Bitte tut Deutschland einen gefallen und begeht Selbstmord (Allgemein)
Der Ton zwischen den Kontrahenten der Mobilfunkdebatte ist rau, aber herzlos. Dass es auch anders geht, zeigt der Auszug aus dem jüngsten Newsletter der unbequemen Faktenchecker von Correctiv, verfasst von Chefredakteur Justus von Daniels.
Liebe Leserin, lieber Leser,
was passiert heute, wenn meine Kolleginnen und Kollegen unser Büro verlassen? Welche juristischen Attacken erwarten uns nach dieser Recherche? Ich stelle mir diese Fragen immer wieder, besonders dann, wenn wir brisante Recherchen veröffentlichen.
Nach Veröffentlichung unserer Geheimplan-Recherche belagerten drei Männer einen Tag lang unser Büro und beobachteten uns. Unsere Journalisten fanden schnell heraus, dass es sich um Rechtsextreme und Querdenker handelte. Sie filmten unser Bürogebäude und die ein- und ausgehenden Mitarbeitenden. Es war nicht das erste Mal, dass Unbekannte mit Kameras aufgekreuzt sind. Auch in digitaler Form erreichen uns täglich Nachrichten wie diese:
„Bitte tut Deutschland einen gefallen und begeht Selbstmord.“
„werden uns mal ein paar von euch Ratten schnappen und entdärmen!“
„Pack deinen Koffer, wir schieben dich ab“
Menschen greifen uns an, weil wir ihnen mit unseren Recherchen oder Faktenchecks unbequem werden. Manche werden aggressiv, weil sie Journalistinnen und Journalisten als Feinde ihres Weltbildes sehen. Sie versuchen uns einzuschüchtern, um ihre Meinung durchzusetzen – in Form von hasserfüllten Nachrichten, diffamierenden Berichten oder juristischen Attacken, die nur darauf abzielen, Zweifel zu säen.
Bereits während der Covid-Pandemie nahmen die Angriffe auf uns zu, nach der Veröffentlichung der Geheimplan-Recherche im Januar erreichten sie ein neues Ausmaß.
In juristischen Auseinandersetzungen gewinnt Correctiv seit Anfang des Jahres diese Prozesse größtenteils. Doch diese Verfahren kosten viel Geld. Allein die juristischen Kosten für die Recherchen zum Geheimtreffen in Potsdam belaufen sich auf über 100.000 Euro.
Einschüchterungsversuche bedrohen uns, unsere Freiheit und unsere freie Pressearbeit. Um es klar zu sagen: Ein Angriff auf Medienschaffende ist ein Angriff auf alle, die in einer offenen Gesellschaft leben wollen. Deshalb legen wir unsere Erfahrungen damit offen. Wir lassen nicht zu, dass Hass wirkt.
Unser Ziel ist es, frei von politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu recherchieren. Dabei arbeiten wir transparent und nachvollziehbar, nachhaltig und mit Ausdauer. Unsere Themen und Tätigkeiten wählen wir selbst. [...]
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