Handy jagte Treibstofflager in die Luft (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 09.03.2006, 22:46 (vor 7014 Tagen)

Im Dezember 2005 gab es 40 km nordöstlich vor London eine der größten Explosionen in Friedenszeiten: Tanks eines großen Tanklagers waren regelrecht in die Luft geflogen (PDF mit Bildern). Die Detonation war wie ein Erbeben der Stärke 2,4 und selbst in den Niederlanden noch zu hören. Tote gab es wie durch ein Wunder nicht.

Eine Expertengruppe bestückt mit Vertretern der britischen Gewerbeaufsicht, Mitarbeitern eines Ingenieurbüros und Wissenschaftlern der Uni Lochborough forschte nach der Unglücksursache und kam nun zu dem Schluss, dass sich ein Luft-Gas-Gemisch gebildet haben muss, das sehr wahrscheinlich bis nahezu sicher unbeabsichtigt von einem Handy gezündet wurde. Ein Terroranschlag wurde ebenso ausgeschlossen wie ein technischer Defekt der Anlage.

Quelle: Elektrosmogreport 12(3) - März 2006 unter Berufung auf den Energie Informationsdienst 03/06

Kommentar: Da soll einer schlau draus werden. In letzter Zeit wurde das EMF-Gefahrenpotenzial von Handys in Bezug auf die Benutzung in Tankstellen eher als unerheblich eingestuft: Wenn überhaupt, soll es nur dann krachen, wenn einem das Handy auf den Boden fällt, dabei der Akku zu Bruch geht und im unglücklichen Ausnahmefall der Kurzschlussstrom des Akkus einen Brand auslöst. Die Untersuchung in England stellt diese Einschätzung wieder in Frage.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Handy jagte Treibstofflager in die Luft

Schutti @, Freitag, 10.03.2006, 14:55 (vor 7013 Tagen) @ H. Lamarr

Bezüglich Tankstellen frage ich mich dann wie man so etwas gefährliches wie eine Lichtmaschine oder einen Zündverteiler (Wie diese Dinger arbeiten sollten dir geläufig sein) auf dem Gelände einer Tankstelle und das auch noch in nächster Nähe der Zapfsäulen zu verwenden.
Diesel ist eher sehr unkritisch, es wird kaum wem gelingen eine Schale mit Diesel drinnen mittels eines Zündholzes zu entflammen.
Benzin ist schon heikler, da aber normale Lichtmaschinen und die sonstige Elektrik der Autos nicht laufend zu Infernos führen dürfte auch die Gefahr durch Handys minimal sein.
Der wahre Grund dafür dass Handy meist nicht gerne gesehen sind auf Tankstellen ist dass eigentlich alle Zapfsäulen nicht mehr rein mechanisch sind sondern elektronisch und oft nicht sehr einstrahlfest.
Man kann also mit GSM Telefonen oder CB Funkgeräten (eventuell mit "Brenner" dran) die Zählvorrichtung aus dem Tritt bringen.
Irgenwelche Szenarien mit runtergefallenen Handys bei denen der herausgesprungene Akku einen Lichtbogen zieht sind doch etwas sehr an den Haaren herbeigezogen.
Begründungen mit Brandgefahr und Sicherheit werden aber mehr ernstgenommen wie andere Warnungen.
Deshalb kleben neben dem Handyverbotsschild auch gleich das Verbotsschild für offenes Feuer und das Rauchverbot.

EDIT: Wie stellt man in einem solchen Inferno wie bei London fest dass es ein Handy war?

Handy jagte Treibstofflager in die Luft

Raylauncher @, Freitag, 10.03.2006, 18:28 (vor 7013 Tagen) @ Schutti

EDIT: Wie stellt man in einem solchen Inferno wie bei London fest dass es ein Handy war?

Hallo Schutti,

derartige Behauptungen werden sehr gerne aufgegriffen, ungeachtet einer Plausibilität oder gar eines Beweises. Irgend wer in der Umgebung hat sicher zum Zeitpunkt der Explosion ein Mobiltelefon benutzt. Daraus jedoch eine Kausalität herzuleiten ist allerdings mehr als absurd.

So etwas gibt eben eine tolle Story ab, die bestehende Vorurteile schürt und die sich in Boulevard-Medien wunderbar als Headline eignet. Diese wird dann kritiklos weiterverbreitet und ausgeschmückt. Genauso gut könnte es ein Kurzschluss, Blitzschlag oder was auch immer gewesen sein. Gegen die These eines Handys sprechen gleich mehrere Gründe:

1. Um mit einem Handy auch nur annähernd kritische Feldstärken für eine Zündung zu erreichen, müsste es sehr nahe !! am Ort der Explosion gewesen sein. Warum wurde dann der Nutzer nicht verletzt? Von selbst telefoniert das Gerät ja wohl nicht.
2. Die Behälter und Leitungen sind üblicherweise aus Metall. So ist es kaum erklärlich, wie eine Zündung durch von außen einwirkende EMF mit geringer Leistung erfolgen sollte.

Raylauncher

Auch VDI Nachrichten haben Handy im Verdacht

H. Lamarr @, München, Freitag, 10.03.2006, 19:22 (vor 7013 Tagen) @ Raylauncher

So etwas gibt eben eine tolle Story ab, die bestehende Vorurteile schürt und die sich in Boulevard-Medien wunderbar als Headline eignet. Diese wird dann kritiklos weiterverbreitet und ausgeschmückt.

Hmm, wohl übersehen, Raylauncher, dass hier kein Schnarchzapfen seinen Senf zum besten gegeben hat, sondern eine unabhängige Expertenkommission. Klar, dass jeglicher Verdacht von Handys genommen worden wäre, wenn ein Mobilfunker in der Kommission gesessen hätte. Hat er aber nicht. Und deshalb konnte das bekannte "Boulevard"-Magazin VDI nachrichten schon Mitte Januar schreiben: "Als besonders nahe liegend gilt die Entzündung durch ein Mobiltelefon". Gut möglich, dass sich seither der Verdacht weiter erhärtet hat.

Offenbar sehen sich die VDI'ler auch nicht als Doofies, heißt es doch auf der Website: "Die VDI nachrichten sind die führende meinungsbildende Wochenzeitung für Ingenieure und technische Fach- und Führungskräfte."

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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Handy jagte Treibstofflager in die Luft

H. Lamarr @, München, Freitag, 10.03.2006, 19:31 (vor 7013 Tagen) @ Schutti

Irgenwelche Szenarien mit runtergefallenen Handys bei denen der herausgesprungene Akku einen Lichtbogen zieht sind doch etwas sehr an den Haaren herbeigezogen.

Da sind Andere anderer Meinung: http://www.handysektor.de/index.php/fragen_antworten/geraete/#q530

Der Minerals Management Service, eine Unterabteilung des amerikanischen Innenministeriums, macht sogar kurzen Prozess und schreibt in einem PDF über potenzielle Gefahren durch Handys: Brennbare Gase + Handy = Explosion.

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Auch VDI Nachrichten haben Handy im Verdacht

Raylauncher @, Montag, 13.03.2006, 19:00 (vor 7010 Tagen) @ H. Lamarr

Hallo Spatenpauli,

es sind und bleiben Hypothesen, durch was die Zündung erfolgte, daran läßt auch der VDI-Artikel keinen Zweifel. Wir werden das in diesem Forum jedenfalls nicht klären können.
Nur finde ich es bei einer derartigen Explosion schon etwas eigenartig, wenn der Verursacher (dem das Handy oder die Zigarette oder ein funkenschlagender Artikel zu Boden fiel) mit heiler Haut davon kam ....

Ihr Raylauncher

Auch VDI Nachrichten haben Handy im Verdacht

H. Lamarr @, München, Montag, 13.03.2006, 21:52 (vor 7010 Tagen) @ Raylauncher

es sind und bleiben Hypothesen, durch was die Zündung erfolgte, daran läßt auch der VDI-Artikel keinen Zweifel.

Darauf können wir uns einigen. Übrigens: Habe gerade eben von der BMW Group einen neuen Z-Falter (Flyer) gesehen, der Handyverbote (Gerät muss ausgeschaltet sein) benennt für:

- Explosionsgeschützte Räume (Lacklager, Lackmisch- und Kleberaum)
- Airbag-Einbau
- Tankstellen
- Pendelbus und Aufzug (wegen Leistungshochregelung)

Und nebenbei gibt der Z-Falter auch noch Auskunft zu der Frage, ob der BMW-DECT-Grenzwert nun für alle BMW-Werke weltweit gilt, oder nicht: "BMW hält durch zusätzliche technische Maßnahmen am Standort München die Salzburger Empfehlungswerte ... freiwillig ein", steht da.

Nur finde ich es bei einer derartigen Explosion schon etwas eigenartig, wenn der Verursacher (dem das Handy oder die Zigarette oder ein funkenschlagender Artikel zu Boden fiel) mit heiler Haut davon kam ....

Ja, kommt mir auch spanisch vor. Ein PDF des Untersuchungsberichts oder irgendeine andere weiterführende Info aus erster Hand habe ich im Internet, z. B. bei der Uni, nicht auftreiben können.

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Auch VDI Nachrichten haben Handy im Verdacht

Schutti @, Dienstag, 14.03.2006, 18:13 (vor 7009 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von KlaKla, Donnerstag, 16.03.2006, 10:09

es sind und bleiben Hypothesen, durch was die Zündung erfolgte, daran läßt auch der VDI-Artikel keinen Zweifel.

Darauf können wir uns einigen. Übrigens: Habe gerade eben von der BMW Group einen neuen Z-Falter (Flyer) gesehen, der Handyverbote (Gerät muss ausgeschaltet sein) benennt für:

- Explosionsgeschützte Räume (Lacklager, Lackmisch- und Kleberaum)
- Airbag-Einbau
- Tankstellen
- Pendelbus und Aufzug (wegen Leistungshochregelung)

Das sind EMV, keine EMUV Themen.

Dass Funk wo "einstrahlen" kann kenne ich zur Genüge.
Das "Schrappschrapp" von GSM Telefonen und das Rattern von DECT sollte hier ja bestens bekannt sein.
Auch die PC Lautsprecher meines Bruders lärmen rum wenn er einen Anruf bekommt.
Und wir mussten unser DECT Telefon etwas platzverändern damit die genannten Lautsprecher nicht betroffen sind.
Schuld sind hier mangelde Einstrahlfestigkeit in diesem Falle der Endstufe, die Leitung zu den Lautsprechern wirkt hier als ungewollte Antenne.


Nur finde ich es bei einer derartigen Explosion schon etwas eigenartig, wenn der Verursacher (dem das Handy oder die Zigarette oder ein funkenschlagender Artikel zu Boden fiel) mit heiler Haut davon kam ....

Ja, kommt mir auch spanisch vor. Ein PDF des Untersuchungsberichts oder irgendeine andere weiterführende Info aus erster Hand habe ich im Internet, z. B. bei der Uni, nicht auftreiben können.

Es wirkt generell etwas konstruiert.
Ich glaube nicht dass sich derzeit noch etwas sicher rekonstruieren lässt.

Handy jagte Treibstofflager in die Luft

Schutti @, Sonntag, 19.03.2006, 14:42 (vor 7004 Tagen) @ H. Lamarr

Das hat aber mit dem Handy nichts zu tun.

Das Gehäuse eines Handys besteht häufig aus Kunststoff und kann sich statisch aufladen. Dann könnten bei Berührung mit Metallteilen Funken entstehen.

Also wenn ich Funken ziehe dann beim Aussteigen durch mein Gewand und die Sitzbezüge.
Das jetzt extra auf Handys zu beziehen wirkt extrem an den Haaren herbeigezogen.
Wenn man es genau nimmt sind dann Autos generell und auch Menschen solange sie Kleidung tragen auf Tankstellen ein Sicherheitsrisiko.
Stell dir nur vor, in Autos gibt es Bauteile in denen Hochspannung herscht und die induktiv arbeiten!

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