht es an alternativen Schulen aus (z.B. Waldorf-Schulen), die sich der pseudowissenschaftlich verkleideten Desinformation nur allzu unkritisch öffnen und Mobilfunkgegnern eine Bühne bieten. Jetzt erwischt es die Rudolf-Steiner-Schule in Hamburg-Altona, die am 17. Juni 2017 einen "Aktionstag Mobilfunkstrahlung" veranstaltet. Angeblich sollen dort "wissenschaftliche Hintergründe" vermittelt werden und "Erlebnisräume" sollen einem das Thema Elektrosmog näher bringen. Doch von Wissenschaft gibt es dort keine Spur, von Pseudowissenschaft dagegen jede Menge. So entsendet der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk mit Peter Hensinger einen frühverrenteten gelernten Drucker, der das ahnungslose Publikum über den aktuellen Stand der Forschung aufklären soll, fachlich damit jedoch hoffnungslos überfordert ist, was hier im Forum vielfältig dokumentiert ist. Dass die Schule einen Mann wie Hensinger auftreten lässt, ist aus meiner Sicht blamabel, es belegt den festen Willen dieser Lehranstalt und des BUND zur einseitigen Information, auch bekannt als Desinformation. Auch über die erschreckend schlechte Qualifikation des BUND in der Elektrosmog-Debatte das Wort zu führen haben wir hier im Forum sehr viele Belege gesammelt.

Doch es kommt noch schlimmer, mit Wolfgang Kessel und Michael Mumm treten zwei regional aktive Baubiologen auf, deren Interessenkonflikt unübersehbar ist. Ein Teil des Geschäfts von Baubiologen beruht auf subjektiv empfundenen Ängsten vor Elektrosmog und so nimmt es nicht Wunder, dass Vertreter der Branche diese Ängste mehr oder wenig subtil wecken oder schüren. Es wäre sträflich naiv, von Baubiologen eine objektive und differenzierte Aufklärung zum Popanz "Elektrosmog" zu erwarten. Aus meiner Sicht wird die Schulveranstaltung daher eine Werbeveranstaltung für die nur allzu verzichtbaren Dienste der Baubiologie sein. Was die Verantwortlichen der Schule sich bei dieser Referentenauswahl wohl gedacht haben mögen? Vermutlich nichts, dies aber wäre ein Armutszeugnis. Dabei gäbe es durchaus auch qualifizierte Experten, z.B. Mitarbeiter des BfS oder ein öffentlich bestellter EMF-Sachverständiger ...

Ein weiterer Frührentner rundet das Programm der Schule ab: Ex-Kriminalhauptkommissar Achim Stelting praktiziert als Heilpraktiker für chinesische Medizin in Hamburg. Eigenen Angaben zufolge wurde bei ihm 1992 im Landeskriminalamt eine Atemwegserkrankung diagnostiziert, angeblich hervorgerufen durch Tonerstäube. 1995 soll ihm sein Leiden als Berufskrankheit anerkannt worden sein, 1997 folgte die Frühpensionierung. Seither ist Stelting als Aufklärer in Sachen Tonerstaub unterwegs, für die Rudolf-Steiner-Schule hat er sein Repertoire aufgebohrt und redet über "Mobilfunk und Nano-Gifte".

Referentenparade
Wer also sind nun die Referenten, die am 17. Juni von der Rudolf-Steiner-Schule in Hamburg auf Schüler und Eltern losgelassen werden?

1 x pensionierter Drucker (Mensch, nicht Laserdrucker), heute organisierter Mobilfunkgegner
1 x pensionierter Kriminalhauptkommissar, heute Heilpraktiker
5 x Schüler, die ein Bieneexperiment mit Elektrosmog machten
2 x Baubiologe (kein Ausbildungsberuf, jeder darf sich so nennen) unbekannter Qualifikation

Dieses Sammelsurium an Jungforschern und selbsternannten Experten gehört mMn in keine Schule, zu groß ist mir das Risiko, dass sie dort unter dem Deckmantel der "Aufklärung" ungehindert Lobbyarbeit für das auf Angst beruhende Geschäftsmodell der Baubiologie betreiben. Wenn überhaupt irgendwo, hat dieses Sammelsurium seinen Platz auf Verkaufsveranstaltungen oder Kaffeefahrten, bei denen all die schönen und doch überflüssigen Schutz- und Schirmprodukte nebst "Beratung" und Elektrosmog-Messung zu haben sind, mit denen Profiteure der Elektrosmog-Ängste ihre Umsätze bestreiten.

Rotkäppchen
Rotkäppchen aber war nach den Blumen herumgelaufen, und als es so viel zusammen hatte, dass es keine mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich, dass die Tür aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, dass es dachte: Ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mir's heute zumut, und bin sonst so gerne bei der Großmutter! Es rief: "Guten Morgen," bekam aber keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück. Da lag die Großmutter und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. "Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!" - "Dass ich dich besser hören kann!" - "Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!" - "Dass ich dich besser sehen kann!" - "Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!" - "Dass ich dich besser packen kann!" - "Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!" - "Dass ich dich besser fressen kann!" Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Baubiologe, BUND, Interessenkonflikt, Hensinger, Bienensterben, Schule, Netzwerk, Waldorfschule, Rudolf-Steiner, Anthroposophie, Heilpraktiker, Pseudowissen, Media, Mumm


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