Akzeptanzkultur: Erkaufte Zustimmung zu Negativeinrichtungen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 28.01.2016, 20:08 (vor 3024 Tagen)

Am 23. Juni 2015 hat das Regierungskabinett des Landes Mecklenburg-Vorpommern dem Entwurf des „Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung weiterer Gesetze“ (BüGembeteilG) zugestimmt. Der Entwurf des Gesetzes befindet sich jetzt mit einem Fragenkatalog in der Anhörungsphase. Gehört wird auch der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. Landesgruppe Norddeutschland. Dessen Stellungnahme zur Akzeptanzsteigerung von Negativeinrichtungen in der Bürgerschaft gilt für Windräder genauso wie für Mobilfunkmasten:

Frage der Landesregierung: Ist das Modell der Akzeptanzsteigerung durch ein gesetzlich vorgeschriebenes Beteiligungsangebot bei Windkraftanlagen auch ein geeignetes Modell, um bei anderen Investitionsvorhaben, von denen Bürger sich negativ betroffen sehen könnten (z.B. Bau von Straßen, Bahnlinien, Mobilfunkmasten, Massentierhaltungsanlagen, Biogasanlagen, Gewerbebetrieben, Netzausbau usw.) eine Akzeptanzsteigerung zu erreichen? Wenn nicht, womit ist aus Ihrer Sicht das Alleinstellungsmerkmal von Windkraftanlagen begründet?

Antwort des BDEW: Eine allgemeingültige Aussage ist an dieser Stelle genauso schwierig wie bei einem Vergleich zweier Windenergieprojekte mit unterschiedlichen topographischen, demografischen und finanziellem Ausgangspunkt. Ob Bürger vor Ort Infrastrukturvorhaben oder Gebäudeneubauten akzeptieren, hängt dabei vom sehr individuellen Verhältnis zwischen zu akzeptierender Einschränkung und möglichem Nutzen des Projektes ab. So stehen z. B. Lärmbelastungen bei Straßenbauprojekten der besseren und schnelleren Erreichbarkeit z.B. des Arbeitsplatzes gegenüber. Das gilt gleichwohl für das lokale Gemeinwesen. Alle Vorhaben bedürfen daher einer entsprechenden differenzierten Betrachtung. Grundsätzlich birgt das Gesetzesvorhaben aber die Gefahr, den Auftakt für eine rein monetär ausgerichtet „Akzeptanzkultur" zu bilden, in der reale und empfundene Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen gegen Zahlung erduldet werden. Dies gefährdet nicht nur die Projektrealisierung, sondern ist auch dem Selbstverständnis des Gemeinwesens nicht zuträglich.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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, Negativeinrichtung

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