Tierökologe kritsiert auf "Nature" publizierte Insektenstudie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 22.09.2020, 13:21 (vor 1502 Tagen) @ H. Lamarr

Professor Johannes Steidle, Leiter des Fachgebietes Tierökologie an der Uni Hohenheim, hat sich eine in einem Fachmagazin der hoch geachteten "Nature"-Gruppe publizierte Insektenstudie genauer angesehen (nicht zu verwechseln mit der Thill-Studie). Der Studie zufolge sei im Gegensatz zu Europa in den USA kein Rückgang der Häufigkeit und der Artenvielfalt von Insekten und anderen Gliederfüßern zu beobachten. Doch Steidle fällt über das Paper auf der Website des SWR ein vernichtendes Urteil (Auszug):

"Es wird sicher Interessenvertreter geben, die aus dieser Studie ableiten wollen, dass es kein Insektensterben gibt. Denen kann ich nur entgegnen: Vergessen Sie diese Studie. Erstens, weil sie so schlecht gemacht ist, dass man nicht wissen kann, ob ihre Ergebnisse stimmen. Und zweitens, weil ihre Ergebnisse – selbst wenn sie stimmen sollten – für uns keine Relevanz haben. Hier in Deutschland haben wir ein massives Insektensterben und müssen so schnell wie möglich etwas dagegen tun!"

Zuvor hatte im August 2020 "Der Spiegel" Zweifel an der Studie in den USA dokumentiert.

Kommentar: "Nature" gilt mit einem Impact Factor von 42 als einer der Goldstandards unter den wissenschaftlichen Fachblättern. Wer es schafft dort zu publizieren, ist ganz oben angekommen. Auch "Nature Ecology & Evolution", dort wurde die Insektenstudie publiziert, schneidet mit einem Impact Factor von 12 noch immer sehr gut ab. Alain Thill musste sich am unteren Ende der Skala mit dem wissenschaftlich völlig bedeutungslosen Vereinsmagazin UMG (Umwelt Medizin Gesellschaft) zufrieden geben, dessen Impact Factor erst gar nicht erfasst wird. Doch die Thill-Studie kommt bei Steidle deutlich besser weg als das, was "Nature Ecology & Evolution" zum Insektensterben in den USA berichtete. Was lernen wir daraus? Nichts, was nicht schon bekannt wäre: Die Ausnahme ist die Regel. Oder anders gesagt: Der Truthahn-Fehlschluss lauert überall.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Umwelt-Medizin-Gesellschaft, Verbandszeitschrift, Impact Factor, Insektensterben, Thill


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