Hochgerechnete Maximalimmission vs. real gemessener Immission (Technik)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 15.03.2022, 00:11 (vor 746 Tagen) @ rallb

Ja, sehe auch ich so. Die maximale Sendeleistung in einen einzigen Beam zu stecken ist im konkreten Fall jedoch nur dann erforderlich, um Teilnehmer am Zellenrand zu versorgen, wenn diese sich dort in direkter Linie zum fraglichen Messpunkt befinden. Wir sind uns wahrscheinlich einig, dass so eine Worst-Case-Situation vorkommen kann, jedoch wird sie wegen der Strahlverfolgung der Teilnehmer nicht allzu häufig und vor allem kurzfristig auftreten. Eine befristete Grenzwertüberschreitung (am Messpunkt) lässt sich unter diesen Umständen nicht ausschließen. Längerfristig (etliche Minuten) kann dort eine grenzwertüberschreitende Immission jedoch nicht auftreten, dies verhindert die automatische Emissionsbegrenzung "Smart Power Lock" der 5G-Basisstationen.

Geht die Extrapolation nicht genau von diesem Worst-Case-Szenario aus? Ein Beam, maximale Sendeleistung, konstant ohne Pause über 6 Minuten?

Ja. Aber: Maximale Sendeleistung und Antennengewinn wissen wir nicht, wir wissen nur, dass am Messpunkt in 32 Meter Abstand zur 5G-Antenne (3,6 GHz) bei diesem Extremfall 28,66 V/m auftreten würden, wenn, sagen wir mal 200 Meter "hinter" dem Messpunkt, ein Teilnehmer am Rand der Funkzelle versorgt werden müsste. Diese Feldstärke wäre noch immer weit unter Grenzwert. Der Betreiber des Standorts hat demnach für besagten Standort eine maximale Sendeleistung beantragt, die den zulässigen Immissionsgrenzwert nicht voll ausschöpft, "Smart Power Lock" bleibt deshalb dort arbeitslos.

Eigentlich dürfte es dann doch keinen großen Unterschied mehr geben zwischen dem gemittelten Wert und den kurzzeitigen Leistungsspitzen.

Kapiere ich nicht, was meinst du denn mit "gemitteltem Wert"? Ich sehe es so: Muss die 5G-Antenne nicht einen 232 Meter weit entfernten Teilnehmer versorgen, sondern einen, der nur 32 Meter entfernt (am Messpunkt) ein Video streamt, drosselt die Basisstation die maximale Sendeleistung selbsttätig auf einen niedrigeren Wert, der am Messpunkt zu 1,15 V/m Feldstärke führt, weil an dieser Stelle diese Immission fürs Streamen ausreicht. Würde am Messort kein Video geschaut, sondern z.B. nur ein Telefonat geführt (dünner Datenstrom), wäre die Feldstärke dort noch niedriger.

Aber: Wer sich nicht beruflich häufig mit EMF-Immissionsfragen verbindlich auseinandersetzen muss und alle relevanten Aspekte von 5G aus dem ff beherrscht, sondern nur als Zaungast gelegentlich aus privatem Interesse in die Thematik hineinschnüffelt, so wie wir, der begibt sich in ein Minenfeld. Einen von zig Aspekten übersehen, und schon liegst du mit einer Erklärung weit daneben. Unser Ex-Elektriker in der schönen Schweiz demonstriert das regelmäßig. Ich habe zwar Nachrichtentechnik studiert, das macht mich aber noch lange nicht zu einem 5G-Experten, eben weil ich damit beruflich nichts zu tun habe. Womit ich sagen will: Meine Erklärung der Differenz zwischen der Momentanimmission 1,15 V/m und der hochgerechneten Maximalimmission 28,66 V/m genügt mir, sie muss aber nicht dir genügen. Solltest du also Zweifel haben, würde ich an deiner Stelle einen der Autoren des Messberichts anrufen (Telefonnummern sind im Bericht genannt) und so der Sache mit Informationen aus erster Hand auf den Grund gehen. Wäre das eine Option für dich?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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