VLC: Lichtwellen statt Funkwellen (Pilotprojekt Mainau) (Allgemein)
Für Mobilfunkgegner ist VLC (Visible Light Communication) der Rettungsring, mit dem sie der "Verstrahlung" durch Funk Paroli bieten möchten. Die Vorstellungen der Gegner sind diffus und da die Anti-Mobilfunk-Szene von technischen Laien bevölkert ist, macht das Gerücht von VLC als Ersatz für Mobilfunk (GSM, UMTS, LTE, W-LAN) den gebeutelten Mobilfunkgegnern trügerische Hoffnung.
Jüngster Aufreger ist ein auf zwei Jahre angesetztes und rund 400 k€ teures VLC-Pilotprojekt, das auf der Bodensee-Insel Mainau gestartet wurde.
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller schürt anlässlich des Starts des Pilotprojekts mit einer unglücklich formulierten Presse-Information "Mobilfunk ohne elektromagnetische Strahlung - Pilotprojekt zur funkfreien WLAN-Datenübertragung" die falschen Hoffnungen der Mobilfunkgegner. Denn mit Mobilfunk hat das Pilotprojekt nichts zu tun, lediglich ein Konferenzraum auf der Insel wird statt mit W-LAN mit VLC versorgt.
Technischer Träger des Pilotprojekts ist das Fraunhofer HHI (Heinrich Hertz Institut), Berlin. Auf der Website des HHI zeigt ein Werbefilm anschaulich Funktion und Vorteile des VLC, die Nachteile dieser Technik (z.B. Empfindlichkeit gegen Abschattung, Problematik bidirektionaler Kommunikation, Energieeffizienz) kommen nicht zur Sprache. Gleichwohl informiert die Website des HHI umfassend und technisch detailliert über VLC, auch Prototypen der Sende-/Empfangsmodule sind dort zu sehen.
Mobilfunk-Netzbetreiber werden VLC nicht als Konkurrenz bekämpfen, denn VLC wird, wenn überhaupt, nur dort Fuß fassen, wo die Nachteile dieser Technik nicht ins Gewicht fallen. Die unter Engpässen leidenden Mobilfunknetze könnten von Datenvolumen entlastet werden, das nicht zwingend über die Mobilfunknetze geschickt werden muss, so wie dies heute bereits mit W-LAN-Funkinseln geschieht. VLC könnte Marktnischen besetzen, muss sich dabei aber gegen andere Ideen durchsetzen. Das HHI selbst sieht VLC als Ergänzung zur Funktechnik, nicht als dessen Ersatz.
Bild: EMF-Datenbank BNetzA
Mobilfunkgegner der Region Konstanz ärgern sich seit langem über die Touristen, die die Blumeninsel Mainau besuchen und mit ihren Smartphones Fotos und Videos versenden. Denn die Lennart-Bernadotte-Stiftung, Eigentümer der Insel, soll sich weigern, den Mobilfunk-Netzbetreibern auf Mainau die Errichtung einer örtlichen Funk-Infrastruktur (Sendemasten) zu erlauben. Dem Vernehmen nach sind ästhetische Bedenken der Grund. Weil die Insel deshalb funkfrei ist, müssen die benachbarten Funkzellen auf dem Festland das Datenvolumen der Insel-Touristen mit übernehmen. Die dadurch verursachte "Mehrbelastung" der Anwohner ist den örtlichen Mobilfunkgegnern ein Dorn im Auge. Objektive Angaben zu dieser fremdverschuldeten "Mehrbelastung" gibt es nicht. Da die Grenzwerte aller Voraussicht nach auch vor Ort mit geringem Ausschöpfungsgrad eingehalten werden, ruhen die Bedenken der Konstanzer Mobilfunkgegner auf gefühlten Ängsten statt auf konkreten Daten. Wie in der Anti-Mobilfunk-Szene üblich, werden Bedenken, wenn sie erst einmal aus der Wunderlampe gelassen wurden, nicht mehr grundsätzlich hinterfragt, sondern ohne weitere Betrachtung als wahr und berechtigt angenommen.
Hintergrund
Die Anti-Mobilfunk-Szene klammert sich auch an absurde Alternativen zu den elektromagnetischen Wellen. Am 27. Oktober 2001 z.B. fand im Landratsamt der bayerischen Kleinstadt Bad Tölz Weltbewegendes statt: Dr. Hartmut Müller vom Institut für Raum-Energie-Forschung, telefonierte angeblich erstmals mit Gravitationswellen als Übertragungsmedium mit einem russischen Kollegen in St. Petersburg. Mit dem von Müller entwickelten G-Element "kann Sprache auf stehende Gravitationswellen moduliert werden, die das Universum wie ein Medium durchfluten." Das ist praktisch, kann man so doch verzögerungsfrei mit seinem Onkel auf dem Mars telefonieren. Dokumentiert ist dieser pseudowissenschaftliche Versuch, der unter dem Stichwort "G-Com" lief, beispielsweise <hier>. Inzwischen wird Dr. Müller Zeitungsberichten zufolge polizeilich gesucht. Dies und mehr gibt es <dort>.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –