Exposimeter: Stichprobenkonzept für NIS-Messungen (Allgemein)

Gast, Montag, 19.12.2016, 15:50 (vor 2899 Tagen)

Stichprobenkonzept für Messungen der nicht-ionisierenden Strahlung mit Exposimetern

Die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) ist im heutigen Alltag unumgänglich und verändert sich mit der technischen Entwicklung laufend. Für die Untersuchung von möglichen Gesundheitsauswirkungen und für Risikoabschätzungen ist die Kenntnis der Expositionssituation der Bevölkerung unabdingbar. Zurzeit gibt es diesbezüglich grosse Wissenslücken und die Weltgesundheitsorganisation WHO erachtet deshalb die Untersuchung der hochfrequenten (HF)-EMF-Exposition in der Bevölkerung als eine Priorität in der EMF-Forschung.

In einer Konzept- und Machbarkeitsstudie von 2012 wurde eine ortsbezogene Erhebung mit instruiertem Personal als Bestandteil eines Monitorings von HF-EMF und niederfrequenten Magnetfeldern (NF-MF) empfohlen (Dürrenberger et al. 2012). Als Ort wird dabei nicht ein einzelner Ortspunkt verstanden, sondern eine sogenannte Mikroumgebung. Das kann beispielsweise ein Bahnhof, ein Einkaufszentrum, ein Dorf- oder Stadtquartier sein, das auf einer definierten Wegstrecke wiederholt mit einem Exposimeter vermessen wird (Mikroumgebungsexposimetrie). Das Ziel dieser Studie ist einerseits, offene methodische Fragen im Zusammenhang mit der Mikroumgebungsexposimetrie im Rahmen eines Monitorings zu klären, und andererseits, einen Vorschlag für ein gesamtschweizerisches EMF-Monitoring mit Exposimetern inklusive eines Stichprobenkonzepts zu entwickeln. Dazu sind publizierte und vorhandene nicht publizierte Messdaten und Praxiserfahrungen aus dem In- und Ausland herangezogen worden.

Zusätzlich wurden zwischen März und Juli 2014 als Pilotprojekt je zwei Mal Messungen mit zwei verschiedenen HF-EMF- und einem NF-MF-Exposimeter in 51 verschiedenen Mikroumgebungen und in öffentlichen Verkehrsmitteln (Tram, Zug, Bus) in der ganzen Schweiz durchgeführt. Diese Messungen - im Folgenden als Pilot 2014 bezeichnet - zeigen, dass draussen die Hauptexpositionsbeiträge von Mobilfunkbasisstationen stammen. In öffentlichen Verkehrsmitteln spielt auch der Uplink (Emissionen von Mobiltelefonen) eine wichtige Rolle. W-LAN (wireless local area network, drahtloses Netzwerk) ist nur marginal vorhanden, obwohl in öffentlichen Verkehrsmitteln (z.B. Bus und Trams) oder öffentlichen Aussenplätzen in den letzten Jahren viele Hotspots eingerichtet wurden. Die HF-EMF-Exposition nimmt tendenziell mit zunehmender Urbanisierung zu. Relativ hoch ist sie auch in Industriegebieten und öffentlichen Verkehrsmitteln (besonders im Tram). Gering ist die HF-EMF-Exposition in ländlichen Wohngebieten und in Schulhäusern. Die niederfrequente Magnetfeldexposition (NF-MF) ist im Stadtzentrum und in Bussen am höchsten (ca. 0.3 μT).

Innerhalb von zwei bis drei Monaten auf dem gleichen Messpfad wiederholte Messungen sind sehr gut replizierbar (Korrelation der gemittelten HF-EMF-Exposition zwischen der Erst- und Zweitmessung: 0.90). Der Vergleich der Messwerte zweier verschiedener Exposimeter-Modelle ergab eine gute Übereinstimmung (Korrelation der HF-EMF Mittelwerte pro Mikroumgebung von EME SPY 140 vs. EXPOM3: 0.98). Messtechnisch kritisch ist der Cross-Talk, das heisst das Übersprechen von anderen Frequenzbändern auf das zu messende Frequenzband. Betroffen davon sind insbesondere die Frequenzbänder für DECT (Schnurlostelefon) und W-LAN5. Da deren Anteile draussen aber gering sind, ist die Messung der gesamten NIS-Exposition bei Aussenmessungen kaum beeinflusst. Die Tageszeit und der Wochentag hatten kaum einen Einfluss auf das Messergebnis. Bevölkerungsdichte, beziehungsweise Bebauungsdichte sind die Haupteinflussfaktoren auf NF-MF- und HF-EMF-Expositionen. Für letztere ist zusätzlich die Dichte von Mobilfunkbasisstationen in einem Gebiet relevant.

Die Studie zeigt, dass die Durchführung eines qualitativ guten Monitorings von EMF mit tragbaren Geräten möglich ist und ein solches wichtige Erkenntnisse über die EMF-Exposition der Allgemeinbevölkerung liefert. Für ein zukünftiges Monitoring wird empfohlen, auf Messungen draussen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlich zugänglichen Innenräumen und Wohnungen zu fokussieren. Dabei wird für Wohnungen ein anderes Vorgehen vorgeschlagen als für das Monitoring draussen und in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Für die Messungen draussen und in öffentlichen Verkehrsmitteln wird die Mikroumgebungsexposimetrie durch instruiertes Personal mit dem EXPOM3 für HF-EMF und mit dem EMDEX Gerät für NF-MF empfohlen. In der ganzen Schweiz sind unter der Berücksichtigung von Bebauungs- und Bevölkerungsdichte, dem Standort von EMF emittierenden Anlagen und von anderen geographischen Charakteristika rund 140 Mikroumgebungen in 30-35 Gemeinden zu definieren, die einmal pro Jahr auf einem definierten Messpfad während 15 bis 30 Minuten vermessen werden. Die Anreise zu und zwischen den Messgebieten erlaubt die Erfassung der Exposition in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie an Bahnhöfen und Haltestellen.

Für das Monitoring in Wohnungen wird empfohlen, in einer Stichprobe von Wohnzimmern mit einem frequenzselektiven Messgerät für HF-EMF und einem Messgerät für NF-MF Punktmessungen während ca. 10 Minuten durch eine Fachperson durchzuführen. Ergänzend können in den Wohnungen auch 24-Stunden Messungen an einem Messpunkt durchgeführt werden. Dazu sollen etwa 150 bis 200 Wohnungen zufällig ausgewählt werden. Neben den Messungen werden die Bewohner mit einem schriftlichen Fragebogen über expositionsrelevante Verhaltensweisen befragt. Das erlaubt die integrative Abschätzung der gesamten persönlichen EMF-Exposition durch Umweltexpositionen und selbst genutzte Geräte. Da eine solche Erhebung relativ aufwendig ist, wird empfohlen, sie nur alle drei bis fünf Jahre durchzuführen.
zum Abschlussbericht der Studie (15.05.2015) ...

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