Magnetfelder: GSM-, UMTS-, DECT- und VoIP-Telefone im Vergleich (Forschung)
Anlässlich des Mobi-Kids-Forschungsprojekts (Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen abhängig vom Mobiltelefongebrauch) wurde zwischen 2009 und 2016 erstmals auch die niederfrequente Magnetfeldimmission systematisch untersucht. Die 2017 publizierten Ergebnisse sind überraschend.
Magnetfeldemissionen entstehen bei Mobiltelefonen durch starke und niederfrequent schwankende Gleichstromflüsse innerhalb der Geräte. Von der Forschung wurde die daraus resultierende Einwirkung auf das Gehirn (induzieren von Strömen im Gehirngewebe) bislang wenig beachtet, das Hauptinteresse galt der hochfrequenten elektromagnetischen Exposition. Bekannt war bislang nur, Mobiltelefone erzeugen im GSM-Modus weitaus stärkere Magnetfelder als im UMTS-Modus. Neu hinzugekommen ist nunmehr die Einordnung von DECT- und W-Lan-Telefonen mit VoIP.
Die Studie "ELF exposure from mobile and cordless phones for the epidemiological Mobi-Kids study" beschreibt Messungen und Modellrechnungen, die anlässlich der MOBI-Kids-Fall-Kontroll-Studie durchgeführt wurden mit dem Ziel, die niederfrequente Magnetfeldexposition des Gehirns durch Mobiltelefone und Schnurlostelefone zu bewerten. Untersucht wurden vier verschiedene Kommunikationssysteme: GSM, UMTS, DECT und VoIP (W-Lan-Telefonie mit Voice-over-Internet-Protokoil).
Die von den Telefonen während eines Gesprächs erzeugten Magnetfelder wurden unter kontrollierten Laborbedingungen gemessen und anhand der Messwerte dreidimensionale Extrapolationen der Felder erzeugt. Mit Computersimulationen wurde anschließend die Dichte der induzierten Ströme (ein Basisgrenzwert) und die elektrische Feldstärke im Gehirn ermittelt. Für die Simulation wurden Voxelphantome von Menschen unterschiedlichen Alters verwendet: acht Jahre, elf Jahre, 14 Jahre und Erwachsener. Die Ergebnisse zeigen, dass bei DECT-Gesprächen die Stromdichten im Gehirn in der Größenordnung Faktor zehn niedriger sind als bei Telefonaten im GSM-900-Modus, jedoch sind sie mehr als doppelt so stark wie bei Telefonaten im UMTS-Modus (die unten verlinkte Studie zeigt dazu ein plakatives Schaubild). Die durchschnittliche Stromdichte bei W-Lan-VoIP-Telefonaten war ihrerseits um 30 Prozent niedriger als bei UMTS, doch die Schwankungsbreite von Gerät zu Gerät war hoch. Wichtig war besonders bei DECT das Miteinbeziehen der Spektralkomponenten in die Stromdichtesimulation.
Die Studie legt den Schluss nahe, die räumliche Verteilung induzierter Ströme in Hirngewebe wird durch die Bauart eines Telefons bestimmt (insbesondere durch die Anordnung der Batterie), wogegen die Amplitude der Ströme hauptsächlich vom Kommunikationssystem abhängt und damit eine gute Grundlage für die Beurteilung niederfrequenter Magnetfeldexposition bei epidemiologischen Studien ist. Die Anzahl der Phantome war allerdings nicht groß genug, um zweifelsfrei nachzuweisen, dass mit steigendem Alter auch die Stromdichte im Gehirn zunimmt. Sollte dieser Effekt tatsächlich zutreffen, spielt, abgeschätzt anhand der verfügbaren Daten, das Alter wahrscheinlich nur eine sehr geringe Rolle für die Stromdichte im Gehirn.
Quelle: ELF exposure from mobile and cordless phones for the epidemiological MOBI-Kids study
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
gesamter Thread: