GSMA trickst inakzeptabel mit Grenzwerten (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 08.12.2015, 20:37 (vor 3201 Tagen)

Sonst eher stinkseriös, hat sich die GSMA (Int. Vereinigung der Mobilfunk-Netzbetreiber) bei ihrer jüngsten Studienvorstellung einen bösen Schwindel geleistet.

Es geht um eine Studie aus Rumänien zur Auswirkung von Grenzwertsenkungen auf Netzabdeckung und die Qualität von Mobilfunkdiensten. Beides soll, so die Studie, unter einer Grenzwertsenkung erheblich leiden. Naja, wäre es anders, hätte die GSMA diese 1-Mann-Studie (PDF) wahrscheinlich auch nicht ins Blickfeld gezogen. Da über die Finanzierung der Arbeit und Interessenkonflikte des Autors kein Wort verloren wird, darf man durchaus skeptisch bleiben.

Als praktisches Beispiel, wie schädlich eine Grenzwertsenkung ist, hat sich die GSMA Brüssel herausgepickt und schreibt:

In 2007, the Parliament of the Brussels Region of Belgium adopted a 3 V/m exposure limit for mobile phone base stations, a limit 200 times stricter than the limits recommended by the EU and the World Health Organization – making them the most restrictive in the EU.

Da bleibt einem schon die Spucke weg: 3 V/m sollen also ein 200-mal strengerer Grenzwert sein, als von EU und WHO empfohlen! Wer jetzt nicht aufpasst, wird von der GSMA ordentlich aufs Kreuz gelegt, denn der Umkehrschluss, EU/WHO würden 600 V/m als Grenzwert empfehlen ist natürlich falsch. Tatsächlich ist der Grenzwert in Brüssel im Kontext des obigen Zitats auch nicht 200-mal strenger als sonst, sondern nur rd. 14-mal (3 V/m x 14 = ca. 41 V/m = EU/WHO-Grenzwertempfehlung für GSM900).

Wie kommt das?

Die GSMA benutzt 2015 den gleichen Trick wie 2003 das IZMF in NRW: Es werden Äpfel (Feldstärke) mit Birnen (Leistungsflussdichte) verglichen. Damit lässt sich, ohne zu lügen, wunderschön tricksen. Da der Zusammenhang zwischen Feldstärke und Leistungsflussdichte quadratisch ist, sind 14-mal strengere Feldstärke-Grenzwerte identisch mit 200-mal strengeren Leistungsflussdichte-Grenzwerten (14 x 14 = ca. 200). So, wie die GSMA mit den Zahlen spielt, ist es jedoch grob irreführend, inakzeptabel und vor allem nicht vertrauenerweckend. Mit so einem Mist versaut sich der Verband seine Reputation noch leichtfertiger als VW.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Rumänien, GSMA


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