Handycap - meine Gedanken dazu (Allgemein)

Eckbert, Samstag, 14.07.2007, 10:23 (vor 6273 Tagen)

Handycap - gefangen (captured) vom Handy
Ich kann mich noch gut an die Anfangsphase des Mobilfunkwahns erinnern. Beworben wurde vor allem der geschäftliche Vorteil ständiger Erreichbarkeit. Dieser Vorteil hat sich nun aufgelöst, da fast alle ein Handy nutzen. Wenn alle clever sind, löst sich die Cleverness in diesem Fall in Luft auf. Ähnlich ist das auch mit Volksaktien.

Geblieben ist den Handynutzern der zusätzliche Stress, ständig mit einem Anruf rechnen zu müssen. Geblieben sind höhere Gebühren als im Festnetz. Geblieben ist die totale Überwachung des Aufenthaltsortes der Handyträger. Die Staatssicherheit der DDR wäre nicht mal im Traum darauf gekommen, dass die Bürger, einmal in der Freiheit angekommen, die Finanzierung ihrer Überwachung (Computer, Handy) selbst bezahlen und in Form von SMS, E-Mails, Surfspuren usw. selbst eintippen.

Ein Schulfreund von mir starb nach NVA-Funkdienst an Kopfkrankheit. Ich besitze kein Handy, keine Funkmaus/-tastatur und esse niemals Mikrowellen-Erhitztes. Den Funk rechne ich wie Atomkraft zu Technologien der Heimtücke und ohne Zukunft - nicht sichtbar, nicht riechbar, meist nicht direkt zu fühlen. Die gepulste Strahlung versetzt den Menschen zwar Ohrfeigen. Doch zwischen jedem Puls ist eine Pause. Durchschnittlich gerechnet könnte man dann von Dauerstreicheleinheiten reden. Die Mathematik machts möglich: Aus einer Schlaglochpiste wird plötzlich Flüsterasphalt. Gehirnschranke durchbrochen und Auspuff verloren? Alles nur Einbildung.

Weitere "Errungenschaften" des Mobilfunks: Dem Festnetz wird sinnlos Konkurrenz gemacht. Telefonzellen, die ja auch eine flächendeckende Notrufmöglichkeit bilden, wurden stark ausgedünnt. Der Energieverbrauch der Sendeanlagen ist ein weiterer Frevel, was Prof. Lutz im Vortrag deutlich machte. Nicht zuletzt wurden aus attraktiven Frauen plötzlich sogenannte "Handytussies", die von ihrem Elektronikspielzeug so eingefangen sind, wie Kinder von den Tamagotschies. In der Partnerschaftsanzeige eines Mannes las ich sogar schon "Handytussies zwecklos!" Ein Aussteiger in Portugal nennt die Handyverliebtheit "Telefonanie".

Was können wir tun?:
An erster Stelle sinnvollsterweise Handyweitwurf in Sondermüllcontainer, wer noch eins hat. Zweitens Kirchenaustritt für deren Zurverfügungstellung der Kirchtürme für eine gefährliche Technologie - auch wenn im eigenen Ort noch kein Kirchturm funkt.

Des Weiteren:
Handy auf Arbeit ablehnen. Man könne wegen der Angst vor der Strahlung gar nicht konzentriert und selbstbewusst im Sinne der Firma mit jemandem sprechen.
Keine Handynutzer anrufen. "Herbert, ich rufe dich heut zum letzten Mal auf deinem Handy an! Wir hören uns dann hoffentlich im Festnetz wieder."
Visitenkarten mit Handynummer wegwerfen.

Kinder von Schulen nehmen, die sich Antennen aufs Dach setzen lassen.
All dies (und noch viel mehr) demonstrativ vereint unternehmen und publik machen. Wenn etwas von oben verboten wird, ist es oft schon zu spät für die eigene Gesundheit. Contergan, Asbest, Holzschutzmittel Lindan, verbleites Benzin, - ich hoffe, der Mobilfunk wird bald in dieser Liste verbotener Wundermittel der Industrie auftauchen. Noch sind wir sonntags bei der Radtour für einen Geschäftsabschluss erreichbar und die ganze Gesellschaft hat vielleicht 24 Stunden gewonnen auf dem Rennen zum Kollaps der technischen Zuvielisation.

Die Jugend ist besonders gefährdet durch die Mobiltelefonie - und findet sie besonders attraktiv. Das, was "primitive" Völker den 14-jährigen bieten konnten - eine eigene mietfreie Hütte unter Palmen, eine Perspektive - darin versagt unsere Zuvielisation. Man müsse sich erst das Gehirn für die Bedürfnisse der Wirtschaft zumüllen lassen und ein Haus dank Zinsausbeutung doppelt bezahlen ein Leben lang - damit habe man sogar noch Glück gegenüber denen ohne Arbeit. So ist das Handy auch eine Art Ersatz für wirkliche Unabhängigkeit, Rückzugsmöglichkeit aus dem Elternhaus. Es ist die "Hütte" aus der man heraustritt und in die man nur bestimmte Nachrichten hereinlässt - und die eine richtige Klingel hat mit individuell wählbarem Klingelton.

Tja, ein oder zwei Menschen wurden dank Handy gerettet, so heißt das neue Gebet der Befürworter. Andererseits: Rasen nicht 10000 gerade deshalb einen Tick schneller, weil doch immer einer mit rettendem Handy vor und hinter ihnen fährt? Was macht der Kapitän eines hölzernen Segelschiffs, wenn ein Doktor an Bord unbedingt ein offenes Lagerfeuer zum Schutz vor seltenen Krankheiten unterhalten will? Logischerweise muss der Doc bis zum nächsten Hafen ins Schiffsverlies. Wir sind leider, wie es scheint, ohne vernünftigen Kapitän unterwegs, müssen uns selbst vor den Irrungen der Technowelt schützen. Verbrandt, verkohlt, geschrödert, ausgemerkelt und in alle Winde zerstoibert - sollen wir so enden?

Auf die gekauften Wissenschaftler, die uns doppelte und dreifache Sicherheit versprechen (wie bei Titanic, Tschernobyl und Transrapid) sollten wir nicht hören. Die Wissenschaft verspricht unter anderem, dass sie uns hilft, fremde Planeten bewohnbar machen, während sie bis jetzt bei der einfacheren Aufgabe, unser fertiges Paradies zu erhalten, versagt.

Zu Abschirmmatten im Schlafzimmer: Wenn mir einer täglich durchs Fenster Müll in die Wohnung schmeißt, ist das doch nicht damit abgetan, dass danach jemand klingelt und mir tolle Müllsäcke verkauft. Sondern mir entsteht ein zusätzlicher finanzieller Schaden. Die brauchen wir aber gerade während des Schlafs. Woran auch keiner denkt: Die Tiere und Pflanzen können sich keine Abschirmung kaufen. Vor dem Wohlstandsmüll konnten einige noch ausreißen, bei der Strahlung gibt es kein Entrinnen. Abschirmung des Menschen ist unter diesem Aspekt ziemlich egoistisch gedacht.

Viele Milliarden bezahlte die Industrie für Lizenzen, also eigentlich für nichts weiter als eine Erlaubnis, gewisse Sendefrequenzen zu nutzen - und die Zahlung erfolgte natürlich im tiefen Vertrauen, die Bevölkerung werde das neue Spielzeug bedenkenlos annehmen.

Applaus für die Räuberei des Staates gegenüber der Industrie ist kurz gedacht. Denn: Die Telefonierer sollen am Ende die Milliarden bezahlen. Das ist keine Vorbildwirkung für null Leistung so viel Geld zu verlangen, während andere dreckige 1-Euro-Jobs bekommen.

Für Klimafreunde noch etwas zum Stromverbrauch der Sender (Artikel in "Freie Presse" vom 15.05.07): Ein typischer Sender im Jahr 2007 zieht 2000 Watt aus dem Stromnetz und sendet mit 20 Watt. Wie kommt es zu dem Wirkungsgrad von 1 % (unter Steinzeit-Niveau)? Antwort eines Mobilfunkanbieters: Die meiste Energie benötigt die Rechentechnik und die Kühlung der Notstromakkus. Prof. Lutz von der TU Chemnitz schlägt der Industrie mehrere Sparmaßnahmen vor, denn deutschlandweit liege der Stromverbrauch der Mobilfunksender beim Ein- bis Eineinhalbfachen der Solarenergieerzeugung. Die neuste Sauber-Energie kann nicht einmal das neuste Spielzeug der Menschen versorgen.

Eckbert Vogel
037608/21485

Tags:
Egoismus, Angst, Panik, Hoffnungslos, Lutz, Zynisch, Überwachung


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