Die Lust der Medien an German Angst (Medien)
Als es vor kurzem in Bayern einmal viel Schnee gab, ging in den Medien das Schlagwort der Schneekatastrophe um, Reporter berichteten live vor kunstvoll ausgeleuchteten schneebedeckten Scheunen- und Hausdächern. Wetterfrosch Kachelmann kritisierte das Getue vieler Medien wegen ein paar Schneeflocken mehr als übertrieben und ich stimme ihm zu. In meiner Jugend gab es gefühlt noch viel öfter und viel mehr Schnee, ohne dass dieser zur Katastrophe erklärt wurde. Damals, als manche Autofahrer noch einen Fuchsschwanz an die Teleskopantenne ihres Autoradios banden, wurde meiner Erinnerung einfach nur geschaufelt, ohne dass einem Reporter dabei zusahen.
Jetzt ist es die Kältewelle in den USA, die die Medien dazu bringt, sich in gemeldeten Minusgraden gegenseitig zu übertreffen. Momentan bietet der "Spiegel" minus 40 Grad und lässt sicherheitshalber offen, ob er von Grad Celsius oder Grad Fahrenheit redet. Dabei könnte ich beschwören, vor ein paar Minuten bot er noch minus 60 Grad. Doch jede x-beliebige Wetter-App meldet für Chicago aktuell deutlich weniger Minusgrade und morgen Mittag soll es dort kuschelige –5 °C haben – meldet z.B. wetter.com.
Die Lust der Medien an "bad news" führt anscheinend dazu, dass sie mäßig schlechte Nachrichten gerne zu mega schlechten Nachrichten aufbauschen. Das sollten wir im Hinterkopf behalten, wenn demnächst wieder einmal ein Journalist oder auch zwei meinen, Dramatisches über das mörderische Risiko Mobilfunk berichten zu müssen, um die verkaufte Auflage ihres Blattes in erfreulichere Regionen zu treiben. Viele Medien beklagen den sich weltweit ausbreitenden Extremismus im Denken und Handeln, betreiben diesen selbst in anderer Form jedoch ebenso.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –