SonntagsZeitung opfert 5G für Maurers Trump-Besuch (Berichtigungen)
Verschwörungstheorien sind bei eingefleischten Mobilfunkgegnern schnell zur Hand, machen sie doch scheinbar Unerklärliches im Nu schön einfach erklärbar. Jüngstes Beispiel: Im Gigaherz-Forum beschuldigt Teilnehmer "schilte6i" aus der Hüfte heraus die Schweizer SonntagsZeitung, diese hätte einen angekündigten Artikel über 5G in ihrer jüngsten Ausgabe vom 19. Mai kurzerhand gegen eine doppelseitige Anzeige von Swisscom ersetzt. "Ein unerhörter Vorgang!!!", empört sich schilte6i und spinnt an der beliebten Kolportage von der gekauften Presse einen frischen Faden.
Auf die Idee, bei der Redaktion der Zeitung erst einmal nachzufragen was da los war, kam sexy schilte nicht. Ich schon. Keine 24 Stunden später hatte ich Antwort von Armin Müller:
Die Darstellung in dem von Ihnen erwähnten Beitrag ist falsch.
Die SonntagsZeitung kündigt jeweils in einer Anzeige in den Partnerzeitungen einige Beiträge der kommenden SonntagsZeitung an. Diese Anzeige muss jeweils am Freitag Vormittag für den Druck fertiggestellt werden. Am vergangenen Freitag Nachmittag haben wir aus aktuellem Anlass den Besuch des Bundespräsidenten Ueli Maurer bei US-Präsident Trump auf der Doppelseite 2/3 eingewechselt, weil dies ein seltenes, aufsehenerregendes Ereignis war, das wir zwingend abdecken mussten. Den geplanten 5G-Beitrag konnten wir wegen seines Umfangs nicht ohne grössere Kürzungen innerhalb der Ausgabe schieben. Wir haben deshalb entschieden, ihn eine Woche später zu publizieren.
Die Swisscom-Anzeige auf S. 20/21 hat nichts mit der Redaktion zu tun. Die SonntagsZeitung trennt strikt zwischen Werbung, die vom Verlag verantwortet wird, und dem redaktionellen Teil.
Gefällt mir. Zuweilen ist nicht nur Populismus einfach, auch die nackten Tatsachen können es sein. Wobei ich mich nicht der Illusion hingebe, schilte6i gäbe sich mit der plausiblen Erklärung der Redaktion zufrieden. Denn Verschwörungsfans schichten bei Widerspruch erfahrungsgemäß auf die eine Verschwörungstheorie gleich die nächste, nur um nicht einlenken zu müssen. Im konkreten Fall dürfte daher insgeheim gemunkelt und geraunt werden, die Redaktion habe sich die obige Erklärung nur schnell ausgedacht, um nicht zugeben zu müssen, dass schilte6i mit seinem Verdacht eben doch ins Schwarze getroffenen hat. Dieses Spiel von Rede und Gegenrede lässt sich bis zur Erschöpfung eines Teilnehmers spielen.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –