Wie eine EHS die Behandlungsempfehlung der WHO verzerrt (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Montag, 23.08.2021, 23:16 (vor 1046 Tagen)

Eine goldene Regel im Umgang mit Mobilfunkgegnern lautet: Glaube ihnen ungeprüft kein Wort, selbst wenn sie dich mit angeblichen Zitaten von Autoritäten überzeugen möchten. Peter Matz, einst Frontmann des inzwischen untergegangenen hese-projects, drückte sich in einem Telefonat mit mir vor vielen Jahren etwas anders aus: "Trauen Sie Betroffenen nicht über den Weg!" Folgendes Beispiel führt die beiden Ratschläge vom Abstrakten zum Konkreten.

Aus Sicht der überzeugten Elektrosensiblen Eva W. aus München lautet die ärztliche Behandlungsempfehlung der WHO für "Elektrosensible":

"Nur die Symptome behandeln. nicht die Strahlung verringern." (Quelle)

So will es Eva W. dem Fact Sheet 296 der WHO vom Dezember 2005 entnommen haben. Doch das angebliche Zitat ist in dem WHO-Papier nicht aufzufinden, denn Frau W. gibt lediglich ihre sträflich verkürzte Wahrnehmung der tatsächlichen Behandlungsempfehlung für Ärzte wieder, die ohne populistische Verkürzung wesentlich länger, substanzieller und – ja, auch das – einfühlsamer ist:

Die Behandlung betroffener Personen sollte sich auf die Symptomatik und das klinische Bild konzentrieren und nicht auf das wahrgenommene Bedürfnis der Person, am Arbeitsplatz oder im häuslichen Umfeld die Belastung durch EMF zu reduzieren oder auszuschalten. Dies setzt voraus:

• eine medizinische Untersuchung zur Identifizierung und Behandlung aller spezifischen Ursachen, die für die Symptome verantwortlich sein könnten;

• eine psychologische Untersuchung, um andere mögliche psychiatrische/psychologische Ursachen für die Entstehung der Symptome zu identifizieren;

• eine Beurteilung des Arbeitsplatzes und der häuslichen Situation hinsichtlich Einflussfaktoren, die zu den beschriebenen Symptomen beitragen könnten. Dazu können schlechte Luft in Innenräumen, übermäßiger Lärm, schlechte Beleuchtung (flimmerndes Licht) oder ergonomische Faktoren gehören. Stressverminderung oder andere Verbesserungen der Arbeitssituation könnten hilfreich sein.

Bei EHS-Betroffenen mit langjähriger Symptomatik und schweren Beeinträchtigungen sollte die Therapie hauptsächlich auf die Linderung der Symptomatik und von Funktionsstörungen gerichtet sein. Dies sollte in enger Zusammenarbeit mit einem Facharzt (um die medizinischen und psychologischen Aspekte der Symptomatik anzugehen) sowie einem Umwelthygieniker geschehen (um die Faktoren in der Umgebung zu identifizieren und notfalls zu überwachen, die sich nachteilig auf die Patienten auswirken können und für diese relevant sind).

Die Behandlung sollte dem Ziel dienen, ein wirksame Arzt-Patienten Verhältnis auf zu bauen; helfen, Strategien zur Situationsbewältigung zu entwickeln, und die Patienten ermutigen, die Arbeit wieder aufzunehmen und ein normales soziales Leben zu fuhren.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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