Senderstudien - BfS-Pressemitteilung ▼ (Allgemein)
Pressemitteilung vom 15.10.2008 | 12:19
Pressefach: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
Kein erhöhtes Leukämierisiko für Kinder um starke Fernseh- und Radiosender in Deutschland
Starke Radio- und Fernsehsender haben in Deutschland keinen Einfluss auf das Risiko von Kindern, an Leukämie zu erkranken. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universität Mainz im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt hat. Wie ein Sprecher des BfS weiter mitteilte, wurden die Untersuchungen im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm (DMF) gefördert.
Die so genannte KISS-Studie ( Kindliche Leukämien und Expositionen in der Umgebung von hochfrequenten SendeStationen) wurde vom BfS initiiert, da frühere Studien vereinzelt Hinweise auf ein erhöhtes Kinderleukämierisiko in der Umgebung von Radio- und Fernsehsendern gezeigt hatten. Diese Studien seien aber wenig aussagekräftig gewesen. In der jetzt vorgelegten Untersuchung ist die Belastungsabschätzung gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern von Radio- und Fernsehsendern deutlich verbessert worden, sagt Studienleiter Joachim Schüz.
Bei der Untersuchung handelte es sich um eine große sog. Fall-Kontroll-Studie. Studiengebiet seien alle westdeutschen Gemeinden gewesen, die im Umkreis von 16 leistungsstarken Mittelwellensendern und acht UKW/TV-Sendern liegen. Die Studie vergleicht 1.959 an Leukämie erkrankte Kinder (sog. Fälle) mit 5.848 nicht erkrankten Kindern (sog. Kontrollen). Als Fälle seien Kinder bis zum Alter von 14 Jahren definiert worden, die zwischen 1984 und 2003 an einer Leukämie erkrankt sind und die zum Zeitpunkt der Diagnose in der Studienregion lebten. Die nötigen Informationen über die erkrankten Kinder stellte das Deutsche Kinderkrebsregister am IMBEI der Universität Mainz zur Verfügung. Drei Kontrollen pro Fall wurden zufällig aus der Allgemeinbevölkerung ausgewählt. Die Kontrollen mussten dabei das gleiche Alter und Geschlecht wie der Fall aufweisen.
Die Expositionsbestimmung verlief rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt ein Jahr vor Diagnose. Auf Basis der Koordinaten der Wohnadressen und der aktuellen und historischen Betreiberdaten zur Sendeleistung und räumlichen Antennenausrichtung der jeweiligen Sendeanlagen wurde die Feldstärke berechnet. Eine Überprüfung der so berechneten Feldstärken mit tatsächlich gemessenen Feldstärken ergab eine gute Übereinstimmung. Die Feldstärkenberechnung liefert eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur alleinigen Verwendung der Distanz zwischen Sendeanlage und Wohnung, worauf fast alle früheren Studien beruhten.
„Wir haben keinerlei Hinweise auf ein erhöhtes Leukämierisiko für Kinder gefunden“, erklärt Joachim Schüz. „Weder für die Mittelwellensender noch für UKW- und Fernseh-Sender.“ Das treffe für die Zeit vor der großflächigen Einführung des Mobilfunks zu (1983-1991) als auch danach (1992-2002). Anders als bei einer 2007 veröffentlichten Studie zu Kinderkrebs um Kernkraftwerke (KIKK) lässt sich auch bei Kindern unter fünf Jahren in den höchstbelasteten Gebieten in der Nähe der Sender kein erhöhtes Leukämierisiko nachweisen.
Die Studie schwäche vereinzelte auffällige Befunde von früheren weniger belastbaren Studien deutlich ab. Das liege am aussagekräftigen Design der neuen Untersuchung, insbesondere an der individuellen Expositionsabschätzung für fast 8.000 Kinder, am 20-jährigen Beobachtungszeitraum und dem Fokus auf 24 der leistungsstärksten Sendeanlagen in Deutschland. Das Fehlen eines bekannten biologischen Wirkmechanismus spreche zusätzlich gegen einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung und dem Risiko, an einer Kinderleukämie zu erkranken.
Die Ergebnisse der Studie wurden im „Advance Access“ des American Journal of Epidemiology veröffentlicht http://aje.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/kwn230 ).
Der zugehörige Abschlussbericht kann auf der Internetseite http://www.emf-forschungsprogramm.de/forschung/epidemiologie/epidemiologie_abges/epi_015.html abgerufen werden.
Annegret Kriewald
Bundesamt für Strahlenschutz
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