Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 06.01.2009, 02:29 (vor 5750 Tagen)

Gehen wir nicht alle davon aus, dass die Einwirkdauer der "Noxe" Mobilfunk seit 1993, so richtig aber erst seit 2000, noch nicht ausreichend lange andauert, damit sich ihre verheerende Wirkung in Form einer sprunghaft ansteigenden Krebsrate bemerkbar macht? Mir ist dieses Argument fleißiger Mobilfunkgegner jedenfalls geläufig. Da wird man als Skeptiker von einem Jahr aufs nächste vertröstet, der Anstieg habe zwar wegen laaaanger Latenzzeiten (noch immer) nicht begonnen, er sei aber so gewiss wie das Amen in der Kirche. Mit Norbert Blüms Worten: Die Rente ist sicher - man muss nur fest dran glauben.

Eine zufällig entdeckte Recherche von M. Hahn (PDF, 140 KByte) hat mir die Warterei auf den befürchteten (von Anti-Mobilfunk-Hardlinern erhofften) Anstieg der Krebszahlen jetzt ziemlich kurzweilig gemacht.

Hahn geht in dem PDF der Frage nach, ab wann es wirklich bekannt war, dass Rauchen mörderisch ist. Dabei räumt er mit der Behauptung auf, dies sei erst in den 90er Jahren der Fall gewesen. Die Spur führt zurück zu den Anfängen der berühmten British Doctors Study, der weltgrößten prospektiven Kohortenstudie zum Rauchen. Sie dauerte von 1951 bis 2001. Bereits 1954 beim ersten Zwischenbericht schrieben, so Hahn, die Autoren der Studie:

„Die Untersuchung hat bis dato noch nicht lange genug angedauert, um zeigen zu können, ob es eine Beziehung zwischen Rauchen und der Sterblichkeit an anderen Krankheiten gibt. Anhand der vorläufigen Zahlen dürfte es aber unwahrscheinlich sein, dass es irgend eine gibt, welche so eng ist wie die zum Lungenkrebs.

(Englischer originaltext: „The investigation has not, as yet, continued long enough to show whether there is a relationship between smoking and the mortality from any other disease, but from the preliminary figures it would seem unlikely that there is any as close as that observed with lung cancer.“)

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Bereits nach drei Jahren Beobachtung waren sich die Autoren reichlich sicher, dass Rauchen Lungenkrebs bewirkt. Sogar der mittlerweile längst bestätigte Risikoanstieg ums 20-fache gegenüber Nichtrauchern wurde damals schon erkannt! Im Mobilfunkbereich gibt es nichts Vergleichbares an Kohortenstudien im Sinne eines frühen und gut begründeten Alarms.

Aus dieser Sicht heraus bekommen die weitgehend entwarnenden Ergebnisse der großen dänischen Kohortenstudie zum Handygebrauch noch etwas mehr Schwung - hier wurde (2007) nach acht Jahren Beobachtung immerhin schon der zweite Zwischenbericht veröffentlicht wobei die altgedientesten Handynutzer bereits eine "Noxeneinwirkung" von 25 Jahren hinter sich haben. Der nächste Zwischenbericht, voraussichtlich 2012, wird zeigen, ob dieser Trend zur Entwarnung anhält.

[Admin: Toten Link zu Dokument von M. Hahn wiederbelebt 02.09.2014]

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Krebs, Studie, Analogie, Tabak, Rauchen, Sterblichkeit, Latenzzeit, Kohortenstudie, Hahn

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

charles ⌂ @, Dienstag, 06.01.2009, 10:02 (vor 5750 Tagen) @ H. Lamarr

Ach, Krebs gibt es nicht.

Alles nur Einbildung.

Ängste für Zigaretten und Zigarren.

Die wollen nur die Tabaksindustrie kaputt machen.

Rauchen ist schön, und modern, es zeigt den Fortschritt.

Lungenkrebs bekommt man nicht vom Rauchen, sondern vom Spinat, Feinstaub und zuviel Bier trinken.
Darüber gibt es mehrere Hunderte von Studien.


Es gibt auch solche schöne wunderbare Feuerzeuge.
Leider habe ich noch keins gesehen womit man auch telefonieren kann.

--
Charles Claessens
www.milieuziektes.nl

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Polemik

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

caro, Dienstag, 06.01.2009, 10:33 (vor 5750 Tagen) @ H. Lamarr


Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Bereits nach drei Jahren Beobachtung waren sich die Autoren reichlich sicher, dass Rauchen Lungenkrebs bewirkt. Sogar der mittlerweile längst bestätigte Risikoanstieg ums 20-fache gegenüber Nichtrauchern wurde damals schon erkannt! Im Mobilfunkbereich gibt es nichts Vergleichbares an Kohortenstudien im Sinne eines frühen und gut begründeten Alarms.

Aus dieser Sicht heraus bekommen die weitgehend entwarnenden Ergebnisse der großen dänischen Kohortenstudie zum Handygebrauch noch etwas mehr Schwung - hier wurde (2007) nach acht Jahren Beobachtung immerhin schon der zweite Zwischenbericht veröffentlicht wobei die altgedientesten Handynutzer bereits eine "Noxeneinwirkung" von 25 Jahren hinter sich haben. Der nächste Zwischenbericht, voraussichtlich 2012, wird zeigen, ob dieser Trend zur Entwarnung anhält.

Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. In der Raucherstudie wurde die "Dosis" miterfasst, die die Probanden täglich zu sich nahmen.
In der dänischen Kohortenstudie wurden diejenigen erfasst, die einen Handyvertrag abgeschlossen haben. Das besagt überhaupt nichts darüber, ob sie überhaupt selbst telefonieren oder wie viel sie telefonieren. So lange in keiner Studie (auch bei Interphone nicht) tatsächlich die Vieltelefonierer erfasst und statistisch von den Wenigtelefonierern getrennt werden, lassen sich keine aussagekräftigen Ergebnisse erzielen.

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

Schmetterling @, Dienstag, 06.01.2009, 11:21 (vor 5750 Tagen) @ H. Lamarr

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Bereits nach drei Jahren Beobachtung waren sich die Autoren reichlich sicher, dass Rauchen Lungenkrebs bewirkt. Sogar der mittlerweile längst bestätigte Risikoanstieg ums 20-fache gegenüber Nichtrauchern wurde damals schon erkannt!

Was ist richtig?
Bekamen Raucher nach nur 3 Jahren Rauchen Lungenkrebs
oder waren sich die Autorn nach 3 Jahren Beobachtung sicher, dass man durch Rauchen Krebs bekommen könnte?


der Schmetterling

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

Doris @, Dienstag, 06.01.2009, 12:18 (vor 5750 Tagen) @ Schmetterling

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Bereits nach drei Jahren Beobachtung waren sich die Autoren reichlich sicher, dass Rauchen Lungenkrebs bewirkt.

Es gibt doch auch in der Mobilfunkdiskussion Autoren, die sich reichlich sicher sind, dass Handytelefonate Gehirntumore auslösen können. In 50 Jahren können Hardell und Co die Wissenschaftler sein, die in so eine Chronologie eingearbeitet werden können. Der Beitrag von Herrn Hahn wurde übrigens Anfang Dezember schon hier im Forum diskutiert.

Was ist richtig?
Bekamen Raucher nach nur 3 Jahren Rauchen Lungenkrebs
oder waren sich die Autorn nach 3 Jahren Beobachtung sicher, dass man durch Rauchen Krebs bekommen könnte?


Ganz sicherlich gilt der letzte Satz.

Lungenkrebs hat laut diesem Beitrag eine lange Latenzzeit, nur so ist m.E. zu erklären, dass es fast 50 Jahre dauerte, bis wirklich massive Maßnahmen ergriffen wurden und vielleicht auch ergriffen werden konnten. Vorher waren es auch Vermutungen, Hinweise, starke Hinweise und theoretische Diskussionen. Erst als sich die Befürchtungen in der Praxis zeigten, wurde gehandelt und musste gehandelt werden.

Hätte es zum damaligen Zeitpunkt schon Internetforen gegeben, dann wäre die Arbeit dieser Autoren, die schon früh das Lungenkrebsrisiko erkannten genauso zerrissen worden wie es heute bei der Mobilfunkdiskussion der Fall ist. Die angebliche Gefährlichkeit des Passivrauchens, die als Grundlage für den Nichtraucherschutz herangezogen wird, wird auf einschlägigen Seiten aktuell immer noch sehr heftig diskutiert. Jeder kann für sich eine passende Wahrheit finden, vor allen Dingen dann, wenn er nicht bereit ist, seinen eigenen Lebenswandel kritisch zu hinterfragen.

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Lungenkrebs, Rauchen, Passivrauchen

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

Schmetterling @, Dienstag, 06.01.2009, 12:27 (vor 5750 Tagen) @ Doris

Ganz sicherlich gilt der letzte Satz.

Hat spatenpauli das jedoch mit seinem Einstieg in diesen Strang auch sagen wollen? siehe hier:

Gehen wir nicht alle davon aus, dass die Einwirkdauer der "Noxe" Mobilfunk seit 1993, so richtig aber erst seit 2000, noch nicht ausreichend lange andauert, damit sich ihre verheerende Wirkung in Form einer sprunghaft ansteigenden Krebsrate bemerkbar macht? Mir ist dieses Argument fleißiger Mobilfunkgegner jedenfalls geläufig. Da wird man als Skeptiker von einem Jahr aufs nächste vertröstet, der Anstieg habe zwar wegen laaaanger Latenzzeiten (noch immer) nicht begonnen, er sei aber so gewiss wie das Amen in der Kirche. Mit Norbert Blüms Worten: Die Rente ist sicher - man muss nur fest dran glauben.
Eine zufällig entdeckte Recherche von M. Hahn (PDF, 140 KByte) hat mir die Warterei auf den befürchteten (von Anti-Mobilfunk-Hardlinern erhofften) Anstieg der Krebszahlen jetzt ziemlich kurzweilig gemacht.

@ spatenpauli:
Ich denke nicht, dass das von den Hardlinern irgendjemand hofft. Nicht das auch noch.
Nur, wenn, dass es schnell genug erkannt wird!!!


der Schmetterling

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

Doris @, Dienstag, 06.01.2009, 13:06 (vor 5750 Tagen) @ Schmetterling

Hat spatenpauli das jedoch mit seinem Einstieg in diesen Strang auch sagen wollen
siehe hier:

Gehen wir nicht alle davon aus, dass die Einwirkdauer der "Noxe" Mobilfunk seit 1993, so richtig aber erst seit 2000, noch nicht ausreichend lange andauert, damit sich ihre verheerende Wirkung in Form einer sprunghaft ansteigenden Krebsrate bemerkbar macht?

Bei der Mobilfunkdiskussion wird das angebliche bzw. zu erwartende Krebsaufkommen verschieden diskutiert.

a) Gehirntumore bzw. Krebs im Kopfbereich durch Handynutzung

Diesem Thema widmen sich die Wissenschaftler und m.E. auch die seriösen Kritiker.
Da steht übrigens immer noch eine Frage hier im Forum von spatenpauli, ob Handys auch Krebs im linken Zeh auslösen können. Ich habe mich da schlau gemacht, bin aber noch nicht ganz fertig, kann es vor allen Dingen auch noch nicht richtig erklären. Aber, vorab mal eines. Handynutzung steht schon vorrangig für Gehirntumore bzw. für Krebs im Kopfbereich. Gehirntumore, vor allen Dingen gutartige, sollen in der Regel nicht streuen. Nur sehr aggressive entartete Zellen schaffen den Weg in die Blutbahn.

b) Krebshäufigkeit um Sender in Zusammenhang mit schwächeren, aber dauerhaften Feldern.

Mit diesem Thema beschäftigt sich die Mehrheit der Kritiker, da es der Sendemastbekämpfung die nötige Portion Dramatik verleiht. Und da wird dann die Latenzzeit von Krebs ganz plötzlich verkürzt, so wie es in der Naila Studie ersichtlich ist.

Mir ist dieses Argument fleißiger Mobilfunkgegner jedenfalls geläufig. Da wird man als Skeptiker von einem Jahr aufs nächste vertröstet, der Anstieg habe zwar wegen laaaanger Latenzzeiten (noch immer) nicht begonnen

nun, dann muss ich mich wohl in diese Schublade stecken lassen. Denn ich vertrete die Meinung, dass, wenn es zu Tumoren durch Handys kommen kann, sich diese heute noch nicht zeigen können.

er sei aber so gewiss wie das Amen in der Kirche.

das allerdings sehe ich nicht so

@ spatenpauli:
Ich denke nicht, dass das von den Hardlinern irgendjemand hofft. Nicht das auch noch.

So wie ich das sehe, kümmern sich die Hardliner eher zweitrangig um ein evtl. zukünftig zu erwartendes Gehirntumorrisiko, da dieses der Eigenverantwortung zugeschrieben wird. Allerdings wird schon seit Jahren ein erhöhtes allgemeines Krebsaufkommen dem Mobilfunk - und zwar nur dem - zugeschrieben. Neuerdings werden zwar die Kinder und die Handynutzung in den Mittelpunkt gestellt, aber mich - die sich speziell für diese Zielgruppe einsetzt - macht die Form der Aufarbeitung nicht wirklich glücklich. Mich beschleicht ständig das Gefühl, dass die Zielgruppe "Kinder" hier nicht wirklich geschützt werden soll, sondern benutzt und zwar wieder für die Sendemastbekämpfung.

Nur, wenn, dass es schnell genug erkannt wird!!!

Das sehe ich auch so.

Studie zeigte nach nur 3 Jahren Krebs durch Rauchen

KlaKla, Dienstag, 06.01.2009, 17:30 (vor 5750 Tagen) @ Doris

Neuerdings werden zwar die Kinder und die Handynutzung in den Mittelpunkt gestellt, aber mich - die sich speziell für diese Zielgruppe einsetzt - macht die Form der Aufarbeitung nicht wirklich glücklich. Mich beschleicht ständig das Gefühl, dass die Zielgruppe "Kinder" hier nicht wirklich geschützt werden soll, sondern benutzt und zwar wieder für die Sendemastbekämpfung.

Hm, das sehe ich ähnlich. Bei mir setzte diese Überlegung einen weiteren Gedanken frei. Sendemastgegner werden aktiviert durch den Bau eines neuen Sendemasten. Sie sind kurzzeitig aktiv. Wenn der Mast steht dauert es nicht lange und der Spuck ist wieder vorbei. Übrig bleiben wenn überhaupt selbst diagnostizierte ES. Viele der sogenannten Hardliner sind selbst ES betroffen, mal abgesehen vom Profiteur. Ich würde sagen, Mobilfunk-Kritiker (wie Sie oder Spatenpauli) sind noch seltener als Steinpilze. Das könnte eine Erklärung für das Gefühl sein, dass Kinder von den Hardliner nur benutzt werden. ES haben eine andere Zielsetzung als Mobilfunk-Kritiker.
ES wollen die Abschaltung des Mobilfunks und Mobilfunk-Kritiker Aufklärung.

--
Meine Meinungsäußerung

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Sendemastgegner, Ziel, Theorie

Alarmgeber ist die Krebsrate, nicht

H. Lamarr @, München, Dienstag, 06.01.2009, 22:45 (vor 5749 Tagen) @ caro

Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. In der Raucherstudie wurde die "Dosis" miterfasst, die die Probanden täglich zu sich nahmen.
In der dänischen Kohortenstudie wurden diejenigen erfasst, die einen Handyvertrag abgeschlossen haben. Das besagt überhaupt nichts darüber, ob sie überhaupt selbst telefonieren oder wie viel sie telefonieren. So lange in keiner Studie (auch bei Interphone nicht) tatsächlich die Vieltelefonierer erfasst und statistisch von den Wenigtelefonierern getrennt werden, lassen sich keine aussagekräftigen Ergebnisse erzielen.

Machen Sie da nicht den zweiten Schritt vor dem ersten? Ich meine, ist es denn nicht bemerkenswert, dass die Beobachtung der Dänen an der Kohorte auch nach 8 Jahren noch keinen Krebsanstieg im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigt? Nehmen wir mal an, in 50 Jahren wären die beiden Gruppen im Krebsaufkommen noch immer Kopf an Kopf, dann, caro, ließe sich doch die mühsame Erfassung der Dosis getrost weglassen denn dann wäre auch so schon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit klar: Handys verursachen keinen Krebs. Ja?

Anders wäre es, wenn sich bei den Dänen im 1. oder 2. Zwischenbericht ein Anstieg der Krebsrate in der Kohorte gezeigt hätte. Dies wäre alarmierend gewesen und hätte dazu führen müssen, genauer hinzuschauen - eben mit einer Dosis-Abschätzung. Da dieser Fall aber (bislang) nicht eingetreten ist und die Kohorte sich nicht von der Kontrolle abhebt, halte ich den Vergleich von Äpfeln mit Birnen im Sinne von beides ist Obst bis auf weiteres für zulässig. Denn bei der Raucherstudie war es doch so, dass die Krebsrate im Vergleich zur Kontrolle eben nicht auf gleichem Niveau lag, sondern exorbitant drüber. Die Dosis-Abschätzung war dazu in keiner Weise relevant, diese ließ lediglich nähere Schlüsse zu, nämlich die Erkenntnis: Mit jeder Zigarette mehr steigt das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

Was meinen Sie, caro, ist die oben skizzierte Überlegung denn so falsch?

Übrigens: Den 2. Zwischenbericht zur Kohortenstudie der Dänen gibt es jetzt auch als Volltext unentgeltlich unter:

http://jnci.oxfordjournals.org/cgi/content/full/98/23/1707

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Dänische Kohortenstudie

Raucherstudie ./. Handystudie - zwei paar Stiefel

H. Lamarr @, München, Dienstag, 06.01.2009, 23:11 (vor 5749 Tagen) @ Schmetterling

Ganz sicherlich gilt der letzte Satz.

Hat spatenpauli das jedoch mit seinem Einstieg in diesen Strang auch sagen wollen?

Ja, hat er sagen wollen.

Allerdings haben Sie einen Schwachpunkt in meiner Argumentation entdeckt, denn als 1951 die Raucher-Großstudie begann, wurde ja bereits seit zig Jahren geraucht. Das heißt, hätte man damals schon die Entwicklung der Krebsraten statistisch erfasst, so wäre deutlich geworden: Halt Leute, da ist etwas im Gange, das die Krebsrate bei Lungenkrebs dramatisch nach oben treibt, lasst uns mal nachschauen, was dafür die Ursache ist. Das Geschehen war also mitten im Gange und so konnte die Großstudie schon nach drei Jahren zutreffende Ergebnisse vorweisen. Dies konnte aber nur gelingen, weil viele der bedauernswerten Objekte der Studie die Latenzzeit für Lungenkrebs bereits überschritten hatten! Der Krebsanstieg hatte seinerzeit ganz unstrittig schon stattgefunden, es galt nur noch den Glimmstengel als Verursacher wissenschaftlich dingfest zu machen.

Auf Handys bezogen ist das Szenario anders, denn hier ist eben (noch) kein Geschehen (Hirntumoranstieg ...) mitten im Gange. Umso verantwortungsvoller finde ich die Studie in Dänemark, die in Bezug auf den Beginn der Noxeneinwirkung wesentlich früher als die Raucherstudie aufgelegt wurde, um eben einen Krebsanstieg frühzeitig zu erkennen. Wäre die große Raucherstudie ähnlich früh gestartet worden, Millionen Raucher hätten länger gelebt. Hinterher schlauer zu sein ist freilich auch keine Kunst.

Ich denke nicht, dass das von den Hardlinern irgendjemand hofft. Nicht das auch noch.

Blätter Sie mal im Forum zurück, Sie werden dort Einträge von verhärteten Schweizer ES finden, die ganz klar zum Ausdruck bringen, dass ihnen das Schicksal von Handynutzern herzlich egal ist.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Handy, Rauchen, Hirntumor

Die Krebsrate allein sagt gar nichts ▼

caro, Mittwoch, 07.01.2009, 11:26 (vor 5749 Tagen) @ H. Lamarr


Machen Sie da nicht den zweiten Schritt vor dem ersten? Ich meine, ist es denn nicht bemerkenswert, dass die Beobachtung der Dänen an der Kohorte auch nach 8 Jahren noch keinen Krebsanstieg im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigt? Nehmen wir mal an, in 50 Jahren wären die beiden Gruppen im Krebsaufkommen noch immer Kopf an Kopf, dann, caro, ließe sich doch die mühsame Erfassung der Dosis getrost weglassen denn dann wäre auch so schon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit klar: Handys verursachen keinen Krebs. Ja?

Nein. Bei der dänischen Studie wurden diejenigen als "Handynutzer" erfasst, die einen Handyvertrag abgeschlossen haben. Ein Handyvertrag sagt überhaupt nichts darüber aus, wie das Handy genutzt wird. Das ist als ob Sie - gute Vorsätze fürs Neue Jahr!- einen Vertrag mit einem Fitness-Studio abschließen, aber (der innere Schweinehund..) nie hingehen. Und dann in einer Studie über gesundheitsbewusstes Verhalten als regelmässig Fitness-Betreibender verbucht werden, obwohl Sie eigentlich ein begeisterter Couch-Potato sind. Denn Sie haben ja einen Vertrag mit einem Fitness-Studio.
Ein Handyvertrag sagt noch nicht einmal etwas darüber, ob das Handy überhaupt selbst genutzt wird oder vom Partner oder den Kindern oder...
Auf so einer Grundlage nach 50 Jahren zu sagen: Handies verursachen keinen Krebs, wäre schlicht unseriös. Die richtigen Vieltelefonierer erwischen Sie über diese "Erhebungsmethode" vermutlich nicht. Denn viele, die ihr Handy oft und dienstlich benutzen, haben Firmenhandies und keinen eigenen Vertrag über diese Handies.

Anders wäre es, wenn sich bei den Dänen im 1. oder 2. Zwischenbericht ein Anstieg der Krebsrate in der Kohorte gezeigt hätte. Dies wäre alarmierend gewesen und hätte dazu führen müssen, genauer hinzuschauen - eben mit einer Dosis-Abschätzung.

Die Latenzzeit für die meisten Krebsarten beträgt Jahrzehnte. So lange werden Mobilfunktelefone mit der heutigen Technik noch gar nicht genutzt.
Eine frühzeitige Dosis-Abschätzung führt dazu, dass Sie Effekte deutlich schneller erkennen, z.B. in der Gruppe der Vieltelefonierer (falls die überhaupt mit erhoben wurden - siehe oben).
Bis in einer großen, sehr undifferenzierten Grundgesamtheit (diejenigen, die einen Handyvertrag abgeschlossen haben) signifikante Effekte auftreten, dauert es... Und falls irgendwann Effekte sichbar werden sollten, dann können Sie sie erstmal wunderbar wegdiskutieren. Weil keine Confounder mit erhoben wurden. Weil es kein Dosis-Wirkungs-Modell gibt. Etc. etc. Ich frage mich wirklich, warum niemand sich daran wagt, explizit und statistisch sauber die wirklichen Vieltelefonierer zu untersuchen.

Troll-Wiese: http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=27747

@ caro Die Krebsrate allein sagt gar nichts

Doris @, Freitag, 09.01.2009, 19:08 (vor 5746 Tagen) @ caro

Nein. Bei der dänischen Studie wurden diejenigen als "Handynutzer" erfasst, die einen Handyvertrag abgeschlossen haben. Ein Handyvertrag sagt überhaupt nichts darüber aus, wie das Handy genutzt wird.
Ein Handyvertrag sagt noch nicht einmal etwas darüber, ob das Handy überhaupt selbst genutzt wird oder vom Partner oder den Kindern oder...
Auf so einer Grundlage nach 50 Jahren zu sagen: Handies verursachen keinen Krebs, wäre schlicht unseriös. Die richtigen Vieltelefonierer erwischen Sie über diese "Erhebungsmethode" vermutlich nicht. Denn viele, die ihr Handy oft und dienstlich benutzen, haben Firmenhandies und keinen eigenen Vertrag über diese Handies.

Auch das BfS sieht die von Ihnen angeführten Argumente als Schwächen der dänische Kohortenstudie.

Auch dieser frühere Beitrag hier im Forum (hier begegnet einem ja auch schon die Uli Weiner Kennerin Dr. Eva Stegen) verlinkt auf einen interessanten Beitrag in der Süddeutschen, der ein paar Zahlen zu den Schwachstellen liefert.

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