Ein erbärmlicher Brief (Medien)

AnKa, Donnerstag, 03.05.2007, 01:02 (vor 6419 Tagen) @ Gast

Wie ist es Ihnen möglich, nach all dem, was Sie wissen, einen solchen Artikel zu schreiben? Oder wissen Sie wirklich so wenig? Oder dürfen Sie nichts wissen? Haben Sie selber als Journalist und Benutzer der Mobilfunktechnologie Angst? Warum sind Sie so ironisch und zynisch? Was ist Ihr Motiv, was Ihr Auftrag und von wem?

Dieser unsachliche Fragenkatalog ist ja geradezu gespickt von Unterstellungen und Insinuationen.

Woher nur will Herr Dr. Wolf Bergmann eigentlich wissen, was der Autor des SPIEGEL-Artikel "weiss" bzw. "so wenig" weiss? Warum meint Herr Dr. Wolf Bergmann andeuten zu müssen, der Autor des SPIEGEL-Artikels habe von irgendjemandem (von wem?) einen "Auftrag" erhalten, seinen Artikel zu schreiben?

Was ich Ihrem Artikel entnehme:
- Die Interessen der Mobilfunkindustrie sind für Sie unantastbar oder müssen unausgesprochen bleiben oder existieren gar nicht.

"Die Interessen der Mobilfunkindustrie" sind nicht das Thema des SPIEGEL-Artikels.

- eine unabhängige, seit über 7 Jahrzehnten etablierte Wissenschaft von reproduzierbaren schädigenden biologischen Wirkungen von Mobilfunkfrequenzen auf lebende Organismen existiert für Sie nicht.

Die "reproduzierbaren schädigenden Wirkungen" generieren interessanterweise, sieht man von den Zwangsvorstellungen einiger Hypochonder ab, keinerlei Epidemie oder Massenerkrankung, wie sie von nicht wenigen Mobilfunkgegnern nun schon seit Jahren postuliert wird.

Merke: was im Reagenzglas reproduzierbar ist, muss noch sehr lange nicht im Alltagsleben normaler Leute irgendeine Auswirkung zeigen.

- Die ärztliche Beobachtung von Menschen, die subjektiv und objektiv unter Mobilfunkbelastung erkranken und unter Entlastung gesunden, existiert für Sie nicht oder zählt nicht wirklich.

Die "ärztliche Beobachtung von Menschen" wird im inkriminierten SPIEGEL-Artikel am Beispiel der Bamberger Ärztin Dr. Waldmann-Selsam exemplarisch dargestellt. Sie ist gewissermaßen das Thema des Artikels und wird dem Leser pointiert nahegebracht. Im O-Ton klingt Frau Dr. Waldmann-Selsam kein bißchen anders als in dem SPIEGEL-Beitrag, so viel kann sogar AnKa hier höchstselbst bezeugen.

- Die von Ihnen flapsig beschriebene Möglichkeit der Projektion von anderen Leiden auf den Mobilfunk und die Möglichkeit der Retraumatisierung von durch Mobilfunk Traumatisierten ist real und ein sehr sehr schwieriges menschliches und wissenschaftlich-ärztliches Problem. Für Betroffene. Und für Behandler, an die es sehr hohe Anforderungen an Ausbildung, Erfahrung, Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen stellt.

Die "Möglichkeit der Projektion von anderen Leiden auf den Mobilfunk" ist nicht eine "Möglichkeit", sondern eine Erfahrungstatsache.

Dass eine Heilige Johanna von Waldmann-Selsam dieses "sehr sehr schwierige menschliche und wissenschaftlich-ärztliche Problem" nicht in adäquater Weise, nämich als eine Erscheinungsform der Hypochondrie, angeht, sondern stattdessen durch ihre Arbeit möglicherweise verstärken und für den Einzelnen möglicherweise gar verschlimmern hilft, ist zu weiten Teilen Thema des SPIEGEL-Artikels.

Sie lassen hinter diesem realen Problem die realen Probleme der schweren und schwersten Gesundheitsschäden durch Mobilfunk verschwinden und leisten damit der Diffamierung von Elektrosensiblen Vorschub ebenso wie der Unterlassung von dringend notwendiger Hilfeleistung und Schutz.

Herr Dr. Wolf Bergmann mag "Elektrosensiblen" dabei helfen, ihre sogenannte "Elektrosensibilität" zweifelsfrei nachzuweisen, oder aber schweigen. Auf der Basis der Behauptungen sogenannter "Elektrosensibler" könnte sich heutzutage jedermann/frau als "Elektrosensibler" outen und ggfs. sogar einen Frühverrentungsantrag stellen - jedenfalls, sofern unsere Sozialkassen so blöd wären, und den Unsinn als Tatsache anerkennen würden.

Sie dienen damit der Mobilfunkindustrie und einer Verdrängung durch die Konsumenten.

Dies ist das übliche Unterstellungsmuster, ohne das Verschwörungstheoretiker wohl nicht auskommen können.

- Daraus folgend vermisse in Ihrem Artikel menschliche Betroffenheit und Anteilnahme. Im Telefonat mit mir erklärten Sie, weder auf der einen noch der anderen Seite in diesem Konflikt zu stehen. Ich vermisse Ihre journalistische Unabhängigkeit.

Das ist interessant: "Journalistische Unabhängigkeit" versteht Herr Dr. Wolf Bergmann offensichtlich als eine solche, die sich auf die eine Seite schlägt, natürlich die aus seiner Sicht gute. Da versteht er schlicht nichts von Journalistik.

- Sie beteiligen sich als Journalist eines weit verbreiteten Magazins an der Verbreitung und Verharmlosung einer Technologie, die über Resonanzphänomene tief in biologische Regelkreise als permanenter Störsender eingreift und technische Information zu biologischer Desinformation werden läßt. Auf diese Weise werden Sie selbst Teil einer gewollten Desinformationskampagne und fördern gesundheitsschädliche Gewohnheit, Verdrängung und Resignation. Möglicherweise ungewollt.

Hier wird der Journalist als Irrer dargestellt, als Verführter (wahrscheinlich: der Mobilfunkindustrie).

Als geradezu künstlerisch originell ist dabei der Kurzschluss anzusehen, der aus dem angeblichen Vorgang einer sogenannten Wandlung von "technischer Information zu biologischer Desinformation" die Umgestaltung eines Journalisten zum "Teil einer gewollten Desinformationskampagne" werden lässt. Das hat was. Verschwörungstheoretischer geht es wahrscheinlich kaum noch. Der argumentative Gegner wird zum "Teil" erklärt. Es geht darum, ihn persönlich zu entwerten. Spätestens ab hier wird die Argumentation gegen einen Journalisten extremistisch.

- Falls Sie sich nicht in Ihrem persönlichen Bereich ganz anders verhalten als aus Ihrem Artikel zu schließen ist, schaden Sie Ihrer eigenen Gesundheit.

Es ist jedenfalls zu hoffen, daß der Autor des SPIEGEL-Artikels diese Äußerung nicht mißversteht.

Tags:
Verschwörung, Kurzschluss, Hypochonder, Bergmann, Spiegel, Brief, Mediziner


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