Christian Drosten: Wenn Akademiker Quatsch in die Welt setzen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 14.05.2020, 00:55 (vor 1405 Tagen)

Prof. Christian Drosten ist das Gegenteil von Prof. Klaus Buchner, denn der Chef der Virologie an der Berliner Charité redet öffentlich nur über Dinge, von denen er etwas versteht. Und das sind die Viren, die er erforscht. Schon über Bakterien, die für Laien fast dasselbe wie Viren sind, würde er sich nie öffentlich äußern, sagt Drosten in Folge 40 des NDR-Podcasts "Coronavirus-Update".

Vieles, was der Virologe in dieser Folge u.a. über Inkompetenz und Verschwörungsmythen sagt, gilt 1:1 genauso für die Mobilfunk- und 5G-Debatte. Hier eine kurze und unvollständige Inhaltsübersicht des 55 Minuten dauernden Podcasts:

► Wenn Ärzte und Professoren inkompetent Quatsch erzählen.
► Wie selbsternannte Experten Journalisten füttern und diese die öffentliche Meinung zersplittern.
► Deutschland hat ein Luxusproblem, wenn wir es uns erlauben können, auf der Arbeit des Robert-Koch-Instituts (RKI) herumzuhacken.
► Ab Minute 29:00 zerpflückt Drosten eine peer-reviewed-geprüfte Studie, die zu dem Ergebnis kommt, Covid-19 sei in Frankreich bereits Ende Dezember 2019 ausgebrochen. Angesichts der methodischen Mängel fragt sich der Virologe, wie die Gutachter eine derart oberflächliche Studie, die viel Medienresonanz hatte, durchwinken konnten.
► Auch der Nobelpreis schützt einen (mittlerweile emeritierten) Wissenschaftler aus Frankreich nicht davor, kompletten Unsinn zu verbreiten.

Die Autoritätsgläubigkeit der Deutschen spült selbst hanebüchene Desinformation nach oben, sobald der Verbreiter einen echten, gekauften oder vorgetäuschten akademischen Grad (Dipl.-Ing., Doktor, Professor) vorweisen kann, selbst wenn er völlig fachfremd ist. Der deutsche Philosoph Artur Schopenhauer hat diese Eigenart unserer Mentalität in seiner Schrift Eristische Dialektik dokumentiert (Kunstgriff 30). Erschienen ist diese 1864, vier Jahre nach seinem Tod.

Schopenhauers U.S.-amerikanische Kollegin, die Philosophin Susan Neiman, staunt rund 160 Jahre später in einem Interview mit der Süddeutschen noch immer über diesen typisch deutschen Wesenszug:

Ich bin immer erstaunt, wie viel übertriebenen Respekt die Menschen hier vor einem Doktor, Professor oder Staatssekretär haben. Für eine Amerikanerin wie mich ist das ziemlich unverständlich.

[Admin: Passage zu peer-reviewed-geprüfte Studie hinzugefügt am 14.5.2020; 12:38 Uhr]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Inkompetenz, Schopenhauer, Eristische Dialektik, Autorität, Kunstgriff 30


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