Die Qualität wissenschaftlicher Arbeiten (Medien)

Gast, Montag, 19.06.2017, 16:17 (vor 2691 Tagen)
bearbeitet von Gast, Montag, 19.06.2017, 16:38

Eine Bewertungshilfe für Journalisten
von Gert Antes

Für den Wissenschaftsjournalismus ist das Erkennen von fragwürdigen Forschungsergebnissen in der stetig steigenden Flut wissenschaftlicher Arbeiten eine große Herausforderung. Das Qualitätsspektrum erstreckt sich - neben den hochwertigen Arbeiten - von grundsätzlich ungeeignetem Vorgehen über kleine Schlampereien bis hin zur Fehlinterpretation von Ergebnissen und schlimmstenfalls massiven vorsätzlichen Fälschungen. Neben den üblichen Regeln der journalistischen Recherche ist ein Grundverständnis des Wissenschaftsprozesses und der häufigsten Fehlerquellen hilfreich, wenn nicht unverzichtbar. Einen sicheren Schutz vor Fehlern kann es für den Journalisten nicht geben. Die Kenntnis häufiger Fehlerquellen und die kritische Prüfung des Quellenmaterials sind jedoch Grundlage für eine zumindest einigermaßen zuverlässige Trennung von Spreu und Weizen. Dieses Kapitel bietet dafür Unterstützung. Weiter ...


Gute wissenschaftliche Praxis umfasst für mich drei wesentliche Bereiche: Die Qualitätssicherung - eigentlich eine Selbstverständlichkeit - ist real ein Problem, da der Leistungs- und Publikationsdruck in der Wissenschaft heute so hoch ist, dass die Zeit für konsequente Qualitätskontrolle fehlt. Die in der Denkschrift der DFG geforderte ­Ehrlichkeit und Redlichkeit in der Wissenschaft kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Inhalte aktiv dem wissenschaftlichen Nachwuchs vermittelt werden. Die Verantwortung des/der Wissenschaftlers/in für mögliche soziale Konsequenzen und potenzielle negative Nutzung seiner Forschungsergebnisse ist durch den schnellen Transfer der Ergebnisse gestiegen, und der/die Wissenschaftler/in muss, wo nötig, auch zum ­whistleblower werden.

Prof. Dr. Ulrike Beisiegel, Direktorin des Instituts für Molekulare Zellbiologie im Zentrum für Experimentelle Medizin am Fachbereich Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Sprecherin des Ombudsman der Deutschen Forschungsgemeinschaft und Mitglied des Wissenschaftsrates


Für mich besteht die Aufgabe der Wissenschaft in erster Linie darin, Neues zu entdecken. Wissenschaftliche Forschung soll Zusammenhänge aufdecken, die bisher unverstanden waren, und Werkzeuge schaffen, mit denen wir bewältigen können, was zuvor unmöglich war. Naturwissenschaftliche Grundlagenforschung schafft das ­Saatgut für die angewandte Forschung und Ingenieurskunst von morgen. Wir müssen die Wissenschaft fördern, um unsere Lebensqualität und Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft zu sichern. Wissenschaft braucht den Dialog mit der Öffentlichkeit, um junge Menschen für diese schöne Aufgabe zu begeistern und um die notwendigen Geldmittel zu mobilisieren.

Prof. Theodor W. Hänsch, Physiker am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bei München und der Ludwig-Maximilians-Universität, Physiknobelpreisträger 2005


Vom Ergebnis her betrachtet, sind es vor allem drei Dinge, die gute Wissenschaft auszeichnen: fundamental neue Erkenntnisse, lesenswerte Veröffentlichungen und nicht zuletzt hervorragend qualifizierter wissenschaftlicher Nachwuchs. Die Grenzen gesicherten Wissens zu überschreiten, neue Methoden zu entwickeln und ein bislang unbekanntes Forschungsterritorium zu erkunden erfordert Fantasie, Risikobereitschaft und Standvermögen. Für eine Förderinstitution sind zudem durch Expertenrat unterstützte Auswahlverfahren, großzügige und verlässliche Finanzierung des Besten sowie Vertrauen in die Geförderten und schließlich Geduld mit Blick auf das Erzielen bahnbrechender Ergebnisse unerlässlich.

Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen Stiftung in Hannover


Gute Wissenschaft soll aus Neugierde und zum Wohle der Menschheit und der Natur ausgeführt werden. Das ist aber nicht so einfach, denn die Kenntnisse, die die Grundlagenforschung liefert, können sowohl zum Positiven als auch zum Negativen benutzt werden, und das wird wohl immer so bleiben. So gesehen gibt es keine nur ­gute Wissenschaft, aber wir sollten alles daransetzen, uns dem Ideal einer nur ­guten Wissenschaft zu nähern.

Paul Crutzen, Nobelpreisträger für Chemie (1995) und Professor emeritus am Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz

Tags:
Fehlinterpretation, Wissenschaft, Studie, Forschung, Journalisten, Peer-Review, Beisiegel, Qualitätskriterien, Sorgfaltspflicht, Impact Factor, Fehlverhalten, Qualitätskontrolle, Wissenschaftsjournalismus, Uminterpretation


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