Fallbericht einer "Elektrosensiblen" im Plausibilitätstest (Elektrosensibilität)
Die überzeugte "Elektrosensible" Eva W. aus O. in M. litt am vergangenen Samstag unter starkem Kopfschmerz in Haus und Garten. Da sie im Stadtteil Pasing am dortigen S-Bahnhof etwas erledigen wollte, fuhr sie mit dem Bus dorthin, eine Tortur für "Elektrosensible" wie sie berichtet. Wegen eines Trafobrandes und dem daraus resultierenden Stromausfall konnte Frau W. die geplante Besorgung am Pasinger S-Bahnhof nicht erledigen und beschloss zu Fuß zurück nach hause zu gehen, denn ihr Kopfschmerz war verschwunden. Details ihres Heimwegs schildert die "Elektrosensible" im Gigaherz-Forum:
Versuchsweise machte ich mich langsam auf den Heimweg, nach dem Motto: "Soweit die Füße tragen." Ich wanderte ohne Kopfschmerz, ohne Schwindel und siehe da, ich kam an das Feld, das ich überqueren muss, ca. 350-400 m von meinem Mast entfernt und der Kopfschmerz begann. Ich bewege mich da in etwa in der 200 Grad Sektorantenne auf die Basisstation zu. Der Kopfschmerz wurde immer heftiger und am Gartentor war mir wieder übel.
So weit, so gut. Doch wie kann es sein, dass Frau W. auf dem drei Kilometer langen Fußweg von Pasing zu ihrem Haus in der Prof.-Eichmann-Straße erst am Ende auf einen Mobilfunksendemasten trifft? Schließlich ist M. mit vielen tausend Mobilfunkantennen funktechnisch bestens erschlossen.
Google-Maps gibt Auskunft über den mutmaßlichen Fußweg von Frau W., die EMF-Datenbank der BNetzA verrät, wo überall entlang dieses Fußwegs Mobilfunksendemasten stehen. In folgendem Bild habe ich die beiden Karten überlagert, die blauen Punkte zeigen die voraussichtliche Route von Frau W. zum Ziel am oberen Bildrand, die roten Dreiecke symbolisieren die Standorte von Mobilfunksendemasten. Das von W. erwähnte "Feld" ist die grüne Fläche, die sich im Zielgebiet zur Linken ihres Fußwegs erstreckt.
Heimweg der "Elektrosensiblen" und Standorte von Mobilfunksendemasten
Das Bild macht deutlich, Frau W. musste auf ihrem Weg nach hause an mindestens einem weiteren Sendemasten dicht vorbei. Die bald 80-Jährige hat aller Voraussicht nach den kürzesten Weg gewählt (blaue Route, 38 Minuten), die 45 Minuten dauernde längere graue Alternativroute führt ebenfalls direkt an weiteren Sendemasten vorbei. Welchen Weg Frau W. auch genommen hat, sie musste, bevor sie den Sendemasten in unmittelbarer Nähe ihres Hauses "spürte", weitere Sendemasten "gespürt" haben. Davon aber berichtet sie nichts. Im Gegenteil, sie betont vielmehr, "ohne Kopfschmerz und Schwindel" bis in den Wirkbereich "ihres" Sendemasten gekommen zu sein.
Der Einwand, die anderen Sendemasten entlang ihres Fußwegs könnten von dem Stromausfall betroffen gewesen sein, trifft nicht zu. Denn dieser Stromausfall betraf ausschließlich Einrichtungen auf dem Gelände der Deutschen Bahn.
Evas Anekdote ist ein schönes Beispiel für die kraftvolle Wirkung der Selbsttäuschung. Ihre Beschwerden kehrten wie durch Zauberhand exakt ab der Stelle zurück, wo sie seit langem weiß, dass ein Hauptstrahl "ihres" Mobilfunksendemasten auf den Erdboden auftrifft. Die Sendemasten, die sie zuvor passierte, lösten keine Beschwerden aus, da sie deren Standorte nicht kennt und nicht wahrgenommen hat.
Eva W. wurde Opfer ihrer eigenen Erwartungshaltung.
w.z.b.w.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –