Tests und Messungen mit adaptiven Antennen (Technik)

Gast, Montag, 03.05.2021, 23:50 (vor 1476 Tagen)

Auszug von der Webseite "Mobile Kommunikation: Auf dem Weg zu 5G" des Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom):

[...] Im März 2020 beauftragte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) das Bakom, Tests mit adaptiven Antennen durchzuführen.

Die im Rahmen dieses Auftrags vorgenommenen Messungen und Simulationen zeigen Folgendes:

► Die mittlere Exposition um die adaptiven Antennen ist deutlich geringer als um die herkömmlichen Antennen.
► Die herkömmlichen Antennen senden vor allem zur Mitte ihres Versorgungsbereichs. Je weiter sich der Benutzer oder die Benutzerin von diesem zentralen Teil befindet, desto geringer wird die Qualität der Übertragung. Die adaptiven Antennen hingegen senden die Daten gezielt an das Endgerät, unabhängig von dessen Position im Versorgungsbereichs. Die Kommunikation behält die gleiche Qualität und Geschwindigkeit, auch am Rande der Zone.
► Die Power-Lock-Funktion (automatische Leistungsbegrenzung), die in jede adaptive Antenne integriert sein muss, gewährleistet die Einhaltung der Grenzwerte, indem sie die Sendeleistung auf den entsprechenden Mittelwert begrenzt.

Der Bericht "Testkonzession und Messungen adaptive Antennen" vom 24. September 2021 enthält die Ergebnisse der im Sommer 2020 an zwei 5G-Basisstationen durchgeführten Messungen sowie Computersimulationen zur Validierung dieser Messungen. Mit zusätzlichen Simulationen konnte ausserdem die Exposition gegenüber nichtionisierender Strahlung (NIR) visualisiert werden, wenn die gleiche Antenne einen oder mehrere Benutzer bedient, wobei den vielen möglichen Konfigurationen Rechnung getragen wurde.

Bericht Testkonzession und Messungen adaptive Antennen vom 24.09.2020 (PDF, 5 MB, 23.02.2021)

Der Bericht-Nachtrag "Testkonzession und Messungen adaptive Antennen Nachtrag" vom 8. Februar 2021 bestätigt die Messungen und Simulationen des ersten Berichts und bescheinigt die Zuverlässigkeit der Power-Lock-Funktion, mit der die Sendeleistung von adaptiven Antennen automatisch auf einen Mittelwert beschränkt wird.

Bericht-Nachtrag Testkonzession und Messungen adaptive Antennen vom 08.02.2021 (PDF, 4 MB, 23.02.2021)

Diese beiden Dokumente zeigen, dass die Methode zur Beurteilung der Exposition durch eine konventionelle Antenne nicht unverändert für adaptive Antennen angewendet werden kann. In der Tat wird mit dieser Methode die tatsächliche mittlere Exposition durch adaptive Antennen deutlich überschätzt. Die Vollzugshilfe für den Umgang mit adaptiven Antennen führt deshalb einen Korrekturfaktor ein, mit dem sichergestellt werden kann, dass beide Antennentypen gleichbehandelt und die Grenzwerte der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV, SR 814.710) eingehalten werden.

Die Ergebnisse der vom Bakom durchgeführten Tests und Messungen haben wesentlich zur Erarbeitung der vom Bundesamt für Umwelt herausgegebenen Vollzugshilfe für adaptive Antennen beigetragen. [...]

Messungen an adaptiven 5G-Antennen im Regelbetrieb

H. Lamarr @, München, Sonntag, 12.09.2021, 21:18 (vor 1344 Tagen) @ Gast

Der Bericht-Nachtrag "Testkonzession und Messungen adaptive Antennen Nachtrag" vom 8. Februar 2021 bestätigt die Messungen und Simulationen des ersten Berichts und bescheinigt die Zuverlässigkeit der Power-Lock-Funktion, mit der die Sendeleistung von adaptiven Antennen automatisch auf einen Mittelwert beschränkt wird.

Bericht-Nachtrag Testkonzession und Messungen adaptive Antennen vom 08.02.2021 (PDF, 4 MB, 23.02.2021)

Diesem 17-seitigen Dokument des Schweizer Bakom gebe ich eine Leseempfehlung, da es die Messprozedur an adaptiven 5G-Antennen detailreich und gut nachvollziehbar sowohl beschreibt als auch erklärt. Wer überhaupt keine Vorkenntnisse in Funktechnik hat, dürfte von den Ausführungen allerdings eher abgeschreckt denn angezogen werden.

Das Papier betrachtet gezielt eine Besonderheit der Immission durch adaptiven 5G-Antennen, die exklusiv für die Schweiz gilt: Die automatische Leistungsregelung, die dafür sorgt, dass die tiefen Schweizer Anlagegrenzwerte von je nach Trägerfrequenz 4 V/m bis 6 V/m über sechs Minuten gemittelt stets eingehalten werden.

Der Bericht nennt Immissionswerte für unterschiedliche Szenarien:

► Untersuchter Standort sendet keine Traffic-Beams aus, sondern nur die Signalisierung.
► Beide Test-Smartphones befinden sich an Messpunkt 1 (Single Beam).
► Beide Test-Smartphones befinden sich an Messpunkt 2 (Single Beam).
► Ein Test-Smartphone befindet sich an Messpunkt 1, das andere an Messpunkt 2 (Dual Beam).
► Immissionsunterschied zwischen Signalisierung und Traffic.
► Immissionsunterschied für Situation "im Beam" und "außerhalb des Beams".

Und es gibt auch einleuchtende Begründungen für die Beobachtung, warum die gemessene Immission stets deutlich unter der berechneten Immission lag.

Hier einige Auszüge aus dem Bericht zur Appetitanregung:

Die heute angewendete Beurteilungsmethode betrachtet den Spitzenwert der Feldstärke, wie es bei der Exposition mit dem 2G-Mobilfunk (GSM) und seinen starren Senderichtungen angebracht war. Mit dem 5G-Mobilfunk liegt nun eine Aussendung vor, die dank der grossen Bandbreite und der gezielten Senderichtung aus sehr kurzen Datenpaketen besteht, auf welche anschliessend lange Sendepausen folgen. Die Charakteristik der Exposition durch diese neue Funktechnologie soll dargestellt werden. [...]

[...] Der begonnene Einsatz der 5G-Mobilfunktechnologie wird den Betrieb neuer Technologien, insbesondere den Einsatz adaptiver Antennen, ermöglichen. Während die heute verwendeten Antennen eine bestimmte und stabile Strahlung in alle Richtungen haben, ermöglichen adaptive Antennen, die Strahlung bezüglich den aktiven Benutzern auszurichten. Ein Beobachter, der sich z.B. an einem Ort mit empfindlicher Nutzung (OMEN) befindet, wird somit von der Strahlung mit zeitveränderlicher Abstrahlcharakteristik exponiert. Wenn der Strahl nicht in seine Richtung gelenkt wird, ist die Exposition gering, wenn er in seine Richtung gelenkt wird, ist sie höher. Das vorliegende Mandat sollte es ermöglichen, diese Exposition zu definieren. [...]

[...] Der vorliegende Bericht des BAKOM enthält konkrete Vorschläge für eine Expositionsabschätzung [...]

[...] Die Feldstärke wird mit einer Breitbandmessung (Messgerät SRM3006) sowie einer Spektrumsmessung (Messgerät Gauss TDEMI X6) aufgezeichnet. Zwei Endgeräte werden so in der Funkzelle betrieben, bewegt und positioniert, dass die Basisstation entweder keinen, einen oder zwei Datenströme aussendet. Die Endgeräte sind so konfiguriert, dass sie dauernd Daten herunterladen und dabei von der Basisstation mit einer möglichst grossen Datenrate versorgt werden. Die Messungen werden aus Gründen der praktischen Durchführung auf zwei Endgeräte und damit auf zwei Datenströme beschränkt. [...]

[...] Mit den Smartphones (UE) werden mittels einer Test-SW grösst mögliche Downloads (DL) ausgeführt. Dabei entsteht ein Traffic-Beam zu diesem UE, welcher die maximalen Kanalresourcen und die aktuellen Empfangsbedingungen so gut wie möglich ausschöpfen. Die Basisstation stellt dabei den effizientesten Traffic-Beam ein.
Die Power-Lock-Funktion gewährleistet, dass eine bestimmte Sendeleistung (z. B. die bewilligte Sendeleistung) im 6-Minutenmittel nicht überschritten wird. Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der Feldstärkemessung über die Zeit. Da es sich um einen reellen Betrieb handelt, optimiert die Basisstation kontinuierlich die aktiven Traffic-Beams. Beim Verschieben der UE’s reagiert die Basisstation auf die aktuellen Funkbedingungen (Reflektionen und Abschattungen). Die Smartphones werden daher möglichst bewegungslos in der gleichen Position beim MP1 gehalten. [...]

Ergebnisse
a) Ohne Traffic wird an beiden Messpunkten eine Exposition von 0.109 V/m resp. 0.050 V/m gemessen, dies entspricht einer rückberechneten Sendeleistung ERP von 4.6 W resp. 1.0 W.
b) Im Single-Beam wird eine Exposition von 0.873 V/m resp. 0.778 V/m gemessen, dies entspricht einer Sendeleistung ERP von 294.9 W resp. 234.2 W.
c) Ausserhalb des Single-Beam wird eine Exposition von 0.122 V/m resp. 0.093 V/m gemessen, dies entspricht einer Sendeleistung ERP von 5.8 W resp. 3.4 W.
d) Im Dual-Beam wird eine Exposition von 0.589 V/m resp. 0.559 V/m gemessen, dies entspricht einer Sendeleistung ERP von 134.2 W resp. 121.0 W.

Folgerungen
1) Wird nur ein Beam gesendet, ergibt dies aufgrund der gemessenen Feldstärke im Abstand von 138m eine Sendeleistung ERP von 234.2 W resp. 294.9 W.
2) Ausserhalb des Beams wird das Signal zw. ~17dB – 18dB reduziert gemessen. Die Differenz zwischen der gemessenen Feldstärke «im Beam» und der Feldstärke «nicht im Beam» ist am Messpunkt 1 17.09dB (113.87 – 96.78 dBμV/m) und am Messpunkt 2 18.41dB (112.87 – 94.46 dBμV/m);
3) Die Exposition durch die Signalisation liegt zw. ~18dB – 23dB unterhalb der Exposition im Single-Beam. Die Differenz zwischen der gemessenen Feldstärke im Beam und der Feldstärke nur mit der Signalisation beträgt am Messpunkt 1 18.05dB (113.87 – 95.82 dBμV/m) und am Messpunkt 2 23.82dB (112.87 – 89.05 dBμV/m). [...]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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