Prof. Werner Thiede: der Wiederkäuer (Allgemein)
Vor ein paar Jahren hat sich der Publizist und evangelische Pfarrer Prof. Werner Thiede den Anti-Mobilfunkern angeschlossen, seither trägt er hin und wieder seiner Meinung in der Mobilfunkdebatte vor und hofft, sein Buch zum Thema gut zu verkaufen. Auf Mobilfunk liegt für Pfarrer Thiede kein Segen, er hält die Technik für Teufelszeug. Und weil wir in einem freien Land leben, darf hier jeder seine Meinung zum besten geben, auch wenn sich andere darüber die Haare raufen könnten.
Was mir an Herrn Thiedes Werken nicht gefällt ist die aus meiner Sicht marginale Eigenleistung. Für mich grast der Publizist lediglich gründlich die Informationswiesen ab, die von anderen angelegt, beregnet und gedüngt werden. Was dort wächst und Thiede in den Kram passt, wird von ihm verschlungen, wiedergekäut und schließlich umformuliert neu auf den Informationsmarkt geworfen. Der Mann baut für seine Leser gewissermaßen Leitern, steuert dazu selbst jedoch nur die Holmen bei, die Sprossen besorgt er sich auf seinen Streifzügen durchs www. Deshalb geht in der Mobilfunkdebatte der Neuheitenwert von Thiede-Texten für jeden gegen Null, der die Debatte gut kennt. Was der Publizist auch bringt, man hat es zuvor irgendwo anders schon gelesen, und sei es nur das Wortspiel Gottspott statt Godspot.
Die jüngste Wortmeldung des Pfarrers gilt auf der Kirchen-Website "Zeitzeichen" dem Vorhaben einer evangelischen Landeskirche, in ihren Gotteshäusern freies W-Lan anzubieten. Wie üblich, bedient sich der Publizist auch diesmal bei anderen und redet über Dinge, z.B. Mobilfunk-Studien, die er fachlich nicht durchschaut. Das kenne ich alles schon von ihm. Neu für mich ist, dass er sich, wie in folgender Passage, mit fremden Federn schmückt.
Nachdem in Sachen Gesundheitsgefährdung durch WLAN divergierende Positionen anzutreffen sind, gilt ethisch und politisch das Vorsorge-Prinzip [wenn es doch nur so einfach wäre, Anm. Spatenpauli]: Vorsicht! Eine entsprechend verantwortungsbewusste Haltung sollte nicht in Gottes Namen medientechnologischen Attraktivitäten geopfert werden. Insofern ist es völlig unangebracht, wenn Fabian Kraetschmer, der IT-Leiter im Konsistorium der EKBO, stolz erklärt: „Wir schicken uns an, der größte Anbieter von offenem WLAN in Deutschland zu werden.“
Lassen Sie sich von meinem Einschub in Prof. Thiedes Text nicht irritieren, denn um Vorsorge geht es jetzt nicht, sondern darum, was der IT-Leiter der Landeskirche wem gesagt hat. Also nochmal hinschauen und feststellen: Was Fabian Kraetschmer gesagt hat steht zweifelsfrei fest, nicht aber wem er es gesagt hat? Leicht könnte einer auf den Gedanken verfallen, Prof. Thiede natürlich. Denn woher sonst könnte er wissen, dass Herr Kraetschmer "stolz" auf sein Werk ist? Doch dieser Gedanke ist unzutreffend, denn das Zitat von Fabian Kraetschmer entstammt einem Telefoninterview, das der IT-Leiter im Mai dem "Spiegel" gegeben hat. Den "stolzen" IT-Leiter hat Thiede beim Wiederkäuen einfach hinzu gedichtet. Wie man es besser macht, zeigt die schweizerische Pendlerzeitung 20 Minuten, die zum Zitat auch die Quelle nennt.
Von Prof. Thiede zu verlangen, auch er sollte bei seinen Meinungsbeiträgen stets die Quellen offenlegen, würde den Publizisten arg in Zugzwang bringen. Denn seine Texte wären dann von Quellenangaben durchlöchert wie Schweizer Käse und es würde offensichtlich, dass der Pfarrer in seinen Verlautbarungen zu Mobilfunk auch qualitativ bedenkliche Sekundär- und Tertiärquellen verwurstet, die bei Licht besehen nicht zitierwürdig sind.
Hintergrund
Vorkommen von "Werner Thiede" im IZgMF-Forum
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –