Bestätigungsfehler: Der Selbstbetrug der Eva W. aus O. in M. (Elektrosensibilität)
Unermüdlich kreuzt die selbstdiagnostizierte "Elektrosensible" Eva W. aus O. in M. im www auf der Suche nach Bestätigung für ihre schräge Überzeugung, Mobilfunk sei Teufelszeug und Funkstrahlung vergällte ihr seit 20 Jahren den geruhsamen Lebensabend. Doch mit ihren Beutezügen im Internet betreibt Frau W. aus meiner Sicht Selbstbetrug, sie gibt sich unbewusst dem Bestätigungsfehler hin.
Auslöser dieses Postings ist diese Beute, die Eva W. heute im Gigaherz-Forum stolz präsentiert. Gefangen hat sie diese auf Microsofts Nachrichtenseite MSN (Primärquelle ist Telepolis). Ein gewisser Arno Kleinebeckel hat bei ihr mit seinem Artikel Jugendliche am Abgrund: Warum unser Bildungssystem versagt offensichtlich ins Schwarze getroffen. Wie immer kommentiert die "Elektrosensible" ihr Beutestück mit bedauernden Worten über ihr schweres Los, diesmal wieder ausgeschmückt mit einer erlebten Anekdote (momentan 2249 andere Postings von Eva W. im GHz-Forum).
Was qualifiziert Arno Kleinebeckel?
Wer aber ist Arno Kleinebeckel? Ein Bildungspolitiker oder gar ein Wissenschaftler vom Fach ist er nicht, sondern dieser Quelle zufolge Textjournalist, Sachbuchautor und Lyriker. Nicht weiter tragisch, bis drauf, dass Kleinebeckel in seinem Artikel aller Voraussicht nach seine persönliche Einschätzung über deutsche Bildungspolitik zum Besten gibt. Kann man so machen, doch ob Jugendliche heute tatsächlich am Abgrund stehen und morgen womöglich schon einen Schritt weiter sind, darüber kann man geteilter Meinung sein. So wie der Journalist Peter Novak, der sich 2021 während Corona über eine andere plakative Titelzeile Kleinebeckels wunderte ("Fußball-EM: Der Tod sitzt auf den Rängen") und rückblickend auf die mittelalterlichen Pestwellen optimistisch meint: Es war ein nicht zu unterschätzendes Verdienst von Aufklärern, die Menschen daran zu erinnern, dass es ein Leben vor dem Tod gibt. Manchmal scheint es, als hätten das viele Menschen wieder vergessen.
Kleinebeckels düstere Zukunftsaussichten sind nur eine Meinung von vielen Meinungen über das deutsche Bildungswesen. Und weil der Mann kein anerkannter Experte vom Fach ist, hat seine Meinung für mich keinen hohen Stellenwert. Eva W. aber ist von Kleinebeckels Artikel so angetan, dass sie ihn teilt. Womit wir jetzt endlich beim Bestätigungsfehler angekommen sind.
Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)
Ein Bestätigungsfehler (auch Bestätigungstendenz oder Bestätigungsverzerrung, engl. confirmation bias) ist ein Begriff der Kognitionspsychologie, der die Neigung bezeichnet, Informationen so zu ermitteln, auszuwählen und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen (bestätigen). Die erste Theorie zu dieser kognitiven Verzerrung stammt von Peter Wason (1960, 1968). Der Bestätigungsfehler betrifft viele Prozesse der Informationsverarbeitung und wird mittlerweile als Grundlage für verschiedene Verzerrungen und Urteilsfehler angesehen. (Quelle)
Auf karrierebibel.de wird Nils Warkentin deutlicher und lässt den Bestätigungsfehler so konkret und treffend Gestalt annehmen, dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, Eva W. habe dem Autor für seine Ausführungen Modell gestanden. Machen Sie sich selbst ein Bild anhand folgender Kostprobe:
Oft ist es schwierig bis unmöglich, einen Gesprächspartner zu überzeugen. Selbst beste Argumente, cleverste Erwiderungen oder nicht zu widerlegende Fakten haben nahezu keinen Effekt. Vielleicht ist Ihr Gegenüber besonders stur – oder er leidet unter dem Confirmation Bias (deutsch: Bestätigungsfehler). Das ist eine Form des unbewussten Selbstbetrugs. Der Confirmation Bias verzerrt die Wahrnehmung und blendet andere Ansichten aus.
[...]
Durch den Bestätigungsfehler sehen wir unsere Ansichten und Denkweisen immer wieder bestätigt. Anders gesagt: Wir sind davon überzeugt, recht zu haben, weil unsere Wahrnehmung passende Argumente dazu liefert. So verstärkt der Confirmation Bias auch Vorurteile und Denkschubladen. Selbst belegbare Gegenargumente werden ignoriert oder als unglaubwürdig abgetan, Einzelfälle, die das eigene Denken bestätigen, werden zur Regel erklärt.
Die wenigen Zeilen passen mMn wie maßgeschneidert auf Eva W. und andere überzeugte Mobilfunkgegner.
Warkentin gibt auch drei Tipps, wie sich die Macht des Bestätigungsfehlers brechen lässt, in Kurzform lauten diese:
► Erweitern Sie Ihren Horizont
► Zwingen Sie sich zu Objektivität
► Ändern Sie Ihre persönliche Hypothese
Alle drei Tipps gehen von der Annahme aus, Betroffene sind sich ihrer kognitiven Verzerrung bewusst geworden und haben die Bereitschaft, sich dem Bestätigungsfehler nicht weiter selbst auszuliefern. Diese Annahme mag bei noch zweifelnden Mobilfunkgegnern fruchten, bei restlos überzeugten, wozu ich auch Eva W. zähle, ist hingegen die Immunisierung gegenüber Sachargumenten mMn so weit fortgeschritten, dass ein "Umdenken" nicht mehr stattfinden kann. Die Gründe dafür sehe ich im meist fortgeschrittenen Alter der Betroffenen (Eva W. ist Mitte 80) und in materiellem oder immateriellen Profit, den sie aus ihrer Überzeugung ziehen. Im Fall von Eva W. wäre dieser Profit der immaterielle primäre oder sekundäre Krankheitsgewinn, den sie (unbewusst) aus ihrer "Elektrosensibilität" zieht.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –