Brasilien: Krebskranker Antennentechniker gewinnt vor Gericht (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 10.01.2015, 21:15 (vor 3580 Tagen)

[Strang abgetrennt am 10.07.2016, Absprung hier]

"Wir wissen ..." hört sich im Vergleich zu "Ich weiß ..." merklich mächtiger an. Der Plural wird daher von vielen Referenten in der Anti-Mobilfunk-Debatte dem Singular auch dann vorgezogen, wenn dieser treffend wäre und der Plural nur verlogen ist.

Am 10. Januar 2015 trickst Hans-U. Jakob mit der Mehrzahl. Über seine jüngste Gruselgeschichte schreibt er die Titelzeile:

Krebskranke Antennentechniker

Als gäbe es deren viele.

Doch es geht in dem zugehörigen lückenhaften und holprig übersetzten Beitrag dann um genau einen einzigen Antennentechniker, der angeblich ohne jeden Immissionsschutz direkt vor Mobilfunk-Sendeantennen gearbeitet haben soll, dadurch krank wurde und auf Schadenersatz klagte. Sollte dies wahr sein, und der Mann musste tatsächlich jahrelang ohne jeden Schutz Montagearbeiten im Nahfeld sendender Antennen ausführen, dann steht ihm Schadenersatz zu. Allerdings muss man sich auch fragen, wie so etwas im Zeitalter des Internets möglich ist und wie es um die Fachkompetenzen des Technikers bestellt gewesen ist. Der Gigaherz-Beitrag erklärt dazu nichts.

Da Herr Jakob es mit der Wahrheit bekanntlich nicht so genau nimmt und seine Quelle Adilza Dode kommerzielles Interesse an einem möglichst endlosen Fortgang der Mobilfunkdebatte hat, ist die Geschichte, wie alles, was Gigaherz bringt, mit spitzen Fingern anzufassen.

Herr Jakob verlinkt merkwürdigerweise auf die kommerzielle Website von Adilza Dode, statt auf die Primärquelle zu verlinken, aus der auch Dode sich bedient hat. Den Volltext des Urteils in portugiesisch gibt es <hier>.

Was soll das Ganze?
Da es banal ist, dass Techniker bei Arbeiten innerhalb des Sicherheitsabstandes um Mobilfunkantennen üblicherweise die Einspeisung von Sendeleistung in die Antennen verhindern oder Schutzanzüge tragen, ist es alles andere als eine Überraschung, dass der Techniker ohne diese Schutzmaßnahmen auf Dauer krank geworden ist. Eben um genau dies zu verhindern gibt es Wartungsvorschriften und Grenzwerte - mit Sicherheit auch in Brasilien. Das bedeutet bei Licht gesehen: Die Geschichte ist so spektakulär wie der Bericht über einen x-beliebigen Stromunfall, der sich wegen Missachtung von Vorschriften irgendwo auf der Welt ereignet hat. Wieso Hans-U. Jakob die seichte Story überhaupt so mühsam auf seiner Seite gehievt hat und was er den verstörten Lesern damit eigentlich sagen möchte – er weiß es vermutlich selber nicht.

Ich bin ziemlich sicher: Die krude Geschichte ist lediglich eine Gefälligkeit seiner brasilianischen Quelle gegenüber, damit diese sich mit ihren unbrauchbaren Alarmmeldungen endlich auch einmal auf der Gigaherz-Seite wiederfindet. Jakob hatte Dode vor einigen Jahren zu einem Vortrag in die Schweiz geholt, damit sie dort mit ihre Schrottstudie über Krebs in Belo Horizonte die Leute besser ängstigen konnte. Fachleute stufen Dodes Studie kurzerhand als Junk Science ein.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Junk-Science, Dode


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