"Der unsichtbare Feind" - warum ich den Artikel toll finde (Medien)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.09.2013, 17:32 (vor 4136 Tagen) @ Doris

Hier also ist er nun online zu lesen, der "Zeit"-Artikel, der die Anti-Mobilfunk-Szene so in Wallung bringt.

Ich werde nun meine Meinung dazu doch auch noch äußern:

Der Zeit Artikel ist für mich nicht sonderlich beeindruckend. Er wirkt blutleer und lustlos.

Das beste an dem Artikel ist die Stellungnahme von Diagnose-Funk. Wäre ich Vereinsmitglied, ich würde die Entlassung des Vorstands fordern - wegen Unfähigkeit. Besser als mit dieser unqualifizierten Stellungnahme, kann man das Kompetenzdefizit der Vereinsführung nicht belegen. Dafür haben die "Zeit"-Autoren meine ungeteilte Bewunderung. Die Stellungnahme ist im wesentlichen nichts weiter als ein Konglomerat mädchenhafter Einwände gegen die wichtigste Hassfigur der Szene.

Der 2012 erschienene Artikel in der Süddeutschen "Handy am Hirn" war für mich wesentlich beeindruckender. Christopher Schrader lieferte Fakten, stellte Pro und Contra gegenüber, überließ es dem Leser sich eine Meinung zu bilden.

Ihre unterschiedliche Wertung mag auch daran liegen, dass es der "Zeit"-Artikel erheblich schwerer hatte. Denn während Christopher Schrader sich auf ein konkretes Ziel konzentrieren konnte, das Gefecht Hardell vs. Lerchl, versuchten die "Zeit"-Autoren die Quadratur des Kreises, die Mobilfunkdebatte mit noch nicht einmal 3000 Wörten in einem Übersichtsbeitrag zusammen zu fassen. Das Gegenstück zu Schraders Artikel wäre aus dieser Sicht eher dieser Beitrag von Max Rauner.

In der Mobilfunkdebatte gibt es gesicherte Fakten und noch Unsicherheiten. Es gibt Diskussionen/Argumente, die auf Fakten gestützt sind, aber mMn ist das Internet mittlerweile überschwemmt mit Diskussionen/Argumenten die sich lediglich auf Meinungen, Glauben und Wunschdenken stützen. Es gibt Unterstützer, welche diese verschiedenen Strömungen stützen und stärken (nützliche Idioten gibt es überall). Dies sorgt für soviel Verwirrung, dass kein Mensch, der sich nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt mehr durchblickt und sich deshalb auch gerne abwendet. Mir stellt sich die Frage, ob genau das zu jemandems Vorteil ist.

Sicherlich ist das zu jemandems Vorteil und es spricht nichts dagegen, wenn dieser jemand den Vorteil nutzt. Solche Inanspruchnahmen gewährter Vorteile passieren vermutlich tausendmal pro Stunde, z.B. auf deutschen Autobahnen. Schlimm wird es doch erst, wenn jemand den Vorteil sich systematisch verschafft, wie dies hier beschrieben ist.

Der Zeit Artikel ist ebenfalls aufgebaut auf Personen, die der Diskussion schaden und ad absurdum führen. Und deshalb unterscheidet er sich für mich um Größen von dem o.g. Artikel in der Süddeutschen. Welcher "normale" Mensch lässt sich nachdenklich stimmen, wenn die Vertreter dieser Diskussion im Imkeranzug rumlaufen und nicht Honig sammeln sondern sich vor den bösen Strahlen schützen? Welcher "normale" Mensch lässt sich nachdenklich stimmen, wenn er die sog. Erfahrungsberichte liest, die selten sachlich und nüchtern klingen bzw. beeindruckend sind und es deshalb nicht wert sind, weiterverfolgt zu werden.

Diese Leute, die, wie Sie sagen der Diskussion schaden, sind leider ausgerechnet die mit der besten Organisation und größten Lautstärke, sie bestimmen die Außenwahrnehmung der Szene.

Diese Diskussion wird dominiert von Menschen, die entweder sehr seltsam sind, schon grenzwertig oder aber schlichtweg verrückt.

Stimmt. Zu verrückt zähle ich auch verrückt nach Anerkennung (immaterieller Profit, Profilneurotiker) und verrückt nach Geld (materieller Profit).

Die Flegeljahre der Mobilfunkdebatte in den D-A-CH-Ländern sind mMn um 2008 zuende gegangen. Der Netzausbau war abgeschlossen, so dass der Nachwuchs an frischen Mobilfunkgegnern ausblieb, das DMF mit seinen mehr als 50 Forschungsprojekten gab Entwarnung und steter Widerspruch höhlte die Glaubwürdigkeit der Mobilfunkgegner schmerzhaft aus. Diagnose-Funk trat als Konkursverwalter auf und sackte die leblos gewordenen Bürgerinitiativen mit ihren phlegmatischen Beitragszahlern ein. Damit kommt zwar viel Geld in die Kasse, aber statt kunterbunter Vielfalt breitete sich die Ödnis des verbliebenen Monopolisten aus, den ich nach wie vor als verschleierte Marketingorganisation der materiellen Profiteure sehe. Geblieben sind im wesentlichen nur die Duelle der Szene, vor allem das Duell Adlkofer vs. Lerchl, das wegen etlicher Helfer weit über die direkte Konfrontation der beiden hinausreicht. Auch das Duell "Lilith" vs. "Hesse" hat Breitenwirkung, ebenso das Duell "spatenpauli" vs. Hans-U. Jakob. Sobald Adlkofer sich zurückzieht, er geht schließlich stramm auf die 80 zu, sehe ich die Szene in großer Not.

Und diese Diskussion wird aber auch am Leben gehalten durch Menschen, die nicht die oben genannten Eigenschaften besitzen, aber viel Zeit investieren um sich dauerhaft mit solchen Leuten auseinander zu setzen. Warum? Für mich gibt es mittlerweile kein überzeugendes Argument mehr. Mit solchen Leuten braucht man nach all diesen Jahren nicht mehr diskutieren und man muss auch nicht mehr über sie diskutieren. Höchstens es ist wichtig, dass permanent aufgezeigt wird, dass diese Diskussion nur was für "Verrückte" ist.

Ja, die Frage nach dem Sinn der Auseinandersetzung stelle auch ich mir regelmäßig. Die Gründe aktiv und wachsam zu bleiben sind die gleichen wie bei Neonazis.

Von den 80 Leserkommentaren ist für mich der höchste Prozentsatz Schrott, Dummgeschwätz, Leidensgeschichten. Max Rauner selber hat einen guten Leserbrief geschrieben als Antwort auf Peter Hensinger. Er widerlegt ihm seine Aussage was zur 2 B Eingruppierung von Kaffee führt. Man sollte einfach sich besser informieren, bevor man argumentiert, dann steht man nicht ganz so blöd da.

Die merken das nicht. Sie wissen doch: Minus x Minus = Plus, aber zwei Idioten ergeben noch lange kein Genie. Soll heißen: Die Szene hat keine Leute vom Fach, die korrigierend dazwischen gehen könnten. Sie kann keine haben, denn wer vom Fach ist mag mit der Szene nichts zu tun haben.

Einen Leserbrief (Nr. 74) möchte ich als Abschluss zitieren der meine eigene Sicht der Dinge wiedergibt:

Es ist schwer vorherzusagen wie wir einmal über neue Technologien oder Verhaltensweisen im Rückblick denken werden. Es ist z.B. nicht lange her, dass es völlig normal war in Büros, Flugzeugen und öffentlichen Einrichtungen zu rauchen. Vielleicht werden wir in einigen Jahren ganz anderst über Handystrahlung etc. denken...

der Link, der dazu gepostet wird, ist durchaus nachdenkenswert
http://190pages.wordpress.com/2013/08/24/zigarette-und-smartphone/

Haben Sie auch den Text unter den Bildchen gelesen? Dem Bildchenmaler geht es nicht um Strahlung, er hat Bedenken wegen der psychosozialen Wirkung, wenn Menschen pausenlos Internetzugriff haben. Diese Bedenken teile ich. Beispiel: Wenn Leute, während sie gehen, aufs Display ihres Smartphones starren, halte ich das für grenzwertig. Zuweilen mach ich mir den Spaß, besonders Vertiefte mit einem beherzten "Vorsicht!" im Vorbeigehen zu erschrecken.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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