Umweltinstitut berücksichtigt Versorgungziele der Betreiber (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 06.01.2014, 21:37 (vor 3958 Tagen) @ KlaKla

Anderer Blickwinkel, für mich sieht es so aus, dass das Umweltinstitut München die Interessen der Betreiber umsetzt, sich aber von der Gemeinde bezahlen lässt.

Das ist so. Und das Umweltinstitut macht daraus auch gar keinen Hehl, denn im Anhang des Herrenberg-Gutachtens kannst du lesen:

Zentraler Ansatz der Untersuchung in Anlehnung an die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission ist die Minimierung der im Außenbereich der Wohnbebauung und wohnähnlich genutzten Gebäude auftretenden Leistungsflussdichte unter Berücksichtigung der netzbetreiberseitigen Versorgungsziele.

(Findest du unter 7.3.2, denn gezielt nach Text durchsuchen kannst du das Dokument sinnigerweise nicht).

Ohne Mithilfe der Betreiber kann das UI gar keine "realitätsnahen" Prognosen machen (mehr dazu unten), wahrscheinlich ist die Berücksichtigung ihrer Versorgungsziele die grundlegende Voraussetzung dafür, dass die Betreiber überhaupt ihre Planungsdaten an das UI herausgeben. Dieser Aspekt ist besonders für das kommende Gutachten "Eggersberg" interessant, denn die Eggersberger Bürger wollten auf Biegen und Brechen, dass das UI in die Kristallkugel schaut, allen anderen würden sie nicht über den Weg trauen. Wenn die wüssten ...:waving:

Die Gemeinde sollte lt. Gäubote im Okt. 2013 über die Vorschläge des UI entscheiden. Der hier veröffentlichte Lageplan trägt das Datum vom 29.08.2013. Also hat Vodafone schon gut einen Monat zuvor den Auftrag erteilt, für diesen Standort einen Lageplan zu erstellen.

Netter Gedanke, stimmt aber nicht ganz.

Schon im März 2013 war durch Gemeinderatsbeschluss der 30-Meter-Mast beschlossene Sache gewesen.

Anfang Oktober wurde dann über Presseberichte bekannt, dass eine Aufstockung des Masten um 10 Meter angestrebt wird. Wer genau diese Aufstockung ins Spiel gebracht hat wäre interessant zu wissen, ist aber in öffentlich erreichbaren Quellen nicht ersichtlich. Es wird nur berichtet, der Wunsch wäre aus dem Gemeinderat gekommen. Da könnte Jörn Gutbier als Ratsmitglied eingewirkt haben, muss er aber nicht. Dass er die Aufstockung initiert hat, dagegen spricht, dass er sich später im TA nicht dafür aussprach, sondern der Stimme enthalten hat.

Nutznießer der Aufstockung war wieder das Umweltinstitut. Herr Ulrich-Raithel musste zuerst in Herrenberg antanzen und dem TA Rede und Antwort stehen, danach musste er sein Gutachten an den neuen Stand anpassen. Unwahrscheinlich, dass er das alles unbezahlt machte.

Der Lageplan des neuen 40-Meter-Masten vom 29.08.2013 besagt, dass das ausführende Ingenieurbüro schon am 24. Juli vor Ort die Höhenwerte genommen hat. Das heißt: Der Beschluss des Gemeinderats im März 2013 für den 30-Meter-Masten ist unerwartet schnell Makulatur geworden, wenn schon im Juli für den 40-Meter-Mast Maß genommen wurde. Erst drei Monate später (24.10.13) wurde der Lageplan bei Vodafone abgezeichnet.

Bis das dann alles durch den TA durch und im Gemeinderat zum Beschließen angekommen war, war es schließlich 26. November 2013.

Weitere Details in diesem Dokument der Stadt vom 12.11.2013. Dort wird auch die Diskepanz des von der IG genannten Immissionswerts zu dem vom UI genannten Wert deutlich:

Auf Anfrage im Technischen Ausschuss hat das Umweltinstitut im Rahmen einer ergänzenden Immissionsprognose festgestellt, dass mit der Anhebung des Masts von 30,00 m auf 40,00 m der Prognosewert im betreiberneutralen Vergleich am Immissionspunkt von 1,7 V/m auf 1,4 V/m (U01 vi) und unter Berücksichtigung der von den Betreibern angegebenen Parametern von 4,3 V/m auf 2,8 V/m (U01 vi) absinkt.

Da hat sich in den Text ein kleiner Fehler eingeschlichen, denn statt ... 4,3 V/m auf 2,8 V/m (U01 vi) müsste es heißen ... 4,3 V/m auf 2,8 V/m (U01 ni). Die Werte von Immissionspunkten mit "v" (Vergleich) beruhen auf einer frei angenommenen "typischen" Mastbestückung und Sendeleistung. Dies dient dazu unterschiedliche Szenarien durch relative Betrachtung vergleichbarer zu machen, mit der realen absoluten Immission haben diese Werte jedoch nicht viel zu tun. Deshalb nennt Ulrich-Raithel zusätzlich zu den "v"-Werten, die eher von akademischen Interesse sind, noch "n"-Werte (Netzbetreiber): Das sind Werte, die auf den von Netzbetreibern bei der BNetzA beantragten maximalen Sendeleistungen beruhen. Da Betreiber gern deutlich höhere Sendeleistungen beantragen, als sie dann später bei der Aufschaltung eines Standorts auch nutzen, sind auch die "n"-Prognosen kein Abbild der zu erwartenden Realität, die prognostizierte Immission ist aller Voraussicht nach deutlich zu hoch.

(In dem veröffentlichten Fragment der ergänzenden Immissionsprognose spricht Ulrich-Raithel vom Immissionspunkt U01 ni).

Ich meine man merkt jetzt auch als Laie, dass diese Prognosen auf einem Turm von Wenn & Aber-Einschränkungen stehen und deshalb wegen der verfahrensimmanent großen Unsicherheiten mMn zu 99,9 Prozent wertlos sind. Denn es ist ja auch ohne Prognose klar, dass 99 Prozent der Bewohner mit nur minimaler Immission zu rechnen haben. Und das 1 Prozent, das nahe eines Standorts oben unter Dächern im Hauptstrahl lebt, das berücksichtigt Ulrich-Raithel mit seiner 4-Meter-Immissionsebene überhaupt nicht. Bei Licht besehen ist so ein Gutachten für mich nur ein Haufen Papier, mit wunderschönen Grafiken und wohlformulierten Sätzen, deren technische Bedeutung vermutlich die wenigsten Auftraggeber wirklich verstehen, jedoch, vom Brennwert einmal abgesehen, ohne jeden praktischen Nutzen - allein gut, um sich als Rat zufrieden zurück zu lehnen, mit der Gewissheit, etwas getan zu haben. Stimmt ja auch: Es wurde sinnlos Geld verpulvert.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Filz, Geschäftsidee, Blendwerk, Toleranz, Schafspelz, Netzbetreiber, Immissionsprognose, Funktechanalyse, Prognose, Eisenreich, Bebauung, Ulrich, Täuchung, Prognosewert


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