Schweiz: Mobilfunkgegner geben Wahlempfehlung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 10.10.2015, 00:40 (vor 3314 Tagen)

Am 18. Oktober wählen die Eidgenossen ihren National- und Ständerat (vergleichbar dem deutschen Bundestag und Bundesrat).

Die 68 organisierten schweizerischen Mobilfunkgegner haben aus diesem triftigen Grund eine Wahlempfehlung (PDF) zusammengestellt, mit der drei oder vier Unentschlossene der 68 auf Linie gebracht werden sollen. Etwas anderes kann ich mir kaum vorstellen, denn wer, außer mir, interessiert sich schon für die selbstüberschätzende Wahlempfehlung einer Handvoll Elektrosmog-Phobiker?

Ohne Mandat ausgedacht hat sich die Wahlempfehlung der sogenannte "Dachverband Elektrosmog Schweiz und Liechtenstein", Gigaherz hat sie lediglich abgeschrieben, Diagnose-Funk geht auf Distanz und ignoriert das Papierchen.

Wie zu erwarten, sind die Kriterien der Empfehlung ausgesprochen schlicht ausgefallen, als ob die Zielgruppe ausnahmslos Leser der größten deutschen Tageszeitung wären:

  • Wer irgendwann einmal irgendetwas gegen Funkwellen zum Vortrage gebracht hat gehört zu den Guten und wird empfohlen. Dies sind einige Vertreter der Parteien GLP, GPS, SP und SVP.
  • Wer dagegen nichts gegen Funk gemurmelt hat oder aus Sicht der Gegner irgendwann einmal gar etwas zugunsten von Funk vorgetragen hat gehört zu den Bösen und von dem wird abgeraten. Dies sind die gesamte Partei CVP und einige Vertreter von FDP und BDP.

Ich finde es immer wieder bezaubernd, wie Mobilfunkgegner schlichten Gemüts ihre verkorksten Botschaften mit Überzeugungskraft auf schwarz-weiß reduzieren können. Das hat schon was ...

Genau hinsehen darf man bei den Empfohlenen freilich nicht. Ahnungslos tappte ich in die Falle und googlete zuerst einmal erwartungsfroh nach "Mobilfunk - bloss ein Risiko für Kühe?" Mit dieser eminenten Frage entzückten zwei Nationalräte der SVP die Initiatoren der Wahlempfehlung. Doch Google spuckte nur einen einzigen wertlosen Treffer aus. Was soll man nur davon halten?

Mein zweiter Versuch galt zufällig dem Vorstoß von Carlo Sommaruga in Sachen DECT. Diesmal gab es einen qualifizierten Treffer in der Geschäftsdatenbank des Schweizerischen Parlaments. Die 2009 gestellte Anfrage des Herrn Sommaruga zeugt jedoch, mit Verlaub, von einer tiefen Ahnungslosigkeit des Nationalrates und von erheblichen Kenntnisdefiziten über Funksysteme wie DECT und W-LAN. Müsste ich Herrn Sommaruga allein wegen seiner DECT-Anfrage bewerten, er wäre der letzte, der von mir eine Wahlempfehlung bekäme, denn das Geschwätz von Anti-Mobilfunk-Vereinen unreflektiert zu übernehmen und ins Parlament zu tragen, das halte ich für unqualifiziert und dem Nationalrat gegenüber für respektlos. Zur treffenden Bewertung eines Politikers gehört üblicherweise jedoch mehr als nur der Tunnelblick auf einen seiner Ausrutscher.

Nach diesen beiden Pleiten mit der "Wahlempfehlung" der 68 organisierten schweizerischen Mobilfunkgegner ist mir die Lust auf weitere Forschung vergangen. Das letzte Wahlbarometer vor der Wahl wollte ich mir jedoch nicht nehmen lassen – ausgerechnet der FDP prophezeit es den größten Zuwachs, für die Grünen dagegen die saftigsten Verluste. Eine Wiederwahl von Nationalrat Ruedi Noser (FDP), es wäre gar schrecklich für die Gegner. Eine Abwahl von Yvonne Gilli (GPS) könnte ihnen den Rest geben. Denn eines haben die Gegner bei Ihrer Wahlempfehlung übersehen: Wer von den Schweizern noch alle Latten am Zaun hat, der wählt gezielt nicht die, die Mobilfunkgegner empfehlen, sondern die Kandidaten, die sie nicht empfehlen.

Wie die Sache insgesamt und für Gilli und Noser ausgegangen ist, erfahren wir am Abend des 18. Oktober auf dieser Website.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Einflussnahme, Wahl, Ständerat, Dachverband

Schweiz: Yvonne Gilli nicht mehr in den Nationalrat gewählt

H. Lamarr @, München, Sonntag, 18.10.2015, 22:10 (vor 3305 Tagen) @ H. Lamarr

Wie die Sache insgesamt und für Gilli und Noser ausgegangen ist, erfahren wir am Abend des 18. Oktober auf dieser Website.

Yvonne Gilli, bisher Mitglied des Nationalrates, wurde nicht wieder gewählt. Das ist ein herber Schlag für die Mobilfunkgegner in der Schweiz. Auch Thomas Böhni, der in der Wahlempfehlung der Gegner ganz oben stand, muss den Sitz im Nationalrat räumen.

Bei Ruedi Noser ist der Stand nicht so klar, Im Nationalrat ist er nicht mehr vertreten, allerdings fehlt er in der Liste der nicht wieder Gewählten, möglicherweise hat er diesmal gar nicht für den Nationalrat kandidiert, sondern allein für den Ständerat. Dort liegt er in seinem Kanton auf Platz 2, das heißt, er muss im November in einem zweiten Wahlgang für seinen Einzug in den Ständerat kämpfen.

Wie es um die anderen aus der Wahlempfehlung der Gegner bestellt ist habe ich wegen Belanglosigkeit nicht weiter geprüft, denn mit Dr. med. Gilli verliert die Szene ihre wichtigste politische Stütze - trotz, vielleicht aber auch wegen der Wahlempfehlung der Mobilfunkgegner an die Schweizer. Denn Politiker, die sich unreflektiert auf die Einflüsterungen organisierter Mobilfunkgegner einlassen, sind mMn nicht wählbar.

Hintergrund
2015 in den Nationalrat Gewählte
Die gewählten Ratsmitglieder nach Kantonen

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Tags:
Schweiz, Wahlkampf, Gilli, Ständerat

Thomas Böhni setzte auf Blender und damit aufs falsche Pferd

H. Lamarr @, München, Sonntag, 25.10.2015, 12:23 (vor 3299 Tagen) @ H. Lamarr

Nationalrat Thomas Böhni aus dem Kanton Thurgau hat kürzlich ein interessantes Postulat in der grossen Kammer des Bundesparlaments eingereicht. Er greift die Strategie des Bundes für eine Informationsgesellschaft auf und stellt dem Bundesrat drei berechtigte Fragen zu den gesundheitlichen Risiken des IKT-Einsatzes in der Informationsgesellschaft.

So schrieb am 1. Oktober 2015 bei Gigaherz ein bis dahin unbekannter "EMF-Scanner". Ein Postulat ist in der Schweiz eine parlamentarische Anfrage auf Auskunft zum angefragten Sachverhalt.

Thomas Böhni schaffte es mit seinem am 22. September 2015 eingereichten Postulat immerhin, von den Mobilfunkgegnern der Schweiz eine Wahlempfehlung einzuheimsen. Gut möglich, dass das Wahlkampfbüro Böhnis oder er selbst, als EMF-Scanner bei Gigaherz auf das Postulat aufmerksam machten, um dem Politiker die Stimmen von vermeintlich vielen Mobilfunkgegnern in der Schweiz zu sichern.

Sollte es so gewesen sein, war es wieder einmal ein Reinfall auf die Potemkinschen Dörfer, mit denen die allerorten zerfallende Anti-Mobilfunk-Bewegung versucht, flüchtigen Beobachtern eine noch vitale Szene vorzutäuschen. Dabei sind es in der Schweiz vielleicht noch 60 Leute, die sich aus Überzeugung oder aus unterschiedlichen Interessenlagen heraus zur Mobilfunkgegnerei bekennen und irgendwelche Aktivitäten entfalten, die länger als sechs Monate anhalten.

Thomas Böhni setzte auf Blender und damit aufs falsche Pferd. Er wurde bei der Wahl am 18. Oktober 2015 aus dem Nationalrat abgewählt.

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Tags:
Blendwerk, Wahlkampf

Schweiz: Ruedi Noser am Ziel

H. Lamarr @, München, Dienstag, 24.11.2015, 23:36 (vor 3268 Tagen) @ H. Lamarr

Wie die Sache [...] für [...] Noser ausgegangen ist, erfahren wir am Abend des 18. Oktober auf dieser Website.

Am 3. März 2015 drohte Gigaherz-Präsident Jakob noch unverhohlen:

Nicht nur NR Noser sondern auch alle andern die sein Postulat unterzeichnet haben, sollte mach sich für die Wahlen im Herbst gut merken.

Gesagt, getan, diese spezielle Wahlempfehlung hatte Erfolg :wink::

Am 22. November 2015 wurde Ruedi Noser als Vertreter des Kantons Zürich im zweiten Wahlgang in den Ständerat gewählt. (Quelle)

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