Wissenschaft: Wiener Thesen zur Politikberatung (Allgemein)
Die Akademien der Wissenschaften Deutschlands und Österreichs haben ein Thesenpapier veröffentlicht (Wiener Thesen, PDF, 3 Seiten), in dem sie ihre Vorstellungen einer zeitgemäßen Beratung von Politik und Gesellschaft artikulieren. Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie am Institut für Philosophie des KIT und Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag, setzt sich mit den neun Wiener Thesen auseinander. TAB und die Akademien der Wissenschaften sind Konkurrenten in der Politikberatung. Ergo pflichtet der TAB-Chef dem Papier nicht kritiklos bei, sondern plädiert für ein "Denken in Alternativen".
Die Wissenschaftsakademien sehen sich als erste Wahl, geht es um Einrichtung und Besetzung von Beratungsgremien. Denn sie versammelten als Gelehrtengesellschaften die "klügsten Köpfe" aus Wissenschaft und Forschung und hätten Zugriff auf das aktuellste und bestgesichertste Wissen. Grunwald hingegen sieht Expertise auch außerhalb der Akademien, sogar außerhalb der Wissenschaften. Da Expertise vielfältig sei und sich nicht in wissenschaftlicher Exzellenz erschöpfe, könnte es geraten sein, partizipative Elemente an bestimmten Stellen von Beratungen vorzusehen. Grunwald sieht Technikfolgen-Abschätzung offener, in die Gesellschaft hinein gerichtet. Schön und gut, nur frage ich mich, ob Grunwald bei seiner Einladung an partizipative Elemente auch die kontraproduktive Teilhabe der selbstgewissen üblichen Verdächtigen im Sinn hatte, die schon lange mit den Hufen scharren und Einlass in die Tempel der Politik begehren, was ihnen bislang aus gutem Grund verweigert wurde .
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –