5G: Die Wärmebildkamera lässt sich nicht täuschen (Berichtigungen)
Trifft auf dieser Welt ein Wärmebild-Querulant auf einen Sendemasten-Querulanten, kann dies nur auf dem Boden der Schweiz passieren. Das Ergebnis des Aufeinandertreffens sind schöne Wärmebilder von Mobilfunk-Sendemasten mit 5G-Antennen und märchenhafte Interpretationen der Bilder durch einen technisch überforderten Ex-Elektriker. Mag sein, eine Wärmebildkamera lässt sich nicht täuschen, dafür täuscht Gigaherz-Jakob sich am liebsten selbst.
Die beiden Wärmebilder von André Masson auf der Gigaherz-Website sprechen für sich. Zu erkennen sind handwarme smarte 5G-Antennen ohne erkennbare Endverstärker sowie rd. 10 °C kühlere "gewöhnliche" Mobilfunkantennen, unter denen wiederum handwarme Leistungsverstärker für eben diese Antennen montiert sind. So weit so gut. Doch für den Text auf der Gigaherz-Website zeichnet Präsident Jakob verantwortlich und das bedeutet Alarmstufe rot, denn wenn Jakob sich über Funktechnik äußert, kommt nicht selten vollendeter Stuss dabei heraus. So auch diesmal. Aber der Reihe nach.
Warum Masson überhaupt Wärmebilder von Sendemasten machte, erklärt Gigaherz-Jakob so:
Weil uns aufgefallen ist, dass adaptive 5G-Antennen auf ihrer Rückseite massive Kühlkörper aufweisen, die schon fast die Hälfte des Gehäusevolumens ausmachen, wurde uns sehr rasch klar, dass da im Vergleich zu herkömmlichen Antennen ungeheure Leistungen verbraten werden müssen.
Aha. Auf die "ungeheuren" Leistungen kommen wir später noch zurück. Jetzt zuerst einmal Jakobs Interpretation eines der beiden Wärmebilder:
Unsere Vorahnungen und unser Fachwissen [; Anm. Postingautor] haben uns nicht getäuscht. Adaptive 5G Antennen werden mindestens gleich heiss, wie die Endverstärker für die unmittelbar über diesen befindlichen herkömmlichen Mobilfunkantennen. Da ist also schon mal rein gar nix von 10mal weniger Sendeleistung, wie von Schweizer Komikern behauptet und von 250mal weniger wie von den österreichischen Clowns gemessenen, erst recht nichts.
Wie in letzter Zeit bei ihm üblich, sind Jakobs Texte mMn grenzdebil und kaum verständlich. Wen er mit "Schweizer Komikern" meint ist nicht ersichtlich, die "österreichischen Komiker" hingegen sind hier zu verorten. Doch kommen wir auf Jakobs Sachaussage vom Beginn seines Textes zurück.
Jakob entkräftet sich selbst
Sprach er oben noch von "ungeheuren Leistungen", die von 5G-Antennen verbraten werden müssen, widerspricht Jakob sich nur wenige Zeilen später selbst mit der Feststellung, die 5G-Antennen würden (mindestens) gleich heiß (tatsächlich werden sie nur handwarm) wie die Endverstärker herkömmlicher Antennen. Von den "ungeheuren Leistungen" bleibt so nichts mehr übrig, gemäß den Wärmebildern nimmt eine smarte 5G-Antenne nicht mehr und nicht weniger Leistung auf als eine herkömmliche Antenne. Einziger Unterschied: Bei smarten 5G-Antennen mit z.B. 64 Elementarantennen sind die 8 x 8 = 64 Leistungsverstärker im Antennengehäuse enthalten, bei herkömmlichen Antennen mit z.B. nur acht Elementarantennen sind die acht Leistungsverstärker unterhalb der Antenne in einer separaten Box untergebracht. Trivial, dass deshalb mal die separate Box warm wird, mal die 5G-Antenne.
Falsch verstanden
Jakobs Bezug auf "10mal weniger Sendeleistung, wie von Schweizer Komikern behauptet" ist wegen einer fehlenden Quellenangabe nicht zweifelsfrei zu widerlegen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat der Gigaherz-Präsident jedoch wieder einmal einen technischen Sachverhalt nicht richtig verstanden. Ich meine, Jakob beruft sich auf Angaben zur hohen Energieeffizienz von 5G, die seit einiger Zeit durchs Internet geistern. Die Unternehmensberatung Roland Berger schrieb z.B. 2018:
In der Energieeffizienz pro übertragenes Bit nähert sich 5G dem theoretischen Optimum. Das ist in zweifacher Hinsicht wichtig. Zum einen steigt das Datenvolumen mit 5G exponentiell. Stiege der Energieverbrauch proportional, würde nicht nur die Umwelt belastet, sondern auch die Geschäftsmodelle von Netzbetreibern und Anwendern wären in Gefahr. Das Gegenteil ist der Fall: 5G selbst ist ca. 100-mal energieeffizienter als der Vorgängerstandard 4G. Unter der Annahme einer Vertausendfachung des Datenvolumens gehen Telekommunikationsunternehmen für 5G von einer Halbierung des Stromverbrauchs im gesamten Netz aus.
Weniger erwartungsvoll gab sich am 13. November 2019 anlässlich der 5G-Einwohnerversammlung in Freiburg Dr. Rüdiger Quay vom Fraunhofer IAF. Er sprach ab Stunde 2:28:11 davon, 5G sei 10-mal energieeffizienter als 4G und ergänzte kurz darauf "hoffentlich mehr".
Wer nun bedingungslos glaubt, wie Jakob es anscheinend tut, 5G würde 10- oder 100-mal weniger Energie benötigen als 4G, der ist auf dem Holzweg. Denn der Vergleich beruht auf der Randbedingung, 4G und 5G würden gleich viel Daten pro Zeiteinheit übertragen, z.B. eine Datei mit 10 GByte. In diesem Fall würde 5G die Übertragung der Datei mit einem Zehntel oder Hundertstel der Energie bewältigen, die 4G für die gleiche Übertragung benötigt. Jakob aber behauptet irrtümlich, 5G müsse unabhängig von der Menge der übertragenen Daten mit weniger Energie auskommen als 4G. Dies ist einer der grundlegenden Verständnisfehler, mit denen der Gigaherz-Präsident sein staunendes Publikum immer wieder von den Sitzen reißt. Dabei ist es doch nicht so schwierig zu verstehen: Wenn 5G 10-mal energieeffizienter ist als 4G, ist dieser Vorteil genau dann egalisiert, sobald mit 5G 10-mal mehr Daten als mit 4G übertragen werden. Nimmt der Datentransfer weiter zu, benötigt 5G selbstverständlich auch mehr elektrische Energie als ein 4G-Netz. Gigaherz-Jakob würde in diesem Fall fälschlich behaupten, alle außer ihm würden lügen, 5G wäre gar nicht energieeffizienter als 4G.
Hintergrund
Verblödet die Anti-Mobilfunk-Szene langsam aber sicher?
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –