So werden HF-Immissionen korrekt gemessen! (Technik)
Wer schon einmal mit einem HF-Messgerät versucht hat, beim Begehen von Räumen einen stabilen Messwert anstelle wildem Gezappel hinzubekommen, der ist Opfer der Mehrwegeausbreitung von Funkwellen in Räumen geworden. Denn ein z.B. über ein Fenster einfallendes Signal wird an Wänden und Gegenständen reflektiert. Diese reflextierten Funkwellen überlagert sich in chaotischer Weise mal verstärkend mal abschwächend mit dem einfallenden Signal, so dass sich von Zentimeter zu Zentimeter unterschiedliche Messwerte ergeben können. Höchster und niedrigster Messwert (Leistungsflussdichte) können bis zum Faktor 100 (20 dB) auseinander liegen. Dies und mehr erfährt der Bertrachter der 124-seitigen Präsentation "Wie werden HF-Immissionen korrekt gemessen?", die Dr. C. Bornkessel für seine Studenten an der TU Illmenau vorbereitet hat (Download als PDF).
Die folgende Grafik aus dieser Präsentation zeigt links die chaotische Feldverteilung in einem Raum, der durch ein Fenster (Bild links) mit Funkwellen durchflutet wird (grün: Feld stark, blau: Feld schwach). Betritt eine Person den Raum und verharrt an einer Stelle, wirkt sich dies nicht allein am Standpunkt der Person aus, sondern die Feldverteilung im gesamten Raum wird dadurch verändert (Bild rechts).
Hobby-Messtechnikern ist die Präsentation dringend zu empfehlen. Nicht, dass dadurch die Messergebnisse von Laien nennenswert besser werden würden, sondern damit Laien erkennen, wie komplex die korrekte Messung von HF-Immissionen ist und sie sich der Unzulänglichkeiten bewusst werden, wenn sie mit ihren "Knatterboxen" umher ziehen und glauben, zu messen. Diese Hobby-Messgeräte verführen dazu, ihnen Messwerte blind auf zwei Nachkommastellen genau abzukaufen, nur weil das Display die Werte so schön numerisch anzeigt, der Hobby-Messtechniker hinterher aber nicht mehr sagen kann, ob er Mobilfunk, einen Fernsehsender oder vielleicht das DECT des Nachbarn gemessen hat, ob er Mittel- oder Spitzenwerte im Blick hatte, ob Peak-Hold aktiviert und womöglich ein 20-dB-Dämpfungsglied in den Signalweg eingeschleift war. Irgendwelche Messwerte notieren kann jeder, dafür zu sorgen, dass es die richtigen Messwerte sind, kann nicht jeder.
[Admin: Link "Download als PDF" berichtigt; 18.06.2016, 01:55 Uhr]
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –