Mobilfunkfreundlicher Professor (Allgemein)
Knapp eine Woche nach ihrer Vorstellung, haben 21 bei Google-News gelistete Nachrichtenmedien über die Replikationsstudie berichtet. Gemessen an der Bedeutung der Studie kein besonders umwerfendes Medienecho, zumal die ganz großen Medienhäuser fehlen.
Gleich in einer der ersten Veröffentlichungen schrieb ein Journalist über Alexander Lerchl, dieser gelte als "mobilfunkfreundlicher Professor". Als heute auch die Ärzte-Zeitung auf diesen Zug aufsprang, habe ich nachgesehen, wer alles vom "mobilfunkfreundlichen Professor" geschrieben hat. Das Ergebnis ist für die schreibende Zunft kein Ruhmesblatt. Urheber der Formulierung ist der Journalist Eckhard Stengel, er schrieb sie als erster am 6. März in der Osnabrücker Zeitung. Die anderen vier Vorkommen sind dreimal mehr oder weniger vollständige Übernahmen des Stengel-Textes, einmal wurde nur die Passage abgeschrieben und geringfügig geändert:
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Ein Original
Osnabrücker Zeitung (6. März, von Eckhard Stengel): "Für die einzelnen Verbraucher sieht der als mobilfunkfreundlich geltende Professor bisher keinen Handlungsbedarf. Denn seine Versuchsanordnung sei ein Worst-Case-Szenario gewesen, also sehr extrem [...]"
Vier Kopien
Frankfurter Rundschau (7. März, von Eckhard Stengel): "Für die einzelnen Verbraucher sieht der als mobilfunkfreundlich geltende Professor bisher keinen Handlungsbedarf. Denn seine Versuchsanordnung sei ein Worst-Case-Szenario gewesen, also sehr extrem [...]"
Nachrichten Heute Deutschland (7. März, von admin): "Für die einzelnen Verbraucher sieht der als mobilfunkfreundlich geltende Professor bisher keinen Handlungsbedarf. Denn seine Versuchsanordnung sei ein Worst-Situation-Szenario gewesen, also sehr extrem [...]"
WAZ (7. März, von Unbekannt): "Für Menschen sieht der als mobilfunkfreundlich geltende Professor bisher keinen Handlungsbedarf. Denn seine Versuchsanordnung sei ein Worst-Case-Szenario gewesen, also sehr extrem."
Ärzte-Zeitung (12. März, von "stg"): "Für die einzelnen Verbraucher sieht der als eher mobilfunkfreundlich geltende Professor bisher keinen Handlungsbedarf. Denn seine Versuchsanordnung sei ein Worst-Case-Szenario gewesen [...]"
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Fünf Vorkommen, die alle auf nur eine einzige Vorlage zurückzuführen sind! So schaden Journalisten dem Ruf eines Professors fast mühelos.
Wie mag Eckhard Stengel zu der Behauptung gekommen sein, Lerchl gelte als "mobilfunkfreundlicher Professor"? Sieht man, dass Stengel am 6. März nur wenige Stunden nach Herausgabe der Presse-Information der Jacobs University seinen Beitrag in der Osnarbrücker Zeitung (online) platzierte, ist der Schluss zulässig, der Journalist hat nicht viel Zeit gehabt. Üblicherweise schauen Journalisten kurz im www nach, ob es über die Personen eines Beitrags Hintergrundinformationen gibt. Stengel müssen die Augen übergegangen sein, als er nach Lerchl googelte. Jeder hier weiß, wie übel der Professor im Netz diffamiert wird, von gerade einmal einer handvoll Mobilfunkgegner. Doch Journalist Stengel kennt die Zusammenhänge nicht, stöbert kurz durch die Diffamierungen und schließt daraus, Lerchl gelte als "mobilfunkfreundlicher Professor". Das Vergehen des Journalisten besteht nur darin, nicht erkannt zu haben, dass seine Beobachtung richtig ist, jedoch allein für Mobilfunkgegner zutrifft. Deren Sicht auf Lerchl ist jedoch belanglos, Mobilfunkgegner diffamieren jeden Wissenschaftler, der ihnen nicht in den Kram passt. Diese inkompetenten Werturteile überstehen Wissenschaftler in aller Regel ohne größere Blessuren. Anders bei Lerchl. Er hat mit dem Ex-Tabaklobbyisten Prof. Franz Adlkofer einen Feind, der auch vor schäumender Polemik nicht zurückschreckt, um dem Bremer Professor wo er nur kann das stigmatisierende Etikett "mobilfunkfreundlich" anzukleben.
Ironie des Schicksals: Selbst wenn Lerchl wie jetzt geschehen eine Alarmstudie vorstellt, klebt ihm dennoch ein unachtsamer Journalist das Schild "mobilfunkfreundlich" an und andere Journalisten schreiben das auch noch ab.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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08.03.2015, 13:34
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