Mobilfunkgegner sind dumm, bescheuert oder Gewinnler (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 13.05.2022, 13:01 (vor 1099 Tagen)

Viele Mobilfunkgegner sind, was ihr Thema angeht, einfach nur dumm, weil sie von Frontleuten in Umlauf gebrachte unvernünftige Parolen nachplappern. Fast alle übrigen sind nicht dumm, sondern bescheuert, weil sie einer irrationalen Idee nachjagen. Der kleine Rest ist weder dumm noch bescheuert, diese Taktgeber ziehen aus der Instrumentalisierung der Dummen und Bescherten materiellen oder immateriellen Profit. Was wie eine dumme Beschimpfung von Mobilfunkgegnern aussieht, habe ich dem Philosophen Matthias Warkus abgeschaut. Er meint: Ein Mensch kann noch so clever und vorausschauend handeln – das bedeutet noch lange nicht, dass Vernunft im Spiel ist.

Vernunft ist schon eine tolle Sache. Dank ihr hat der Mensch viel erreicht: Mit Hilfe mathematischer Modelle können wir weite Teile der beobachtbaren Welt beschreiben; die Technik hat uns auf den Mond geschickt, große Teleskope ins Weltall und Sonden in die Nähe aller Planeten gebracht. Es ist aber eine Binsenweisheit, dass längst nicht alles auf der Erde vernünftig zugeht. Man kann sich darüber streiten, inwieweit dies der Fall ist – es gibt da alle möglichen Urteile, von der Vorstellung, die Erde sei ein Höllenort, bis zu jener, es laufe bis auf ein paar lösbare Probleme recht gut. Dass es aber gewisse »Vernunftdefizite« gibt, streitet niemand ab. Ein Grund für diese Defizite ist, dass man verschiedene Arten von Vernunft, von Rationalität, unterscheiden kann – von denen manche in sich geradezu unvernünftig sein können.

Ich möchte dies an zwei Beispielen besprechen. Stellen Sie sich zunächst jemanden vor – nennen wir ihn Axel –, der sein ganzes Leben in den Dienst einer einzigen Aufgabe gestellt hat: nachzuweisen, dass die Erde hohl ist, mit einer nur vier Kilometer dicken Schale. Dazu möchte er mit einem selbstentwickelten Gerät ein hinreichend tiefes Loch bohren. Den Bohrgeräten der Industrie vertraut er nicht. Axel wird promovierter Naturwissenschaftler, eignet sich sämtliches Know-how an, das man zum Bohren braucht, kauft ein Grundstück, errichtet einen Bohrturm und zieht sein Projekt effizient und zielstrebig durch, ohne größere Fehler zu machen oder Ressourcen zu verschwenden. Am Ende bohrt er ein vier Kilometer tiefes Loch und stellt fest, dass die Erdkruste wohl dicker sein muss als vier Kilometer. Sein Glaube an die Hohlwelt bleibt unerschütterlich. Die Menschheit hat in keinerlei Hinsicht irgendeinen Fortschritt gemacht. weiter ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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