Elektrosmog-Report: EMF "potenziell krebserregend" (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 07.09.2011, 00:58 (vor 4812 Tagen)

Heute lag die September-Ausgabe des Elektrosmog-Reports im Briefkasten. Und dort findet sich wieder eine "Leckerei", wie sie für dieses Blatt typisch (geworden) ist. So heißt es - mit fast 1 Monat Verspätung - in einer Meldung über die Drucksache 17/6709 (Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der "Grünen"):

"Trotz der Einstufung als potenziell Krebs erregend durch die WHO, die aufgrund der Ergebnisse von vielen internationalen Forschungsergebnissen erfolgte, bleibt die Bundesregierung bei ihrer Meinung, dass es keine Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunk gibt."

Aller Voraussicht nach stammt dieser Text von Frau Wilke (Redaktion Elektrosmog-Report). Was mich stört sind die Unschärfen, die den Text zu einer der typischen Desinformationen werden lassen, wie sie unter Sendemastengegnern häufig kursieren.

Unschärfe 1:

Die IARC (Krebsforschungsagentur der WHO) klassifiziert krebsverdächtige Stoffe nach einem auch in der Wortwahl exakt fest gelegtem Schema:

Gruppe 1 krebserregend
Gruppe 2A wahrscheinlich krebserregend
Gruppe 2B möglicherweise krebserregend
Gruppe 3 nicht klassifizierbar für Menschen
Gruppe 4 wahrscheinlich nicht krebserregend

Von "potenziell krebserregend" ist bei der IARC keine Rede. Diese unscharfe Angabe im Elektrosmog-Report nimmt in Kauf, dass jemand sie irrtümlich mit "wahrscheinlich krebserregend" gleichsetzt, was jedoch falsch wäre. Richtig ist die schwächere Eingruppierung "möglicherweise krebserregend", der Unterschied von "wahrscheinlich" zu "möglicherweise" ist erheblich. Die IARC hat das strikte Klassifizierungsschema eigens dafür geschaffen, damit derartige Verwechslungen eben nicht passieren. Die Unschärfe des Elektrosmog-Reports ist ärgerlich, schlimmer noch ist der Verdacht, dass die Vernebelung absichtlich stattfindet, um die Ängste vor Elektrosmog zu schüren. Das zugrunde liegende Schema ist mir inzwischen nur zu gut bekannt: Eine gezielt missverständliche Darstellung provoziert Fehlinterpretationen im Kopf des Lesers. Am häufigsten finde ich dieses Schema bei Diagnose-Funk.

Unschärfe 2:

Gemäß Elektrosmog-Report soll die Klassifizierung aufgrund "der Ergebnisse von vielen internationalen Forschungsergebnissen" erfolgt sein. Da stelle ich mir die Frage: Sind sechs Forschungsergebnisse viele? Auf sechs komme ich, weil es in diesem Editorial Mobilfunk: Was bedeutet "möglicherweise krebserregend"? *) der Fachzeitschrift "Umweltmed Forsch Prax" heißt: "Die Klassifizierung beruht auf der Auswertung von sechs epidemiologischen Studien." Die drei Autoren, die dies behaupten, sind allesamt Professoren an deutschen Universitäten. Die bei Sendemastengegnern gerne praktizierte Ober-sticht-Unter-Regel spricht diesmal klar gegen die Diplom-Biologin Wilke, die am Katalyse-Institut, Köln, angestellt ist.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Elektrosmog-Report, Katalyse-Institut, Wilke, Krebsforschungsagentur


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