Kommentare (IZgMF) zur Stellungnahme von UMG (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 13.01.2013, 01:33 (vor 4352 Tagen) @ Gast

Sehr geehrter Herr Petersen,

ich danke Ihnen für Ihre klärenden Zeilen, die augenscheinlich mit Prof. Thiede und Diagnose-Funk abgesprochen worden sind. Es haben also vor dem Versand ans IZgMF mindestens sechs Augenpaare draufgeschaut. Dennoch meine ich, einige Ungereimtheiten in Ihrer Stellungnahme gefunden zu haben, Text, der beim Plausibilitätstest aufgefallen ist. Ich habe mir erlaubt meine Zweifel gleich hier an Ort und Stelle in Ihren Text an die betreffenden Passagen anzufügen.

[...] Dieser Fehler am Ende des Zitats aus der Arbeit von Prof. Kappos (2008: 32) ist ein redaktioneller Fehler, der bei der Redigierung und Umwandlung des Originalmanuskripts von Prof. Dr. Thiede in den Zeitschriftenbeitrag entstanden ist. Er beruht ganz einfach darauf, dass der Kommentar des Autors in der Fußnote von der Redaktion fälschlicherweise als Fortsetzung des Zitats angesehen worden war. Leider wurde dies in der Folgezeit auch beim Korrekturlesen von Redaktion und Autor übersehen.

Originalmanuskript:

...: Ihm zufolge „kann offensichtlich elektromag­netische Strah­lung vom Menschen ge­fühlt werden. Die Schwellen hierfür sind in­dividuell sehr unter­schied­lich. Es gibt offensicht­lich Personen, die sehr empfindlich auf Wech­selfelder reagieren, d. h. die bei sehr geringen Leistungen noch elektro­magnetische Fel­der erkennen. Solche Personen werden als ‚elektro­sensitiv’ bezeichnet…“ 39 Auch die von Wissenschaftlern aus vie­len Län­dern unterzeichnete „Resolution von Venedig“ (2008) hält fest...

39 Kappos, a.a.O. 32. Solches „Erkennen“ von elektromagnetischen Feldern kann dabei – individuell unter­schiedlich – von unangenehmen Gefühlen bis hin zu deutlichem Schmerz gekennzeichnet sein

Wie kann es sein, Herr Petersen, dass eine Fußnote 39 von Prof. Thiede zur Irritation geführt hat, wenn im veröffentlichten Text doch insgesamt nur 16 Fußnoten enthalten sind?

Erst als der Autor für eine pdf-Version, die auf der Webseite von diagnose-funk eingestellt werden sollte, das Zitat zwecks Ausräumung eines eventuellen Missverständnisses (die Unterscheidung von Hoch- und Niederfrequenz betreffend) verlängerte, wurde auch dieser Fehler eliminiert.

Im Gegensatz zu Ihrer Darstellung räumt die Verlängerung des Zitats durch Prof. Thiede mit keinem Wort ein eventuelles Missverständnis bezüglich Hoch- und Niederfrequenz aus. Es geht in der Verlängerung, wie aus der Gegenüberstellung der beiden Zitatvarianten leicht ersichtlich ist, um etwas ganz anderes, nämlich um Elektrosensivität/Elektosensibilität. Damit bleibt weiter unklar, wieso Prof. Thiede überhaupt, offensichtlich ohne Not, das Zitat nachträglich verlängert hat.

Die dabei vorgenommene Auslassung der Zitatkennung (LEITGEB 1998) ist unerheblich und den wissenschaftlichen Gepflogenheiten entsprechend, da Quellenhinweise nicht mitzitiert werden müssen, zumal dem Leser das betreffende Literaturverzeichnis nicht zur Verfügung steht.

Dazu haben wir eine Stimme aus der Wissenschaft eingeholt, die wir in einem weiteren Kommentar hier einstellen werden.

Diese Änderungen geschahen im Einvernehmen mit dem Verlag. Eine Information der Leserschaft wurde vom Verlag als nicht notwendig erachtet, da es sich aus unserer Sicht um einen inhaltlich nicht gravierenden rein redaktionellen Fehler handelte und der sonstige Verlauf des Aufsatzes von den Korrekturen des Zitats unberührt blieb.

Wir nehmen jetzt die Gelegenheit wahr, in einem Erratum in der nächsten Ausgabe 1/2013 der umwelt medizin gesellschaft den Sachverhalt darzulegen.

Sie erklären einerseits detailliert warum Sie auf ein Erratum verzichtet haben, kündigen zugleich aber für die kommende UMG-Ausgabe eines an. Ich empfinde dies als widersprüchlich, begrüße jedoch Ihre jüngere Entscheidung.

[...]

Die im Netz verfügbare ursprüngliche Druckversion (auf der Webseite von Herrn Jobst) war von uns nicht autorisiert. Der Betreiber hat sie auf unseren Hinweis hin gelöscht.

Das ist schade, jetzt gibt es keine Quelle mehr für das ursprüngliche Original-PDF von Prof. Thiedes Artikel. Warum UMG den Artikel nicht selbst zum Download anbietet, sondern diese Downloadmöglichkeit exklusiv dem Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk einräumt, erschließt sich mir ohnehin nicht.

Abschließend beantworten wir Ihre Fragen wie folgt:

1) Bei der auf der Webseite von diagnose-funk zur Verfügung stehenden Datei handelt sich nicht um eine „heimliche Veränderung der Zweitveröffentlichung“, sondern um eine von Autor und Verlag autorisierte korrigierte und ergänzte Fassung.

Das sehe ich anders, siehe Kommentar weiter unten zu Punkt 3.

2) Wir werden ein Erratum in der umg 1/2013 bringen.

Das ist zwar spät, Ihren Lesern gegenüber jedoch fair.

3) Es gab keine „heimlichen Änderungen“.

Doch, die gab es! Der Verein Diagnose-Funk stellte eigenen Angaben zufolge am 26. April 2011 ein PDF des Original-Thiede-Artikels auf seiner Website zum Download ein. Dieses PDF, es wurde von Ihnen am 7. Dezember 2010 angefertigt, enthielt noch die Zitatverfälschung. Erst rd. drei Wochen später am 12. Mai 2011 fertigten Sie von dem veränderten Artikel ein neues PDF an. Diagnose-Funk tauschte anschließend heimlich die beiden PDFs gegeneinander aus, es gab keinerlei Benachrichtigung für die Leser, man ging offenbar davon aus, die Austauschaktion würde unbemerkt bleiben. Hätte der Verein damals mit offenen Karten gespielt, den IZgMF-Beitrag und diesen Diskussionsstrang würde es nicht geben. Ich gehe davon aus, dass Sie Diagnose-Funk bei der Übergabe des neuen PDFs über die inhaltlichen Veränderungen informiert und nicht im Ungewissen gelassen haben.

4) Wir werden Diagnose-Funk bitten, darauf hinzuweisen, dass es sich bei der pdf-Version um eine im Kappos-Zitat korrigierte und ergänzte Version handelt.

Es ist bedauerlich, dass Sie den Verein darum erst bitten mussten. Wie ich am 11. Januar gesehen habe, ist Diagnose-Funk Ihrer Bitte, die mMn eher eine Forderung sein sollte, nachgekommen. Aber wie! Dort steht jetzt:

"Bei der PDF-Version handelt es sich um eine von Autor und Verlag autorisierte, gegenüber der Druckversion in einem Zitat (Prof. Kappos) ergänzte und berichtigte Fassung; abgesehen von jenem Zitat blieb der Aufsatz unverändert."

Diese Zeilen verwirren mehr als sie klären. Denn in seinem Artikel zitiert Prof. Thiede Prof. Kappos nicht 1-mal, sondern 2-mal. Welches der Zitate nun "ergänzt und berichtigt" wurde, der Leser muss es raten. Ich hoffe, das Erratum in UMG 1/2013 fällt professioneller und weniger gequält aus. Ist es denn so schwer, die Berichtigung einer Zitatverfälschung offen einzuräumen?

Auch nach Ihrer Stellungnahme, Herr Petersen, ist weiterhin nicht klar, warum Prof. Thiede überhaupt noch einmal Hand an seinen Artikel (für Diagnose-Funk) gelegt hat. Von dem schlummernden "Fußnotenfehler" wusste er nichts und das Ausräumen eines "eventuellen Missverständnisses" bezüglich Unterscheidung von Hoch- und Niederfrequenz ist ebenfalls nicht, wie oben dargelegt, der Anlass gewesen. Dies ist insofern bemerkenswert, da der nachträgliche außerordentlich treffsichere Eingriff allein der (heimlichen) Korrektur der Zitatverfälschung gedient hat. Aber nun, ich will darauf nicht weiter herum reiten, vielleicht hat Prof. Thiede als Pfarrer einen Tipp von ganz oben bekommen, wo er in seinem Artikel noch einmal nach dem Rechten sehen muss. So wie Gott einst ja auch dem unvergleichlichen Diego Maradona zu einem unverhofften Tor verhalf, indem er dem Stürmer nicht den Fuß, sondern die Hand führte ;-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
, Klarstellung, Umwelt-Medizin-Gesellschaft, Zitatverfälschung, Verbandszeitschrift, Thiede, Erratum


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