Warum Mobilfunkgegner auf Seichtes angewiesen sind (Forschung)

H. Lamarr @, München, Samstag, 16.04.2016, 15:53 (vor 3120 Tagen) @ H. Lamarr

Kommentar: Der Bericht der Expertengruppe ist seit Juni 2014 öffentlich zugänglich. Warum sich Mobilfunkgegner die kritischen Töne der Experten nicht zueigen gemacht haben, um ihre bislang dilettantische Argumentation endlich einmal gegen ernst zu nehmende Sachargumente auszutauschen, ist mir unverständlich. Möglicherweise sind es die tiefen Berührungsängste, die organisierte Mobilfunkgegner seit jeher davon abhalten, ihnen verdächtig erscheinenden Wissenschaftlern zu trauen. Dass diese Ablehnung sogar auf qualifizierte Sachargumente gegen Mobilfunk durchschlägt, zeigt mMn sehr schön, wie verbohrt die Sprachrohre der Anti-Mobilfunk-Szene sind und wie gering das wahre Interesse an einer Sachauseinandersetzung ist (anstelle von Panikschürerei).

Seit obigem Kommentar sind bald zwei Jahre vergangen. Hat sich die Anti-Mobilfunk-Szene inzwischen offen die Sachargumente der Expertengruppe zueigen gemacht? Ich habe in Google nachgesehen, wer heute auf das Dokument der Expertengruppe verlinkt. Google meldet 16 Treffer, auch nur ein einziger Anti-Mobilfunk-Verein ist nicht darunter. Lediglich eine Facebook-Seite gegen Mobilfunk bedient sich des Dokuments, um eine leidlich alarmierende Passage daraus zu zitieren.

Warum tragen laute Mobilfunkgegner wie der Diagnose-Funker Jörn Gutbier bei "Infoveranstaltungen" lieber seichte und zum Teil reichlich unqualifizierte Argumente vor, statt auf die qualifizierten Argumente der Expertengruppe zurück zu greifen?

Ich meine diese Mobilfunkgegner stecken in einer Zwickmühle: Einerseits würden sie die guten Argumente gegen Mobilfunk mit Kusshand verwenden, andererseits können sie das nicht, weil die Wissenschaftler der Expertengruppe von der "anderen Seite" sind, die zuvor von den Gegnern dummerweise übel stigmatisiert wurde. Sich unter diesen Umständen offen der Argumente des Gegners zu bedienen käme einem Gesichtsverlust gleich. Aus dieser Nummer kommen Gutbier und Co. nur heraus, wenn sie die Argumente der Experten umformulieren und ohne Quellenangabe zu den ihren machen. Das wäre zwar nicht sonderlich ehrenwert, die Szene ist allerdings auch nicht für überbordernde Fairness berühmt. Es könnte sich also durchaus lohnen, in den Argumenten referierender Mobilfunkgegner nach verborgenen Spuren der sieben Argumente der Expertengruppe zu forschen.

Wer sich wundert, dass Wissenschaftler, der die Gegner eine Nähe zur Mobilfunkindustrie nachsagen, nicht rundweg Entwarnung geben, sondern immerhin sieben gute Argumente für den Köcher der Mobilfunkgegner parat haben, sei auf wirtschaftliche Aspekte verwiesen. Auch Wissenschaftler haben häufig Familie und vielleicht lastet eine Hypothek auf dem Häuschen. Allzu forsch die Unbedenklichkeit des Mobilfunks zu propagieren käme dem Durchsägen des (finanziellen) Astes gleich, auf dem man sitzt. Berühmt-berüchtigt der Schlusssatz im Abstract vieler Studien, in dem Wissenschaftler zur Erkenntnisverdichtung die weitere Erforschung des Themas empfehlen, über das sie soeben publiziert haben. Nicht wenige aufgeregte Mobilfunkgegner erkennen in solchen Empfehlungen ein alarmierendes Forschungsdefizit. Wissenschaftler hingegen geben augenzwinkernd zu, damit zu allererst einmal Geld für weitere Forschung loseisen zu wollen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Fairness, Wissenschaft


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