Iarc kündigt neue Risikoeingruppierung von HF-EMF für 2025 an (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 15.01.2023, 15:07 (vor 711 Tagen)

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (Iarc) beteiligt sich an einem neuen Projekt mit dem Namen Scientific-Based Exposure and Risk Assessment of Radiofrequency and Millimetre-Wave Systems (SeaWave). Das Projekt wird durch das Programm Horizon Europe der Europäischen Union (EU) finanziert und soll 2025 zu einer neuen Risikoeinstufung von 5G-HF-EMF durch eine von Iarc einberufene Arbeitsgruppe führen.

In den letzten vier Jahrzehnten sind immer mehr Funkanwendungen entstanden, wie Mobiltelefone und Datenkommunikation. Diese Geräte verwenden Funktechniken, die sich ständig weiterentwickeln, was es schwierig macht, mit den sich ändernden Expositionsmustern gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) der Bevölkerung Schritt zu halten.

Die Exposition und die Risiken im Zusammenhang mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) wurden in weltweiten Forschungsbemühungen untersucht, und es gibt inzwischen mehr als 5000 Veröffentlichungen zu bioelektromagnetischen Wirkungen im Frequenzbereich der mobilen Kommunikation unterhalb von 6 GHz.

Iarc ist einer von 16 Konsortialpartnern in SeaWave. Dieses Forschungsprojekt zielt darauf ab, Unterschiede in den Expositionsmustern zwischen 5G und früheren Mobilfunktechnologien (2G-4G) zu ermitteln. SeaWave wird auch Werkzeuge und Instrumente für eine zuverlässige Bewertung der Exposition entwickeln, experimentelle Studien (in vitro, Tier- und Humanstudien) zu potenziellen Krebsrisiken durchführen und wirksame Maßnahmen zur Kommunikation von Gesundheitsrisiken für Entscheidungsträger entwickeln.

Iarc wird in den späteren Phasen des Projekts eine entscheidende Rolle spielen, indem die Agentur eine umfassende Bewertung der experimentellen Studien des Projekts und eine Überprüfung der jüngsten Literatur über Millimeterwellen und deren gesundheitliche Auswirkungen koordiniert. Im Jahr 2025 wird Iarc einen Workshop für die Projektpartner einberufen, der zu einer Risikobewertung der 5G-Exposition führen wird.

Quelle: Iarc-Pressemitteilung vom 2. Januar 2023

Kommentar: Unklar ist, ob es sich bei der geplanten neuen 5G-Risikobewertung um die seit längerem erwartete Iarc-EMF-Risikobewertung handelt. Dafür spricht, dass es planlos wäre, 2024 HF-EMF allgemein neu zu bewerten, nur um 2025 dann mit einer auf 5G begrenzten Bewertung möglicherweise Widersprüche zu riskieren. Dagegen spricht, dass Iarc ausdrücklich von einer 5G-Risikobewertung spricht und die Teilnehmer der Arbeitsgruppe ausschließlich aus den Projektpartnern des SeaWave-Projekts rekrutieren will.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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IARC, 5G, HF-EMF, Arbeitsgruppe

Iarc kündigt neue Risikoeingruppierung von HF-EMF für 2025 an

e=mc2, Sonntag, 15.01.2023, 21:45 (vor 711 Tagen) @ H. Lamarr

Kommentar: Unklar ist, ob es sich bei der geplanten neuen 5G-Risikobewertung um die seit längerem erwartete Iarc-EMF-Risikobewertung handelt.

Da das Monograph-Programm nicht erwähnt, hat es mit grosser Wahrscheinlichkeit nichts damit zu tun. Das mag planlos klingen, wurde aber schon beim früheren EU Projekt ARIMMORA gleich gehandhabt. Dort ging es um das Kinderleukämierisiko im Zusammenhang mit niederfrequenten Magnetfeldern. Am Schluss gab es unter der Leitung der IARC eine Risikobewertung, welche in der Zeitschrift Bioelectromagntics publiziert wurde.
Ich zweifle sowieso, ob IARC beabsichtigt hochfrequente EMF in ihrem Monographieprogramm zu reevaluieren. Zurzeit wird ja das Krebsrisiko von hochfrequenten EMF unter der Koordination der WHO evaluiert. Mit den Resultaten der epidemiologischen und toxikologischen Studien ist in diesem Jahr zu rechnen. Anschliessend wird eine von der WHO einberufene Arbeitsgruppe die Evidenzbewertung vornehmen. Es macht keinen Sinn, dass dann die IARC als Unterorganisation der WHO nochmals eine Bewertung vornimmt. Ich vermute am ehesten gibt es einen Transfer der WHO Bewertung ins Bewertungsschema der IARC, aber keine eigenständige Bewertung.

Monograph und 5G-Risikobewertung sind zwei Paar Schuhe

H. Lamarr @, München, Montag, 16.01.2023, 14:19 (vor 710 Tagen) @ e=mc2

Unklar ist, ob es sich bei der geplanten neuen 5G-Risikobewertung um die seit längerem erwartete Iarc-EMF-Risikobewertung handelt. [...]

Da das Monograph-Programm nicht erwähnt [wird], hat es mit grosser Wahrscheinlichkeit nichts damit zu tun.

Stimmt, Iarc bestätigt Ihre Einschätzung.

Anfrage vom 15. Januar an Véronique Terrasse, Iarc:

The IARC press release of January 2, 2023 (https://bit.ly/3XAk0KD) mentions that IARC will hold a workshop with the project partners of the SEAWAVE project in 2025 to perform a risk assessment for 5G. My question: is this 5G risk assessment identical to IARC's long-planned reassessment of general RF EMF risk, which was last assessed in 2011 (Monograph 102), or are the two assessments completely independent of each other?

Antwort von heute:

These are two different and independent evaluations.
The IARC Monographs evaluation is a hazard evaluation not a risk evaluation.
You can find more information about the Monograph Programme, here:

IARC Monographs Meeting 124: Night Shift Work (4–11 June 2019) (who.int)

Die Differenzierung zwischen einer Gefährdungsbewertung (Monograph) und einer Risikobewertung (5G) war mir, muss ich gestehen, bislang nicht aufgefallen. Was genau beides unterscheidet muss ich erst einmal nachlesen :lookaround:.

Ich zweifle sowieso, ob IARC beabsichtigt hochfrequente EMF in ihrem Monographieprogramm zu reevaluieren. Zurzeit wird ja das Krebsrisiko von hochfrequenten EMF unter der Koordination der WHO evaluiert. Mit den Resultaten der epidemiologischen und toxikologischen Studien ist in diesem Jahr zu rechnen. Anschliessend wird eine von der WHO einberufene Arbeitsgruppe die Evidenzbewertung vornehmen. Es macht keinen Sinn, dass dann die IARC als Unterorganisation der WHO nochmals eine Bewertung vornimmt. Ich vermute am ehesten gibt es einen Transfer der WHO Bewertung ins Bewertungsschema der IARC, aber keine eigenständige Bewertung.

Interessante Überlegung, klingt für mich plausibel.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Iarc-Eingruppierung sagt nichts über Krebsrisiken aus

H. Lamarr @, München, Montag, 16.01.2023, 20:59 (vor 710 Tagen) @ H. Lamarr

Die Differenzierung zwischen einer Gefährdungsbewertung (Monograph) und einer Risikobewertung (5G) war mir, muss ich gestehen, bislang nicht aufgefallen. Was genau beides unterscheidet muss ich erst einmal nachlesen :lookaround:.

Der von Véronique mitgeteilte Link ist überraschend aufschlussreich und stellt die Eingruppierung von krebsverdächtigen Substanzen (für mich) in ein ganz neues Licht:

[...] Die [Iarc-]Klassifizierung gibt an, wie stark die Beweise dafür sind, dass eine Substanz oder ein Agens Krebs verursachen kann. Das IARC-Monographie-Programm versucht, Stoffe zu identifizieren, die krebserregend sind, d.h. die das Potenzial haben, Krebs zu verursachen. Die Einstufung sagt jedoch nichts über die Höhe des Risikos aus, das mit einem bestimmten Grad oder Umstand der Exposition verbunden ist. Das Krebsrisiko von Stoffen oder Agenzien, denen dieselbe Einstufung zugewiesen wurde, kann sehr unterschiedlich sein, abhängig von Faktoren wie der Art und dem Ausmaß der Exposition und dem Grad der Wirkung des Agens bei einem bestimmten Expositionsniveau. [...]

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