Behördenschikane gegen Mobilfunkkritiker? (I) (Allgemein)
Dem Mobilfunkkritiker Dr. Stefan Spaarmann in Taucha (Sachsen) lässt Bürgermeister Dr. Holger Schirmbeck eine wuchtige Trafostation direkt neben Spaarmanns Hauswand aufstellen, obwohl ausreichend Ausweichfläche zur Verfügung steht. Soll der EMF-Querulant damit zur Räson gebracht werden? Alfred Tittmann aus Hessen eilt mit folgendem Brief dem bedrängten Spaarmann zu Hilfe.
Hinweis: Der Brief ist auf mehreren Websites zu finden und zeigt dort fehlerhafte Angaben zur Stärke von Magnetfeldern, statt mT muss es µT heissen. Wir haben dies hier bereits korrigiert.
Herrn
Bürgermeister Dr. Holger Schirmbeck
Rathaus
Schlossstrasse 13 04425 Taucha
Demontage eines alten Trafohauses
Neuerrichtung eines Trafos direkt an angrenzendem Wohnhaus in Taucha
Sehr geehrter Herr Dr. Schirmbeck,
in o.A. erhielt ich von guten Freunden aus Taucha wegen deren Besorgnis um ihre zukünftige Gesundheitssituation Kenntnis.
Nach meiner Information soll eine alte Trafostation, die über 12 m vom nächsten Haus steht, abgebaut werden. An deren Stelle soll nunmehr ein bereits errichteter Trafo mit erhöhtem Magnetfeld wegen der Verbrauchserhöhung durch weitere 18 Häuser eines Wohnparks, der jetzt in ca. 1 Meter Entfernung aufgestellt wurde, treten.
Dies widerspricht den nationalen und internationalen Vorsorgeschutzintentionen!
Obwohl Sie als Bürgermeister einer Fürsorgeverpflichtung gegenüber der Bevölkerung unterliegen, sehen Sie leider keinen Handlungsbedarf. Anstelle in erster Linie Ihren BürgerInnen verpflichtet zu sein verlassen Sie sich auf die "Seriosität" des Energiedienstleisters EnviaM in dem Sinne, man müsse sich auf dieses Unternehmen verlassen können.
In der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) sind Grenzwerte zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder von Niederfrequenz- und Hochfrequenzanlagen festgelegt. Sie gilt seit 1997 und beruht auf Empfehlungen der Strahlenschutzkommission und der "Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung" (ICNIRP).
Auf der Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz (BFS) finden Sie unter dem Link Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen nachstehend definierte Empfehlungen:
"Neben den nachgewiesenen gesundheitlichen Auswirkungen gibt es allerdings wissenschaftliche Hinweise auf gesundheitliche Risiken bei niedrigen Feldstärken. Um diesen Hinweisen Rechnung zu tragen, fordert das BfS Vorsorgemaßnahmen:
Die niederfrequenten Felder, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist, sollten so gering wie möglich sein. Die Bevölkerung soll über bekannte und vermutete Wirkungen der Felder und über die Feldintensitäten der relevanten Feldquellen wie z. B. Hochspannungsleitungen oder elektrische Geräte informiert werden. Die Forschung zur Klärung der wissenschaftlichen Fragen wird fortgeführt. Eine Minimierung der Exposition der Bevölkerung lässt sich durch verschiedene Maßnahmen erreichen, für die sowohl Behörden als auch Bauherren und Gerätehersteller, aber auch jede/r einzelne Bürger/in verantwortlich sind:
Bei der Planung und Genehmigung von Gebäuden sollte auf einen ausreichenden Abstand zu Hochspannungsleitungen und anderen Anlagen der Stromversorgung geachtet werden. Durch eine optimierte Leitungsführung der Elektroinstallationen kann die Exposition der Bewohner oder Nutzer von Gebäuden reduziert werden. Gerätehersteller und Anlagenbauer können durch ein entsprechendes technisches Design möglichst niedrige Feldstärken in der Umgebung der Geräte und Anlagen erreichen. Wünschenswert wäre auch eine geeignete Kennzeichnung der Geräte, die den Verbraucher/innen ermöglicht, beim Kauf eines Gerätes auf niedrige Feldintensitäten zu achten. Jede/r Bürger/in kann durch zwei einfache Regeln eine Verringerung der Feldexposition erreichen: Möglichst großen Abstand zu den Feldquellen einhalten Dauer der Exposition so gering wie möglich halten. Da nächtliche Expositionen von längerer Dauer sind, sollte hier aus Vorsorgegründen vor allem auf einen ausreichenden Abstand zu den Feldquellen geachtet werden. Dies gilt im besonderen Maße für Babies und Kleinkinder. Netzbetriebene Radiowecker sollten daher nicht direkt neben dem Kopfteil des Bettes aufgestellt werden. Beim Sender des Babyphons und vor allem beim Netzgerät sollte auf einen ausreichenden Abstand zum Bett des Kindes geachtet werden. Falls möglich sollte der Sender mit Akkus betrieben werden, da dann keine niederfrequenten Wechselfelder auftreten."
Zusammenfassend also eine deutliche Aufforderung zur Expositionsminimierung!
Außerdem möchte ich bezüglich der für den Niederfrequenzbereich festgelegten Grenzwerte durch die ICNIRP (einem privaten Verein mit Sitz in München, der sich aus lauter Industrie-vertretern zusammensetzt und ausschließlich Grenzwerte in deren Interessen festgelegt hat) noch auf folgendes hinweisen:
Das "Experten-Gremium" ICNIRP lag falsch bei der Festsetzung der Grenzwerte der Induktion 100 µT, weshalb diese in der internationalen Wissenschaftsgemeinde heftig umstritten sind. Seit Sommer 2001 ist von der IARC Lyon (International Agency on Research of Cancer, Zusammenarbeit mit der WHO) festgestellt, dass ab 0,4 µT das Risiko für Tumore signifikant erhöht ist. Dennoch wird nichts am bestehenden Grenzwert von 100 µT geändert.
Die Kritiker lagen dagegen mit ihrem empfohlenen Grenzwert von 0,2 - 0,4 µT vollkommen richtig.
In den USA hat der "Rat für Strahlenschutz" (NCRP) einen Richtwert von nur 0,2 µT festgelegt; auch in der Schweiz wurde eine deutliche Reduzierung vorgenommen.
Der deutsche Wert ist 500 mal höher als die fixierte Vorsorgerichtlinie.
Daß elektrische Felder im Rahmen unserer Grenzwerte krank machen können bis hin zu dramatischen Leukämieerkrankungen insbesondere bei Kindern ist mehrfach weltweit beobachtet und erwiesen, ansonsten hätte das Internationale Krebsforschungszentrum IARC in Lyon keine Reduzierung in 2001 festgelegt!
Und Sie als Bürgermeister wollen sich da ausschließlich der Seriosität eines Wirtschaftsunternehmens unterwerfen?
Fakt ist, dass die Grenzwertverordnung keine Vorsorgeanforderungen enthält. Vorsorge hat also bei der Festlegung der Grenzwerte keine Rolle gespielt. Das bestätigte auch die Bundesregierung in der Antwort v. 4.1.2002 auf eine Große Anfrage einiger Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Bundesgerichtshof am 13.02.2004 in zwei Entscheidungen in Bezug auf die Parallelität zur Hochfrequenz, wie sie sich bei der Mobilfunkthematik stellt!
Dass trotz alledem diesbezüglich noch immer keine Konsequenzen gezogen werden, ist mehr als beklagenswert, ändert aber absolut nichts an den bekannten Risiken. Es ist zu bedauern, dass das durchaus vorhandene Wissen noch keinen Einfluss auf Politik und Wirtschaft gefunden hat.
((Fortsetzung in Teil II))