Siegfried Zwerenz über die Migration zur Bürgerwelle 2.0 (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 01.06.2015, 23:43 (vor 3324 Tagen)

Am 27. Mai 2015 stand Siegfried Zwerenz dem IZgMF für ein Telefoninterview zur Verfügung. Thema: Was ist los bei der Bürgerwelle Deutschland? Mit seinem Einverständnis zeichnete ich das Gespräch auf und extrahierte daraus (als Ghostwriter) die folgende Chronologie, die den Hergang der Ereignisse aus Sicht des Bürgerwellen-Chefs wiedergibt. Zwerenz gibt Auskunft, warum es die alte Bürgerwelle nicht mehr gibt und er jetzt mit der alten Mannschaft und dem bisherigen Trägerschiff zu neuen Ufern unterwegs ist.

Vor ein paar Jahren haben ein paar Leute, die in der Bürgerwelle ab 2007 Mitglied geworden sind, den Vorstand unter Druck gesetzt. Sie waren angeblich mit der Vereinsführung unzufrieden und verlangten von mir zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Herausgabe sämtlicher Mitgliederadressen.

Alles dreht sich um die Mitglieder der Bürgerwelle
Die Bürgerwelle hatte seinerzeit eine 4-stellige Mitgliederzahl, darunter viele Ärzte, Wissenschaftler und Leute, die z.B. in der Industrie tätig sind. Es liegt auf der Hand, dass solche Leute aus Gründen des Datenschutzes nicht wollen, dass ihre Mitgliedschaft bei der Bürgerwelle und ihre Kontaktdaten publik werden. Also weigerte sich der gesamte Vorstand, die Adressen herauszugeben. Der Streit kam vor Gericht. Dort stimmte die Bürgerwelle dem kurzfristig eingereichten Hilfsantrag der Klägerseite zu, wonach die Mitgliederadressen einem Treuhänder zu übergeben sind. Auf diese Weise blieb die Anonymität der Mitglieder gewahrt und dennoch konnten die Kläger alle Mitglieder über den Treuhänder als Mittelsmann erreichen.

Diese Regelung wurde für die Kläger teuer. Druck- und Versandkosten von Material, das über den Treuhänder an alle Mitglieder verschickt wurde, fiel 2-mal an und kam in Summe auf einen 5-stelligen Betrag. Der Aufwand wurde getrieben, um die Quote von 20 Prozent der Mitglieder zu erreichen, die für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erforderlich war. Diese Quote wurde jedoch weit verfehlt.

Ein Präzedenzfall aus der Fussballszene
Die Lösung mit dem Treuhänder hat nicht lange gehalten. Denn 2013 wurde abermals auf Herausgabe der Mitgliederadressen geklagt, diesmal von einem Mitglied der Bürgerwelle, bei dem sich später herausstellen sollte: Er ist Beamter der Deutschen Telekom! Jeder weiß, wir gehen den Dienstherren dieses Mannes hart an.

Der neue Kläger berief sich auf ein höchstrichterliches Urteil, das dem Mitglied eines Fußballvereins das Recht zusprach, Kenntnis von den Adressen aller anderen Vereinsmitglieder zu erlangen. Dem Telekom-Beamten half dieser Präzedenzfall, vor dem OLG München die Herausgabe aller Namen und Adressen von Mitgliedern der Bürgerwelle zu erstreiten. Das war im August 2014.

Auf einer Mitgliederversammlung haben sich zwar weit über 90 Prozent der Bürgerwelle-Mitglieder dagegen ausgesprochen, die Adressen an den Kläger herauszugeben, rechtlich aber gab es keine Chance etwas dagegen zu unternehmen.

Zwangsgeld auferlegt
Ich habe die Adressen dennoch nicht herausgegeben, sondern den Mitgliedern mitgeteilt, sie könnten mit sofortiger Wirkung aus der Bürgerwelle austreten, wenn sie ihre Identität nicht preisgeben wollen. Das haben dann nahezu alle gemacht, außer der Klägergruppierung und anderen, denen Anonymität nicht wichtig war. Um dem Willen der Mitglieder auf gesicherte Anonymität zu entsprechen, habe ich sämtliche Kündigungsschreiben und Mitgliedsanträge vernichtet und die Daten dieser Mitglieder in der EDV gelöscht.

Der Telekom-Beamte hat dann harte Bandagen angelegt. Weil ich die geforderten Adressen nicht herausgab, sondern nur die Adressen der verblieben Mitglieder (Anzahl 2-stellig), wurde mir von Gericht ein Zwangsgeld in Höhe von 5000 Euro auferlegt. Wer nicht zahlt oder nicht zahlen kann kommt in Haft. Eine Richterin bestand auf dem Zwangsgeld mit der Begründung, eine Wiederherstellung der vollständigen Mitgliederliste müsse mir möglich sein. Wegen der Vernichtung aller Unterlagen war mir dies jedoch eben nicht möglich. Rechtlich gibt es dafür den Begriff von der „Unmöglichkeit der Leistung“. Ich konnte die geforderte Leistung nicht erbringen, das angeordnete Zwangsgeld wurde deshalb wieder zurück genommen.

Details am Rande
Wie ich erfahren habe, hat der Beamte der Deutschen Telekom mindestens einmal eine Rechnung aus einer Prozessrunde bezahlt, an der er als Kläger gar nicht beteiligt war. Er hat damals die Kosten für einen Kläger aus der ersten Prozessrunde getragen. Das heißt für mich: Die hatten sich von Anfang an gegen den gesamten Vorstand der Bürgerwelle verbündet. Zweifel habe ich auch daran, dass die Adressen nur zum Benachrichtigen der Mitglieder verwendet werden sollten. Denn unter den Klägern sind welche, die auf Bestellung von uns Informationsmaterial im Wert von rund 200 Euro erhalten haben, die Rechnung jedoch zwei Jahre lang nicht zahlten. Dieselben Leute konnten für die Prozesse und deren Begleitumstände jedoch 10'000 Euro und mehr aufbringen. Also, wenn Sie mich fragen: Da stimmt doch etwas nicht!

Der Telekom-Mann hat letztlich nur die kurze Schrumpfliste der verbliebenen Bürgerwelle-Mitglieder erhalten. An unsere ehemaligen Mitglieder kam er nicht heran. Ich allerdings auch nicht mehr.

Nun kam es zu einem Dominoeffekt: Da die Bürgerwelle kaum noch Mitglieder hatte, blieben auch die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen weitgehend aus. Im September 2014 musste ich deshalb bei Gericht Antrag auf drohende Insolvenz stellen. Schulden haben wir kaum welche hinterlassen, abgesehen von meiner Frau, sie hat Ausgaben der Bürgerwelle häufig vorfinanziert.

Auf zu neuen Ufern
So, und dann haben wir einen neuen Verein gegründet mit den gleichen Vorständen wie im alten Verein und dem gleichen Internetauftritt. Damit man beide auseinanderhalten kann heißt der neue Verein „Bürgerwelle e.V., zum Schutz von Mensch und Umwelt“ und nicht mehr nur speziell Dachverband Elektrosmog. Die Ziele der alten und neuen Bürgerwelle sind die gleichen geblieben, es hat sich nichts geändert. Alte Ansprüche an die neue Bürgerwelle kann jedoch niemand geltend machen, auch nicht meine Frau. Denn die neue Bürgerwelle ist nicht Rechtsnachfolger der alten, sondern ein völlig neuer Verein.

Das Positive an der Insolvenz ist, dass wir die Klägergruppierung und den Beamten der Deutschen Telekom los geworden sind, und nun Ruhe eingekehrt ist. Gerichtliche Klagen sind keine mehr anhängig. Und nach und nach melden sich die ausgetretenen Mitglieder bei uns, zumal wir ja schon seit einigen Wochen wieder die Gemeinnützigkeit haben. Jetzt können wir uns voll unserer Arbeit zuwenden, die vielen Prozesse der vergangenen Jahre hatten sehr viel Arbeitskraft gebunden.

Hintergrund
Insolvenz der Bürgerwelle: Website ist vom Netz

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Klage, Zwerenz, Bürgerwelle, Mitglied, Schlegel, Niedergang, Insolvenz, Manipulationskurs, Mitgliedsbeiträge


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