Die kleinen Strolche: EHS-Seilschaft Bad Säckingen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 05.07.2015, 00:47 (vor 3429 Tagen)

Am 26. März 2015 berichtete der Südkurier von einem Vortrag des selbstdiagnostizierten Elektrosensiblen Reinhard Lang aus Herrischried an der Gewerbeschule Bad Säckingen. Lang bekämpft seit langem einen Tetra-Sendemast in der Nähe seines Wohnorts. Als der Erfolg ausblieb sattelte Herr Lang um von Mobilfunkgegner auf überzeugter Elektrosensibler. Inzwischen ist der ehemalige katholische Gemeindereferent eigenen Angaben zufolge so stark elektrosensibel, dass er sich nur noch in Schutzkleidung in die Stadt wagt. Das Phänomen, dass gesunde Mobilfunkgegner, die sich zu lange mit dem Thema beschäftigen, anfangen "elektrosensibel" zu werden, bekam mit der Ärztin Waldmann-Selsam einen gewissen Unterhaltungswert, dem Spiegel-TV nicht widerstehen konnte.

Lang referierte vor etwa 40 Schülern darüber, welche Auswirkungen die ständige Benutzung eines Mobilfunktelefons haben kann und ob sie krank macht. Einen schlechteren Referenten als einen überzeugten Elektrosensiblen kann ich mir zu diesem Thema nicht vorstellen. Wie also brachte der "Elektrosensible" den Fuß in die Tür der Schule?

Der Artikel gibt Auskunft: Organisiert hatten den Vortrag die Verbindungslehrerinnen der Gewerbeschule, Stephanie Pelz und Birgit Leonhardt. Lehrerin Leonhardt war erstaunt über das große Interesse der Schüler, das habe sie nicht erwartet.

Keine Auskunft gibt der Artikel im Südkurier, warum die Verbindungslehrerinnen überhaupt auf die absurde Idee kamen, einen bekennenden Sendemastenphobiker auf die Schüler der Gewerbeschule loszulassen. Prompt glaubten nach Langs Auftritt manche Schüler, die Ursache von Kopfschmerzen und Schlafstörungen gefunden zu haben. Das Motiv, den Mann aus Herrischried in die Schule zu bringen, bleibt jedoch jedem Leser des Artikels bis zu Schluss rätselhaft.

Erst vor wenigen Tagen wurde dieses Rätsel gelöst. Die Verbindungslehrerin Leonhardt, die Reihard Lang eingeladen hatte, bekannte nun ihrerseits, "elektrosensibel" zu sein. Und sie glaubt, auch viele ihrer Schüler seien "elektrosensibel". Die vermeintlich unbegründete Einladung bekommt damit einen Sinn: Eine "Elektrosensible" schleust in ihre Schule einen "Elektrosensiblen" ein, damit dieser dort das Dogma der "Elektrosensiblen", Mobilfunk mache krank, ungestört von Gegenstimmen vortragen kann.

Aus meiner Sicht können die beiden Akteure auf ihre Aktion alles andere als stolz sein, denn die kleine Intrige geht voll zu Lasten der Schüler. Diese hatten nur ihren gesunden Menschenverstand, um der einseitigen Information des Referenten zu entkommen. Auch die Schulleiterin hat sich meiner Meinung nach nicht mit Ruhm bekleckert.

Hintergrund
Reinhard Lang im IZgMF-Forum

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Ziel, Kirche, Manipulation, Strolche, Referenten, EHS-Geschichte, Knotenpunkt, Schutzkleidung, Herrischried, Schüler, Lang, Leonhardt, Gewerbeschule, Bad Säckingen

Die kleinen Strolche: EHS-Seilschaft Bad Säckingen

Trebron, Montag, 06.07.2015, 14:31 (vor 3427 Tagen) @ H. Lamarr

<< Am 26. März 2015 berichtete der Südkurier von einem Vortrag des selbstdiagnostizierten Elektrosensiblen Reinhard Lang aus Herrischried an der Gewerbeschule Bad Säckingen. .-.. Auch die Schulleiterin hat sich meiner Meinung nach nicht mit Ruhm bekleckert. >>
Der Südkurier-Artikel fiel mir schon damals unangenehm auf. Trotzdem hat die Schulleitung das schon irgendwie richtig gehandhabt. Das hängt mit der Rechts-Stellung der SMV (Schülermitverantwortung) in Ba-Wü zusammen. Diese hat, als Demokratie-Übungsfeld, weitgehende Freiheiten. Eine Schülerzeitung und eigene SMV-Veranstaltungen kann die Schulleitung nicht verbieten. Dies umso mehr an einer Berufsschule, an der viele Schüler bereits volljährig sind. Ungeliebte Veranstaltungen wird die Schulleitung keineswegs durch ihren Protest noch aufwerten und spannend machen. Die Taktik geht auch immer auf, denn besonders an Berufsschulen fristet die SMV ein Schattendasein. Die jungen Leute haben wahrlich andere Interessen als im Schülerrat zu debattieren ;-) .
Aber um das in einen Zusammenhang zu stellen: Das „Einfallstor“ für seltsame Gestalten und Geschäftemacher ist an Regelschulen (bei Privatschulen gelten andere Spielregeln) viel eher die ehrenamtliche Elternvertretung. Die schleppt ganz gerne irgendwelche Leute für Vorträge und Kurse (Selbstverteidigung, Sicherheit, Selbstbewusstsein, Gesundheit …) an, ohne sich über den kommerziellen Hintergrund (das ist eine gut organisierte Branche) im Klaren zu sein. Die Schulleitung kann dagegen kaum was machen, solange das als Veranstaltung der Elternvertretung läuft. Wenn so ein Geschäftemacher mal bei einer Elternvertretung den Fuß in der Tür hat, wandert er per Flüster-Propaganda gleich zur Nachbarschule weiter. Bei den Berufsschulen ist das ein wenig anders: Hier gibt es eher keine funktionierende Elternvertretung, aber eben die ziemlich autarke SMV.
Das Risiko, dass dadurch massenhaft junge, engagierte Mobilfunk-Gegner herangebildet werden, ist aber recht gering ;-) . Ein Berufsschüler ohne leistungsfähiges Handy ist einfach unvorstellbar ;-). Ohne kann er nicht mal das Mensa-Essen vorbestellen und vom Vertretungsplan bekommt er auch nix mit ;-) .
Das in Säckingen ist wohl eher eine Lokal-Posse … Ob sich die beteiligten Schüler über einen bunten Vogel vielleicht köstlich amüsiert haben?

Tags:
Elternbeirat, Schule, Schulleitung, Posse

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