Volksinitiativen in der Schweiz: Betrugsvorwürfe (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 14.09.2024, 23:49 (vor 4 Tagen)

In der Schweiz gibt es derzeit erhebliche Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit Unterschriftensammlungen für Volksinitiativen. Mit einer eidgenössischen Volksinitiative können Bürgerinnen und Bürger die Bundesverfassung ändern. Mehrere kommerzielle Unternehmen sollen ohne Auftrag Unterschriften gesammelt haben, um diese den Initiativkomitees zum Kauf anzubieten. Dabei wurden möglicherweise gefälschte Unterschriften verwendet.

Die Bundeskanzlei hat daraufhin Maßnahmen ergriffen und will nun alle Unterschriftenlisten strenger überprüfen, um Manipulationen zu verhindern. Die Bundesanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen, um die Vorwürfe zu untersuchen.

Bundeskanzler Rossi informierte am 13. September 2024 die Journalist:innen in Bern darüber, wie der Bundesrat auf den Unterschriftenbetrug durch kommerzielle Sammelfirmen reagieren will.

Dazu teilt Daniel Graf von We Collect (Plattform für direkte Demokratie) mit:

Nach wenigen Minuten war klar: Wie das Parlament hat auch der Bundesrat entschieden, den Verkauf von Unterschriften nicht zu unterbinden. Verschärfte Kontrollmassnahmen und ein Monitoring mit den Kantonen sollen genügen, Manipulationen und Fälschungen – soweit überhaupt möglich – zu erkennen.

Reicht das, um das angeschlagene Vertrauen in die Demokratie wiederherzustellen? Leider nein. Die einzige wirksame Massnahme, um den kriminellen Machenschaften einen Riegel zu schieben, wäre ein vorläufiger Sammelstopp für dubiose Sammelfirmen. Zudem stellt sich die Frage, ob die Bevölkerung damit einverstanden ist, dass Unterschriften zur Ware werden. Für mich wäre das ein Ausverkauf der Demokratie, wie wir sie heute in der Schweiz kennen und schätzen.

Haben Sie gestern Abend die Tagesschau gesehen oder das Echo der Zeit gehört? Nachdem über 10'000 Personen den offenen Brief «Stopp dem Unterschriftenverkauf» unterzeichnet haben, haben wir uns kurzfristig entschlossen, eine Medienkonferenz in Bern durchzuführen und unser Anliegen dem Bundesrat und dem Parlament zu übergeben. Wir hatten den Eindruck, dass es wichtig ist, den politischen Druck weiter zu erhöhen. Die heutige Medienkonferenz hat uns Recht gegeben.

Was mich in den nächsten Wochen noch beschäftigen wird: Die Kosten des Betrugs tragen jetzt die Falschen. Das sind all die engagierten Menschen, die sich in ihrer Freizeit für Initiativen und Referenden einsetzen. Wer in den nächsten Monaten auf der Straße sammelt, wird es spüren: Die Verunsicherung, ja die Angst vor Betrug ist durch den Fälschungsskandal gestiegen. Der Zeitaufwand, eine Unterschrift zu erhalten, wird steigen.

Und was bedeutet das? Auch der Preis, den kommerzielle Unternehmen für eine Unterschrift verlangen können, steigt – in den letzten zehn Jahren von 2 auf fast 10 Franken. Das ist ein Teufelskreis, den wir durchbrechen müssen! Unsere lebendige Demokratie darf nicht zum Abzocker-Marktplatz verkommen.

Kommentar: Haben die Initiativkomitees das unsittliche Kaufangebot verschwiegen oder brav den Behörden gemeldet? Eine Antwort darauf fände ich mit Blick auf die drei gescheiterten Volksinitiativen Schweizerischer Mobilfunkgegner spannend, erstrangig für die "Mobilfunk-Haftungsinitiative".

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Volksinitiativen in der Schweiz: Betrugsvorwürfe

H. Lamarr @, München, Sonntag, 15.09.2024, 00:52 (vor 4 Tagen) @ H. Lamarr

Dazu teilt Daniel Graf von We Collect (Plattform für direkte Demokratie) mit:

Zuvor, am 12. September 2024, schrieb Daniel Graf:

Es ist schon spät, aber ich muss Ihnen noch schreiben. Heute Abend sind Medienberichte erschienen, die zeigen: Das Geschäft mit gekauften Unterschriften ist skrupellos.

Kommerzielle Firmen sammeln ohne Auftrag und setzen dann Komitees unter Druck, diese Unterschriften zu kaufen. Wenn nicht bezahlt wird, landen die Unterschriften im Altpapier.

Noch schwerer wiegt der Verdacht, dass Tausende von Unterschriften von solchen Firmen gefälscht wurden – mit korrekten Personalien. So haben die Gemeinden bei der Kontrolle keine Chance, den Betrug aufzudecken.

Wer also über Karteien oder Datensätze mit Personendaten verfügt, kann mit Fälschungen viel Geld verdienen. Eine Unterschrift kostet über 7 Franken. Und oft werden Zehntausende von Unterschriften geliefert! [...]

Kommentar: Wie hier im Forum nachzulesen ist, sind auch einige organisierte Mobilfunkgegner stark daran interessiert, Datensätze mit Personendaten anzulegen, ohne zu erklären, welchem Zweck die Sammelwut dient.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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