Kirchheim: Standortplaner scheitert an Quadratur des Kreises (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 09.05.2019, 21:34 (vor 2053 Tagen)

Eine kommunale Narretei aus Oberbayern

Kircheim bei München war, nachzulesen hier im Forum, vor Jahren ein Brennpunkt bayerischer Mobilfunkgegnerei. Das hat beim Gemeinderat Spuren hinterlassen, denn dieser überließ die Standortplanung für einen neuen Sendemasten nicht wie üblich dem Mobilfunkbetreiber, sondern er beauftragte auf Kosten der Gemeinde einen privaten Standortplaner. Doch der plante nach den Vorgaben des Rates so, dass die Auftraggeber jetzt das Ergebnis verworfen und sich zurück auf Los begeben haben.

Die Gemeinde Kirchheim wächst. Um die neuen Bürger in einem neuen Wohngebiet künftig mit Mobilfunk versorgen zu können, möchte die Telekom eine neue Mobilfunkanlage aufbauen. Kirchheim hatte daher den privaten Standortplaner Hans Ulrich beauftragt, einen Standort vorzuschlagen, den Kirchheim dann der Telekom anbieten wollte. Vorgabe war: Die Strahlenbelastung für die Anwohner sollte möglichst gering sein, gleichzeitig sollte die Anlage hohe Versorgungsqualität gewährleisten.

Ulrich kam zu dem Ergebnis, ein Sendemast an der Auf- und Abfahrt zwischen Heimstettner Straße und Staatsstraße könne das neue Wohngebiet "solide, schonend und zukunftsträchtig" versorgen. Doch dazu müsste der Mast circa 40 Meter hoch sein. Dies wiederum kam im Gemeinderat nicht gut an. Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) sagte: "Die Variante ist wahrscheinlich strahlentechnisch am verträglichsten, optisch dafür am wenigsten." Josef Dirl (ÖDP) nannte den Vorschlag eine "städtebauliche Katastrophe", Franz Glasl (CSU) merkte an, ein solcher "Koloss" sei den Bürgern schwer zu verkaufen. Auch Marcel Prohaska (SPD) hielt die Möglichkeit optisch nicht für ideal. "Ich sehe aber auch keine andere Lösung", räumte er ein. Dem stimmte Franz Graf (CSU) zu: "Ich habe das Gefühl, dass wir zwischen Pest und Cholera entscheiden müssen. Aber bevor die Telekom sich ihren Standort selbst suchen kann, sollten wir das lieber machen."

Ulrich entgegnete, die Höhe sei nötig, um die Strahlenbelastung gering zu halten. Andere Standorte würden keine ausreichende Versorgung bieten. Er wies zudem darauf hin, der Mast könne optisch angepasst werden. Die Kommunalpolitiker ließen sich mehrheitlich jedoch nicht überzeugen. Sie beschlossen, derzeit keinen Standort vorzuschlagen und gegebenenfalls weitere Optionen zu prüfen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 8. Mai 2019

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Steuerverschwendung, Funktechanalyse, Kirchheim, Narretei, Vorsorgeplanung

Kirchheim: Episode II

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 06.06.2019, 20:06 (vor 2025 Tagen) @ H. Lamarr

Kircheim bei München war, nachzulesen hier im Forum, vor Jahren ein Brennpunkt bayerischer Mobilfunkgegnerei. Das hat beim Gemeinderat Spuren hinterlassen, denn dieser überließ die Standortplanung für einen neuen Sendemasten nicht wie üblich dem Mobilfunkbetreiber, sondern er beauftragte auf Kosten der Gemeinde einen privaten Standortplaner. Doch der plante nach den Vorgaben des Rates so, dass die Auftraggeber jetzt das Ergebnis verworfen und sich zurück auf Los begeben haben.

Am 5. Juni 2019 berichtet der Merkur (Auszug):

Auch im zweiten Anlauf konnten sich die Kirchheimer Gemeinderäte nicht auf einen Standort für den benötigten Telekommunikations-Sendemast einigen. Der von Gutachter Hans Ulrich vorgeschlagene Standort zwischen Heimstettener und Staatsstraße 2082 wäre technisch perfekt, gefällt den Gemeinderäten aus ästhetischen Gründen aber nicht. Nun tritt das ein, was der Bauausschuss unbedingt vermeiden wollten: Die Telekom kann sich selbst einen Standort suchen.

Der Konzern hatte der Gemeinde schon im Oktober 2017 mitgeteilt, dass es zur besseren Abdeckung der Ortsmitte neben jenen am Skaterpark und am Poinger Weg einen dritten Mobilfunkmasten brauche. Dies sei im Hinblick auf die vielen Besucher der Landesgartenschau 2024 sowie der zu erwartenden 3000 neuen Bürger bis zum Jahr 2030 absolut notwendig. [...]

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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