Meinungsbildung im www: Bild' dir meine Meinung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 14.08.2014, 12:24 (vor 3731 Tagen)

Wenn jemand behauptet, der Axel-Springer-Verlag würde mehr als 600 Blogger dafür bezahlen, damit sie im Ukraine-Konflikt Stimmung gegen Russland machen, kann man dies durchaus für wahr halten. Und wenn dann als Beleg auch noch ein authentisch wirkendes Schreiben vorgelegt wird, in dem der Verlag seinen Auftraggeber ermahnt, die zugesagte finanzielle Unterstützung zu leisten, dann dürfte zumindest altgedienten Axel-Springer-Verlag-Gegnern vor Genugtuung das Herz aufgehen. Doch der Brief ist ein Fälschung. Wer findet bei 1-maligem Durchlesen den groben Fehler, der das Schreiben eindeutig als Fälschung ausweist?

Den Drang, anderen die eigene Meinung über einen Sachverhalt aufzuzwängen, kennen wir alle aus eigener Erfahrung, er ist die Ursache zahlloser hitziger Stammtischdiskussionen. Auf gute Argumente gestützt ist dagegen auch nicht allzuviel einzuwenden, haarig wird es, wenn zur Meinungsbildung manipuliert, gelogen und getrickst wird, wie es z.B. auch in der Anti-Mobilfunk-Debatte an der Tagesordnung ist. Ein aktuelles Beispiel für zuckersüße Manipulation, die Laien von angeblichen Risiken des Mobilfunks überzeugen will, und von den besten Abwehrmaßnahmen einer Kleinpartei, habe ich hier gebracht, im Forum finden sich noch hunderte andere. In dem Beispiel (ödp-Faltblatt) wird nicht gefälscht wie in dem vermeintlichen Springer-Brief, sondern es wird Fachkompetenz vorgegaukelt.

Von der Realität abgekoppelt fordert die ödp z.B. "Mobilfunkfreie Gebiete als Rückzugsgebiete für elektrosensible Menschen" und weiter will sie "Elektrosensibilität als Krankheit anerkennen". Wie schön für sogenannte Elektrosensible. Die Faktenlage aber spricht eine andere Sprache: "Elektrosensibilität" gilt als Phobie, objektive Tests an überzeugten Elektrosensiblen, ihre ungewollte Fähigkeit zu beweisen, sind in aller Welt ausnahmslos gescheitert und der Münchener "Verein für Elektrosensible", eine von zwei derartigen Interessenvertretungen in Deutschland, verliert trotz zunehmender Funkversorgung mit neuen Netzen seit Jahren Mitglieder (Stand 2014: 140, das ist eine Halbierung gegenüber 2006!).

Warum die ödp sich dennoch die Interessen von "Elektrosensiblen" an die Fahnen heftet ist unter der Annahme, die Verantwortlichen wissen was sie tun, nicht so ohne weiteres nachzuvollziehen. Einen faktengestützten jedoch spekulativen Erklärungsversuch habe ich hier gemacht – die Partei ist auf der Jagd nach Mitgliedern und Sympathisanten. Den Schaden, den sie mit ihrem unqualifizierten Elektrosmog-Alarmismus anrichtet, kann man mit wachsender Begeisterung in diesem Strang erforschen. Wer gegen Mobilfunk hetzt und sich als edel ums Gemeinwohl besorgter Held ins Szene setzt, ist meiner Erfahrung nach nur jemand, der aus der Angst der Bevölkerung vor Funk (im)materiellen Profit für sich persönlich oder für seine Sache ziehen möchte. Zufälligerweise haben wir auch dazu einen Strang, in dem einige und längst nicht alle Nutznießer der Mobilfunkdebatte wie "Perlen" auf einer Schnur aufgefädelt sind.

Entschuldigung, ich habe mich jetzt mit dem ödp-Beispiel verzettelt, im Folgeposting komme ich wieder zurück aufs eigentliche Thema: Wie bilden wir uns eine Meinung.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Manipulation, Meinungsfreiheit, Springer-Verlag, Schaden, Etikettenschwindel, Alarmmeldung


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