Blauer Engel: Telekom flirtet mit den Engelmachern (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 30.11.2013, 23:35 (vor 4231 Tagen)

Bei Handys halten die Hersteller wie Pech und Schwefel zusammen, die gleichnamige Rubrik des Blauen Engel ist deshalb so leer wie mein Kühlschrank. Lapidar heißt es auf der Seite: Derzeit sind keine Anbieter vorhanden. Kein Wunder: Seit jeher vertreten die Handy-Hersteller den Standpunkt, strahlungsarme Handys bedürften keines Umweltzeichens, weil ohnehin alle Handys bis zur maximal erlaubten SAR von 2 W/kg gesundheitlich unbedenklich wären. Nur vorübergehend wagten es kleinere Hersteller, z.B. von Kinderhandys, den Boykott des Blauen Handyengels zu unterlaufen.

Anders sieht es aus bei DECT-Telefonen (Schnurlostelefone). Da hat die Deutsche Telekom ein Einsehen gehabt und ließ sich im März 2013 drei Modelle als strahlungsarm zertifizieren. Die Telekom ist damit gegenwärtig der einzige Anbieter, der DECT-Telefone mit dem Umweltzeichen Blauer Engel im Programm hat.

Dazu die Telekom: "Die Telekom Deutschland will mit der Auszeichnung eine Vorreiterfunktion in der Branche einnehmen und die Verbreitung des Blauen Engels in der Branche unterstützen. Im Gegensatz zu Wettbewerbern entschied sich das Unternehmen gegen die Entwicklung eines unternehmenseigenen Kennzeichnungssystems und für das etablierte Umweltzeichen, dessen Kriterien für den Verbraucher transparent sind. Weitere Produktzertifizierungen sind geplant. Der Blaue Engel ist Teil der langfristig angelegten und sukzessiven Verankerung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten im Produktportfolio des Unternehmens."

Möglicherweise erleben wir es also noch, dass auch in die Abteilung "Handys" des Blauen Engel Leben kommt.

Die Begeisterung über die Vorreiterfunktion der Telekom war bei den Engelmachern so groß, dass sie den Ex-Monopolisten neben zwei Mitbewerbern für den „Blauer Engel-Preis 2013“ nominierten. Am 22. November winkte Fortuna in Düsseldorf anlässlich der Preisverleihung dann aber doch einen der Konkurrenten zu sich.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Telekom

Blauer Engel: Telekom flirtet mit den Engelmachern

Kuddel, Sonntag, 01.12.2013, 01:43 (vor 4231 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Kuddel, Sonntag, 01.12.2013, 02:16

Bei Handys halten die Hersteller wie Pech und Schwefel zusammen

Es müßte heissen: "...halten die Vertreiber von Telefonen wie Pech und Schwefel zusammen..."

Die Entwickler und Hersteller der Telekom-Produkte sind in Asien beheimatet und tragen klangvolle Namen wie "Arcadyan-Technology-Corporation", "CCT-Electronics" oder "T&W-Electronics".

Eines der Probleme mit dem blauen Engel sind die Gebühren, die für die Logo-Verwendung an den privatwirtschaftlichen Verein "RAL" zu entrichten sind. Da überlegen sich die Vertreiber zweimal, ob die verkaufsfördernde Wirkung die Kaufsumme für das "Blaue Engel Zeichen" wert ist.

Ein anderes Problem sind die oft einseitigen "Tunnelblick-Kriterien" für die Vergabe.
Voraussetzung ist z.B. dass der Anteil bestimmter in einer Kriterien-Liste aufgeführten "Schadstoffe" um 20...40% geringer ist, als im Durchschnitt, ohne aber zu bewerten, ob der Gebrauchsnutzen vergleichbar mit anderen Produkten (ohne blauen Engel) ist.

So kennt man es ja von der Farbe im Baumarkt:
Produkte mit blauem Engel haben z.B. weniger Lösungsmittel oder geringeren Schadstoffanteil vom Stoff "x", was aber nichts über die Qualität des Produkts oder den Gebrauchsnutzen aussagt.
Was nutzt es, wenn eine Farbe das "Blaue Engel" Siegel trägt, aber schlecht zu verarbeiten ist, nicht vernüftig deckt oder abblättert ?
Der Gebrauchsnutzen wird von der RAL aber nicht bewertet.
Wenn z.B. die Haltbarkeit leidet, muß man möglicherweise öfters streichen, als wenn man eine Farbe mit 20% höherem Schadstoffanteil ohne blauen Engel gewählt hätte. Im Extremfall könnte also die Umweltbelastung mit einem "blaue Engel-Produkt" sogar höher ausfallen, als ohne blauen Engel.

Ein Hersteller könnte auch einen Schadstoff reduzieren, indem er ihn durch einen anderen ersetzt, der nicht in der Kriterienliste der RAL drin steht. Er bekäme den "blauen Engel", ohne dass das Produkt objektiv umweltfreundlicher wäre.

Was passiert nun also, wenn man derartige Kriterien auf "Strahlung" von Mobiltelefonen anwendet ?

Die Reichweite eines Mobiltelefons ist aus rein physikalischen Gründen an die "Strahlung" gekoppelt. Ein Gerät mit z.B. 40% weniger "Strahlung" würde dann vom Kunden gekauft, weil es den blauen Engel trägt und dann vom Kunden zurückgegeben, weil er feststellt, dass die Funk-Reichweite schlechter ist, als er es gewohnt ist.

K

Blauer Engel: Telekom flirtet mit den Engelmachern

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.12.2013, 12:19 (vor 4230 Tagen) @ Kuddel

Eines der Probleme mit dem blauen Engel sind die Gebühren, die für die Logo-Verwendung an den privatwirtschaftlichen Verein "RAL" zu entrichten sind. Da überlegen sich die Vertreiber zweimal, ob die verkaufsfördernde Wirkung die Kaufsumme für das "Blaue Engel Zeichen" wert ist.

So teuer ist das garnicht, schlimmstenfalls 6000 Euro pro Jahr (plus einmalig 250 Euro pauschal). Zum Vergleich: Die einmalige Schaltung einer ganzen Anzeigenseite im "Stern" kostet *schluck* 24'500 Euro.

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Blauer Engel: Telekom flirtet mit den Engelmachern

Kuddel, Sonntag, 01.12.2013, 18:57 (vor 4230 Tagen) @ H. Lamarr

Eines der Probleme mit dem blauen Engel sind die Gebühren, die für die Logo-Verwendung an den privatwirtschaftlichen Verein "RAL" zu entrichten sind. Da überlegen sich die Vertreiber zweimal, ob die verkaufsfördernde Wirkung die Kaufsumme für das "Blaue Engel Zeichen" wert ist.

So teuer ist das garnicht, schlimmstenfalls 6000 Euro pro Jahr (plus einmalig 250 Euro pauschal). Zum Vergleich: Die einmalige Schaltung einer ganzen Anzeigenseite im "Stern" kostet *schluck* 24'500 Euro.

Zugegeben, ich hatte das wesentlich teurer in Erinnerung und um ehrlich zu sein, kommt mir das nun ungewöhnlich billig vor.
Ob in den den 250 Euro die Kosten für die "Überprüfung" (Audits) schon enthalten sind ?
Da zahlt man ja schon deutlich mehr für eine große Auto-Inspektion.

K

Blauer Engel für Samsung Galaxy S4, distributed by "Kuddel"

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.12.2013, 22:27 (vor 4230 Tagen) @ Kuddel

Zugegeben, ich hatte das wesentlich teurer in Erinnerung und um ehrlich zu sein, kommt mir das nun ungewöhnlich billig vor.
Ob in den den 250 Euro die Kosten für die "Überprüfung" (Audits) schon enthalten sind ?

Ausprobieren!

Nehmen wir mal an, Sie würden ein Galaxy S4 zertifizieren lassen (SAR =0,4 W/kg), z.B. weil sie es in eBay als Unikat mit dem Umweltzeichen "strahlungsarm" verticken wollen. Soviel ich weiß, steht ja nirgends, dass das nur Hersteller oder Importeure so etwas dürfen. Dann kostet Sie das also nach Adam R. 270 Euro Jahresgebühr und einmalig die 250 Euro. Auf der Engelseite stünde dann unter der Rubrik "Handys" als einziger Anbieter "Kuddel" und unter Produkt" stünde "Samsung Galaxy S4". Die volle Aufmerksamkeit der Branche wäre Ihnen gewiss.

Sollte RAL mehr Kohle wollen, schreiben Sie's hier und wir machen ein Fass auf :wink:.

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