Gestern im Schweizer Fernsehen (Allgemein)
Inhaltsangabe zu der Dokumentation "Wenn der Schlaf ausbleibt - Szenen einer unruhigen Gesellschaft", die zur besten Sendezeit am 08. Oktober auf Schweiz 1 ausgestrahlt wurde:
Urs Z'graggen fühlt sich erschöpft und übermüdet. Seine Freizeit verbringt er fast ausschliesslich in der kleinen Wohnung mit seiner Katze, die ihm Wärme und Halt gibt. Der Flight Attendant musste seinen Job an den Nagel hängen, weil er wegen der unregelmässigen Arbeitszeit Schlafprobleme bekam. Dass er nachts noch immer keine Ruhe findet, hat auch mit seinem Zwang zu tun, mehrmals aufzustehen, um seine Mails oder Daten zu checken. Aber nicht nur beim 52-Jährigen ist gesunder Schlaf zum knappen Gut geworden: Im Rahmen einer Studie des Gottlieb Duttweiler Institutes gaben 35 Prozent der Befragten an, schlechter zu schlafen als noch vor zehn Jahren. Das Bundesamt für Gesundheit zeigt zudem in einer repräsentativen Umfrage, dass die Menschen in der Schweiz heute rund vierzig Minuten weniger schlafen als noch vor 30 Jahren. Als einer der wichtigsten Gründe dafür vermuten Experten die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie locken rund um die Uhr mit einem endlosen Angebot an verfügbaren Reizen und Attraktionen. Der westliche Mensch lebt aber nicht nur in einem Zeitalter der ständigen Ablenkung und Unruhe, sondern auch in einer Epoche der Dauererreichbarkeit. Das hat zur Folge, dass sich die Grenzen zwischen privater- und berufstätiger Zeit immer mehr auflösen. Davon betroffen ist auch Jürgen Sahli. Noch so gerne würde er sein Handy nachts ausschalten, doch als Chefredaktor eines der grössten Privatradios der Schweiz muss er ständig auf Pikett sein, um auf aktuelle Ereignisse umgehend reagieren zu können. Aber nicht nur deswegen schläft der 61-Jährige schlecht: Sahli übernahm in den letzten Jahren immer mehr berufliche Funktionen, die sich zuvor zwei Angestellte geteilt hatten. Auch bahnen sich im Betrieb einschneidende Rationalisierungsmassnahmen an, die den ganzen Radiobetrieb auf den Kopf stellen werden. Diese Situation löst beim Chefredaktor zusätzlich schlaflose Nächte aus.
So weit, so gut.
Doch warum empfiehlt Gigaherz-Präsident Hans-U. Jakob seinen zum Teil ohnehin schon verstörten Forumteilnehmern diese Sendung? Gigaherz behauptet, eine "Schweizerische Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener" zu sein, um Elektrosmog aber geht es in dieser Dokumentation überhaupt nicht.
Nachtigall, ick hör' dir trapsen.
Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk hat bereits vor ungefähr zwei Jahren erkannt, dass sich allein mit seinen unqualifizierten Elektrosmog-Alarmen kaum noch jemand vor den Anti-Mobilfunk-Zug spannen lässt. Der Verein versucht sich seither mit mäßigem Erfolg als gesellschaftskritischer Geißler der Auswüchse unserer "digitalen" Gesellschaft einen Namen zu machen - um unter dieser Verkleidung dann doch noch seine Elektrosmog-Alarme unters Volk zu bringen. Zuvor hatte der BUND sein siechendes jährliches "Mobilfunk-Symposium" in "Umwelt- und Mobilfunksymposium" umbenannt, um dem schwindenden Interesse des Publikums mit frischeren Themen gegen zu steuern.
Auch Hans-U. Jakob und seine bröckelnde Alpenfestung gegen Mobilfunk schicken sich nun möglicherweise an, mit ähnlichen Manövern dem drohenden Untergang zu entrinnen. Ich gehe davon aus, sie werden es nicht schaffen, denn es fehlt diesem 1-Mann-Verein an allen Ecken und Kanten das Wichtigste: Substanz.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –