Problemfall Augenzeuge (Elektrosensibilität)
Augenzeugen gelten bei Rechtslaien als besonders gute Zeugen. Richter und Anwälte hingegen wissen, in einer Beweisführung sind Augenzeugen häufig das schwächste Glied einer Beweiskette. Dies gilt auch für die Selbstbezeugung von angeblichen besonderen Fähigkeiten wie "Elektrosensibilität" oder das vermeintliche Aufspüren von Wasseradern mit Wünschelruten.
Auszüge aus Spiegel Online:
"Die Wahrnehmungen des Menschen entsprechen nicht immer den Tatsachen", so drückt es Rüdiger Holecek, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE diplomatisch aus. Denn woran man zu erinnern glaubt, hat oft nicht viel mit dem zu tun, was tatsächlich passiert ist - aus nachvollziehbaren Gründen: In Stresssituationen fluten die Neurotransmitter Cortisol und Noradrenalin unser Gehirn. Dort blockieren sie nicht nur Hirnregionen, die zielgerichtetes Verhalten steuern. Sie sorgen auch dafür, dass falsche Erinnerungen entstehen können.
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Gerade Kinder und ältere Menschen gelten gemeinhin als besonders schlechte Augenzeugen.
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Falsche Erinnerungen können allerdings dramatische Folgen haben: Die US-Organisation Innocence Project hat mehr als 300 Fehlurteile der US-Justiz analysiert. Diese waren allesamt durch DNA-Analysen entdeckt worden, nachdem die Verurteilten zum Teil lange in Haft gesessen hatten. Mehr als 70 Prozent dieser Justizirrtümer beruhten auf falschen Angaben von Augenzeugen.
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Zusammengefasst: Weil das menschliche Gehirn beim Abspeichern von Erinnerungen unter Stress oft Fehler macht, gibt es nicht selten Probleme bei Aussagen von Augenzeugen. Mit speziellen Techniken, etwa der Selbsteinschätzung der Zeugen, lässt sich ein Teil der Schwierigkeiten lösen. Videoaufnahmen von Zeugen sind verlässlicher - sorgen aber für andere Herausforderungen, wenn sie noch während des Einsatzes veröffentlicht werden. Dann können sie etwa das Leben von Polizisten gefährden.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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